Am 15. März 2014 tritt das neue ungarische BGB in Kraft, welches auch im Vertragsrecht viele Neuigkeiten bringt. Einerseits ist das Prinzip der Vertragsfreiheit viel stärker deklariert als bisher, andererseits wurden die in der Praxis schon existierenden, bisher als „atypische Verträge“ genannten wichtigsten Handelsund Wirtschaftsverträge – wie etwa Treuhand, Factoring oder Finanzierungsleasing – auch in die Regelung einbezogen.
Von Dr. Jelena Krankovics
Eine interessante allgemeine neue Regelung des BGB ist, dass die bereits existierende Praxis und Gewohnheiten der Vertragspartner auch zum Inhalt des Vertrages gemacht werden. Angewendet werden auch die im Wirtschaftszweig für die gegebene Vertragsart allgemein bekannten und verwendeten Gewohnheiten, die nur dann nicht als Teil des Vertrages gelten, wenn die Verwendung dieser als unbegründet erscheint. Diese locker formulierte Regelung wird gewiss neue Türen für nachträgliche Vertragsinterpretationen und Streitigkeiten öffnen. Sie zeigt aber auch, wie wichtig es ist, im Vertrag möglichst konkret und detailliert alle wesentlichen Vereinbarungen zu regeln.
Der Vertragsabschluss wird im neuen BGB sehr detailliert und mit vielen neuen Paragraphen geregelt. Ein neues Kapitel beschäftigt sich mit dem Vertragsabschluss bei Ausschreibungen und mit dem elektronischen Vertragsabschluss. Bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen wurde auch der Fall geregelt, bei dem die Vertragspartner einen Vertrag mit Bezug auf die eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen abschließen. Falls in ihnen kollidierende Bestimmungen enthalten sind, die auch wichtige Fragen des Vertrages betreffen, kann das auch dazu führen, dass der Vertrag nicht zustande kommt.
Aber auch bei anderen Vertragsarten gibt es viele Neuerungen, welche die bisherige Praxis verändern. Bei Kaufverträgen betreffen die Änderungen etwa das Kauf-, Vorkaufs – und das Rückkaufrecht. Beim Vorkaufsrecht wurde genau geregelt, wie der Vorkaufsberechtigte vorgehen kann, falls sein Vorkaufsrecht beim Verkauf nicht berücksichtigt wurde. Der Berechtigte darf in diesem Fall binnen 30 Tagen, nachdem er von dem Kaufvertrag erfahren hat, diesen anfechten. Die Frist der Anfechtung verfällt aber drei Jahre nach Vertragsabschluss, ungeachtet dessen, wann der Vorkaufsberechtigte – wenn überhaupt – von dem Kaufvertrag in Kenntnis gesetzt wurde. Rückkaufrecht und Kaufrecht konnten bisher für höchstens fünf Jahre vertraglich vereinbart werden. Nach der neuen Regelung gibt es keine Obergrenze mehr, die Vertragspartner dürfen frei entscheiden, wie lange diese Rechte gelten sollen.
Beim Liefervertrag ist unter anderem neu, dass bei der Lieferung von gefährlichen Waren der Empfänger vom Absender vorschriftsmäßig informiert werden muss, andernfalls darf er die Annahme der Ware verweigern. Neuerungen sind weiterhin die Regelungen des Handelsmaklervertrages, des Treuhandvertrages, des Franchisevertrages, des Factorings und des Finanzierungsleasings. Das neue BGB regelt auch die Bürgschaft und den Garantievertrag neu. Ein Garantievertrag konnte bisher nur von der Bank als Garantier abgeschlossen werden. Laut der neuen Regelung kann die Zahlungsgarantie aber auch von einem anderen Garantier übernommen werden.
Das neue BGB beinhaltet also für jede Vertragsart etwas Neues. Die neuen Regeln sind für alle Verträge gültig, die nach dem 15. März 2014 abgeschlossen werden. Die Vertragspartner werden aber generell nicht an die Regeln des BGB gebunden und können über den Inhalt des Vertrages frei entscheiden. Nur die Bestimmungen des neuen BGB sind verpflichtend, bei denen das BGB selbst und konkret keine Abweichung erlaubt. Es lohnt sich auf jeden Fall diese Freiheit auszunutzen und lieber mehr Zeit in den Vertrag zu investieren als sich später über den Inhalt zu streiten.
Die Autorin ist Rechtsanwältin und Inhaberin der gleichnamigen Anwaltskanzlei (www.krankovics.eu), die unter anderem auf Gesellschafts- und Immobilienrecht spezialisiert ist. Der Artikel beinhaltet allgemeine Informationen, und ist in konkreten Fällen nicht als Rechtsberatung zu betrachten. Mit konkreten Fragen wenden Sie sich bitte vertrauensvoll an unsere deutschsprachigen Rechtsanwälte unter Tel.: +36-1-200-1468 oder drkrankovics@kkplaw.hu