Der Herausforderer von Regierungschef Viktor Orbán und Spitzenkandidat der kürzlich gegründeten linken Wahlallianz, Attila Mesterházy, zeigte dem nationalkonservativen Regierungslager am vergangenen Samstag die Zähne. Mesterházy hielt in seiner Funktion als Vorsitzender der Sozialisten (MSZP) in der prall gefüllten Papp László Sportarena eine „Rede zur Lage der Nation” – in Ungarn ist es Usus, dass auch der Oppositionschef eine Rede zur Lage der Nation hält. Obwohl der Wahlkampf offiziell erst Mitte Februar beginnt, kann die Rede von Mesterházy aber getrost als Wahlkampfrede betrachtet werden.
Der MSZP-Chef betonte vor den Spitzen jener Parteien, die der linken Wahlallianz angehören, darunter die beiden Ex-Ministerpräsidenten Ferenc Gyurcsány (2004-2009) und Gordon Bajnai (2009-2010), und rund 13.000 Mitgliedern und Sympathisanten der Sozialisten, dass seine Rede zur Lage der Nation im Grunde auf drei Worte verkürzt werden könne: „Orbán muss gehen!” Im selben Atemzug fügte Mesterházy hinzu: „Und er wird auch gehen!” Die heutige Regierung funktioniere nämlich wie eine „Verbrechensorganisation”. „Was ihr gefällt, reißt sie sich einfach unter den Nagel”, sagte der MSZP-Vorsitzende.
Strick oder Gefängnis für Fidesz-Bürgermeister?
Hierbei ging Mesterházy insbesondere auf Lőrinc Mészáros, den Bürgermeister der Ortschaft Felcsút, der Heimatgemeinde Orbáns, ein. Dieser habe sich seit dem Amtsantritt der Regierung Orbán (2010) dermaßen bereichern können, dass er eigentlich ein Katheder an der Wirtschaftsuniversität verdienen würde, witzelte er. Eingehend auf einen Zwischenruf aus dem Publikum, dass Mészáros anstelle eines Katheders vielmehr einen Strick (Ungarisch: kötél) verdiene, bemerkte Mesterházy einige Sätze später: „Ja, ich denke auch, dass es in diesem Fall keinen Katheder, sondern jene andere Sache geben wird, auf die sich der Zwischenruf bezog”.
Der Satz Mesterházys wurde von Regierungspolitikern und konservativen Medien umgehend ausgeschlachtet. Der Sprecher des Fidesz, Péter Hoppál, betonte, dass die Entgleisung Mesterházys wohl mit der Beteiligung von Ferenc Gyurcsány an der linken Wahlallianz zu tun habe. Mit Gyurcsány an Bord gehe die Linke wieder hemmungslos daran, Hass zu schüren, sagte Hoppál. Im heutigen Leitartikel der regierungsnahen Tageszeitung Magyar Nemzet heißt es: „In einer Diktatur kann der erste Mann im Staat ein Massenmörder sein, doch darf ein Politiker, der in einer Demokratie Ambitionen hat, Ministerpräsident zu werden, keine antihumanen politischen Reflexe haben.”
Mesterházy versuchte sich zwar reinzuwaschen, indem er gegenüber dem linksliberalen Fernsehsender ATV beteuerte, „Gefängnis” (Ungarisch: börtön) statt „Strick” gehört zu haben, allerdings ist auf den Aufnahmen sowohl des öffentlich-rechtlichen Fernsehens als auch auf jenen des regierungsnahen Nachrichtensenders Hír TV eindeutig das Wort „Strick” zu hören.
(Mehr zum Inhalt der Mesterházy-Rede können Sie am Freitag in unserer Printausgabe lesen)