Gábor Vona inszeniert sich gern als Mann des Volkes, zuletzt, als er zum Wahlkampfauftakt in die Rolle des einfachen Arbeiters schlüpfte,
alte Damen ins Krankenhaus chauffierte und selbst vor der Arbeit mit einer Kettensäge nicht zurückschreckte.
Vergessen sind die Zeiten, in denen Vona mit breiter Brust verkündete, er würde jederzeit seine Hosen herablassen, um zu beweisen, dass er nicht beschnitten, also kein Jude sei. Vielmehr geht es der rechtextremen Partei heute darum, den von allen Seiten Enttäuschten eine politische Heimat zu geben.
Samstag vergangener Woche hielt die Partei ihre jährliche Großversammlung ab. Gábor Vona schlug ungewohnt soziale Töne an und sagte, Jobbik „will ein Land schaffen, in dem Menschen ihre Heimat, Anerkennung und ein lebenswertes Umfeld finden“. In Anbetracht ihrer nunmehr zehnjährigen Geschichte sei Jobbik auch bestens geeignet, um diese Vorstellung wahr werden zu lassen.
Im Gegensatz zur nationalkonservativen Regierungspartei Fidesz, die ständig auf den acht Regierungsjahren der Sozialisten als Wurzel allen Übels galoppiert, sieht Vona das vergangene Vierteljahrhundert kritisch: „In Ungarn gibt es schon nichts mehr zu stehlen, das Hab und Gut des Staates wurde bereits verkauft, jetzt geht es an die Privatvermögen.“ Eine so allumfassende Kritik kommt nicht ohne globale Zusammenhänge aus. Der Jobbik-Chef weiß genau, wo die Probleme liegen: Statt die Staatsschulden neu zu verhandeln hätten sämtliche Regierungen seit 1990 lieber bereitwillig gezahlt und Ungarn damit zu einer Kolonie gemacht.
Optimistisch blickt Vona der Wahl entgegen, denn er sieht das Wählerpotential seiner Partei vor allem im Ausland. Zwar sei ihnen die Wahl erschwert worden (ab der kommenden Parlamentswahl können im Ausland urlaubende, arbeitende und studierende ungarische Staatsbürger nur noch in den ungarischen Botschaften und Konsulaten wählen), doch „mehrere Huntertausend würden wohl für wen stimmen?“ Deswegen plant Jobbik einen Wahlkampf über die Landesgrenzen hinaus. Vona beispielsweise wird nach London reisen. Allerdings erhielten er und seine Partei diesbezüglich schon den ersten Dämpfer. Wie das Nachrichtenportal hvg.hu am Dienstag berichtete, gäbe es Bestrebungen, ein geplantes Treffen Vonas mit Vertretern der griechischen „Goldenen Morgenröte“, einer offen rechtsextremen Vereinigung, in London zu verhindern. Der Abgeordnete des Stadtparlaments in London Andrew Dismore wandte sich in einem Brief an Ministerin Theresa May und bat sie, das Treffen zu verbieten. Der Pressesprecher von Jobbik, Gábor Pál, nannte die einschlägigen Berichte rundheraus eine Lüge. Gábor Vona wolle sich lediglich mit Ungarn zum Gespräch treffen, die in Großbritannien als Arbeitsmigranten tätig sind.
Bis zum Redaktionsschluss gab es noch keine Entscheidung bezüglich des Treffens zwischen Vona und Vertretern der “Goldenen Morgenröte”.