Budapest kann wieder mit einer auch international prestigeträchtigen Schau aufwarten. Am 26. Oktober wurde im Museum der Schönen Künste (Szépművészeti Múzeum) die Ausstellung „Von Caravaggio bis Canaletto. Meisterwerke des italienischen Barock und Rokoko” eröffnet. Die Budapester Zeitung sprach mit dem Direktor des Museums der Schönen Künste und der Ungarischen Nationalgalerie, László Baán, über die neue Schau und über das Mega-Museumsprojekt „Liget Budapest” im Stadtwäldchen (Városliget), dessen federführende und treibende Kraft er ist.
Warum haben Sie sich ausgerechnet für Caravaggio und den italienische Barock entschieden?
Das Museum der Schönen Künste verfügt über eine riesige und höchst bedeutende Sammlung von Gemälden alter italienischer Meister, die sich von der kunsthistorischen Periode der Renaissance über den Barock bis hin zum Rokoko erstreckt. Aus diesem Grund haben wir vor knapp acht Jahren beschlossen, diese vier herausragenden Jahrhunderte der italienischen Kunst im Rahmen von zwei großen aufeinanderfolgenden Ausstellungen dem ungarischen und internationalen Publikum vorzustellen, unter anderen mit zahlreichen Werken aus unserem eigenen Besitz. Die Schau „Von Botticelli bis Tiziano”, die Anfang 2010 den ersten Teil dieser Doppelausstellung markierte, war damals ein riesiger Erfolg. Insgesamt zog sie nicht weniger als 230.000 Besucher aus dem In- und Ausland an.
Inwiefern ist die jetzige Ausstellung etwas Besonderes?
„Von Caravaggio bis Canaletto” ist nicht nur im ungarischen, sondern auch im globalen Kontext eine höchst bedeutende Schau: Eine derart umfassende Ausstellung der italienischen Barockmalerei hat es auf der Welt seit 90 Jahren nicht mehr gegeben. Hinzu kommt, dass die meisten Gemälde bei dieser Schau, nämlich neun, vom Genius der Barockmalerei, Caravaggio, stammen. Dies bedeutet, dass von sämtlichen Museen der Welt im Museum der Schönen Künste zurzeit die meisten Caravaggio-Bilder hängen! Neben Caravaggio sind bei der Ausstellung aber noch die herausragenden Werke von über 100 weiteren italienischen Meistern des Barock und Rokoko zu sehen. Insgesamt umfasst die Schau, bei der die wichtigsten Meister und Schulen der italienischen Barockmalerei repräsentiert sind, 140 Gemälde.
Die Mehrzahl der Gemälde sind Leihgaben von ausländischen Museen und Sammlern. Wie lange hat es gedauert, die Ausstellung zusammenzustellen?
Aus der wertvollen Sammlung des Museums der Schönen Künste sind insgesamt 34 Gemälde bei der Ausstellung zu sehen, die anderen Bilder, also mehr als hundert, sind tatsächlich Leihgaben aus dem Ausland. Um Zahlen zu nennen: Wir haben die Werke aus insgesamt 67 öffentlichen und privaten Sammlungen erhalten, darunter aus so namhaften Museen wie der National Gallery in London, dem Pariser Louvre, dem Madrider Prado, den Uffizien in Florenz, der römischen Galleria Borghese und dem Wiener Kunsthistorischen Museum, um nur einige zu nennen. In der ungarischen Museumsgeschichte hat es noch nie so viele internationale Leihgaben für eine Ausstellung gegeben. Wir haben vier Jahre lang daran gearbeitet, um diese Schau auf die Beine zu stellen.
Welchen Gesamtwert haben die ausgestellten Werke?
Der Versicherungswert der gezeigten Gemälde beläuft sich auf knapp 500 Millionen Euro. Der tatsächliche Marktwert dürfte wohl darüber liegen, denken wir nur an die neun Caravaggio-Werke.
Welche Ausstellungen sind in den kommenden Jahren im Museum der Schönen Künste zu erwarten?
Aus Anlass des 150. Jahrestages seines Geburtstags wird im Sommer des nächsten Jahres eine große Ausstellung des graphischen Werks (Zeichnungen, Plakate, Drucke) von Toulouse-Lautrec zu sehen sein. Die Schau wird insgesamt 200 Werke aus dem Schaffen von Toulouse-Lautrec umfassen. Im Herbst 2014 wird es eine Ausstellung mit dem Titel „Rembrandt und das goldene Jahrhundert der niederländischen Malerei” geben. Diese Ausstellung wird insofern an die jetzige Schau „Von Caravaggio bis Canaletto” anschließen, als sie sich ebenfalls zum Teil aus unserer eigenen Sammlung speisen wird. Es werden aber auch wieder sehr viele ausländische Leihgaben zu sehen sein.
„Liget Budapest” soll Budapest in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit katapultieren Wechseln wir das Thema. Sprechen wir nun vom Projekt „Liget Budapest”, hinter dessen Namen sich ein gigantisches Museumsviertel im Budapester Stadtwäldchen (Városliget) verbirgt. Sie gelten als der Ideengeber und Koordinator des Projekts. Wie weit ist die Sache bis heute gediehen?
Nach heutigem Stand wird vom Parlament in Kürze ein Gesetz verabschiedet, das die rechtliche Grundlage dafür schafft, um insgesamt fünf neue Museumsgebäude im Stadtwäldchen errichten zu können. Wir erwarten, dass im Rahmen einer internationalen Ausschreibung einige der namhaftesten Architekten und Architekturbüros der Welt ihre Bewerbungen einreichen werden. Dies soll Anfang 2014 geschehen, Mitte 2014 schließlich soll der Gewinner der Ausschreibung feststehen. Nach unseren Plänen sollen die Bauarbeiten in der zweiten Hälfte 2015 beginnen und 2018 abgeschlossen werden.
Wie viel wird das Projekt insgesamt kosten?
Wir rechnen mit etwa 75 Milliarden Forint.
Welche Museen wird das neue Museumsviertel umfassen?
Abgesehen vom Museum der Schönen Künste und der (auf dem Heldenplatz; Anm.) gegenüberliegenden Kunsthalle (Műcsarnok) wird die Nationalgalerie (derzeit in der Burg von Buda; Anm.) und das Ludwig Museum (zurzeit im Palast der Künste; Anm.) ins neu entstehende Museumsquartier im Stadtwäldchen verlegt. Darüber hinaus soll hier das Museum für Völkerkunde, ein „Haus der Musik” und ein Architekturmuseum beherbergt werden. Doch soll auch das in Kecskemét gelegene Fotografie-Museum im entstehenden Museumskomplex eine neue Heimat finden. In diesem Zusammenhang möchte ich betonen, dass die Ausstellungen in diesen Einrichtungen allesamt den informations- und kommunikationstechnologischen Ansprüchen des 21. Jahrhunderts gerecht werden sollen.
Das hört sich ja sehr imposant an!
Angesichts der Tatsache, dass Budapest über keine Sixtinische Kapelle und kein Gemälde wie etwa „Der Kuss” von Gustav Klimt verfügt, ist es unser Ziel, die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit mittels eines Museumsviertels im Rahmen eines einzigartigen städtischen Familienfreizeitparks auf die ungarische Hauptstadt zu lenken. Das Projekt „Liget Budapest” wird in seinen Ausmaßen und seiner Konstellation europaweit beispiellos sein. Denken Sie nur daran, dass auch der Budapester Tiergarten mit rund einer Million Besuchern pro Jahr und das Széchenyi Bad mit ebenfalls rund einer Million Gästen im Stadtwäldchen zu finden sind. Außerdem liegen auch die vor Kurzem erneuerte altehrwürdige Eislaufbahn und der ständige Zirkus hier. Der Zirkus soll sogar um ein weiteres Gebäude erweitert werden, wo moderne Zirkusvorstellungen mit dem Schwerpunkt auf Akrobatik gezeigt werden sollen.
Was wird mit der Petőfi-Halle („Pecsa”) geschehen?
Diese wird abgerissen. An ihrer Stelle wird ein großes Wissens- und Erlebniszentrum für Kinder entstehen.
Und was geschieht mit dem rund 100 Hektar großen Park des Stadtwäldchens?
Dieser wird komplett erneuert. Mehr noch, die heutige Grünfläche des Stadtwäldchens wird sogar vergrößert. Außerdem wird es im Stadtwäldchen zahlreiche Gastronomieeinrichtungen geben, von Streetfood bis fine dining. Insgesamt verspricht „Liget Budapest” also zu einem Magnetpunkt und Erlebnispark für Jung und Alt zu werden.