Für hiesige Verhältnisse war es lange ruhig um die Tabakgeschäfte. Seit mehreren Wochen gab es keine neuen Affären, keine neuen Informationen, die hohe Wellen geschlagen hätten. Ja selbst an die neuen Trafiken hatte man sich mittlerweile gewöhnt, und die meisten Raucher wissen mittlerweile, wo sie auch nach 20 Uhr am Abend noch an Rauchwaren kommen. Bis jetzt. Denn kurz vor Weihnachten hat sich die nationalkonservative Regierung von Viktor Orbán gedacht, den Markt noch einmal aufzumischen.
Diesmal trifft es die Geschäfte, die an Supermärkte und Tankstellen angrenzen. Denn diese sollen und werden bis zum 31. Mai des kommenden Jahres geschlossen. „Ein weiterer Schritt zum Schutz der Nichtraucher“, wie Zsolt Gyulay sagte. Gyulai ist der Leiter der staatlichen Nonprofit Zrt., welche die Aufsicht über die Tabakläden innehat. Eine vor wenigen Tagen kursierende Nachricht, wonach die betroffenen Betreiber mit einer Entschädigung in Millionenhöhe rechnen könnten, dementierte Gyulay. Stattdessen bleibt das Recht, einen Tabakladen zu eröffnen, erhalten.
Keine Konsultation
Das bereits in der vergangenen Woche verkündete Gesetz sieht zwei Änderungen vor. Zum einen wird es neben Läden mit einer Verkaufsfläche von mehr als 2.500 Quadratmetern verboten sein, einen Tabakladen zu betreiben. Auch die zumeist mit Nachtschwärmer-freundlichen Öffnungszeiten versehenen Läden neben Tankstellen sind betroffen.
Zwei der größten Tankstellen-Betreiber im Land, die ungarische Mol und die österreichische OMV, sehen die Schließungen kritisch. 153 Trafiken an ihren Tankstellen wird es zum Sommer des kommenden Jahres nicht mehr geben. Mehr noch, auch in den angrenzenden Parks und Parkplätzen dürfen keine (mobilen) Geschäfte betrieben werden. Die OMV teilte auf Anfrage der linksliberalen Nachrichtenportals hvg.hu mit, dass 90 Tankstellen betroffen seien. Mehr noch: Ein Großteil der Kosten des Umbaus der Trafikläden wurde nach eigener Aussage von der OMV bezahlt. Die OMV teilte weiter mit, dass es im Vorfeld der Verabschiedung der Gesetzesänderung keinerlei Konsultation gegeben hätte.
Keine Geschäfte in der Nachbarschaft
Wohin die Ende Mai zu schließenden Geschäfte ziehen werden, ist indes noch nicht klar. Klar ist nur, dass im Umkreis von 200 Metern von bereits vorhandenen Geschäften keine neuen Trafiken eröffnet werden dürfen. Auch dies wurde im Rahmen der Gesetzesänderung beschlossen.
Warum es dieser Änderungen bedarf, mag dem Betrachter nicht sofort klar werden. Zsolt Gyulay lieferte auf einer Pressekonferenz am vergangenen Freitag die Antwort: Die Läden an den Tankstellen und Supermärkten hätten schlichtweg zu gut verdient. Etwa 6.300 Tabakgeschäfte gibt es landesweit, rund 200 an Tankstellen und Supermärkten. Diese 200 Trafiken würden jedoch rund 17 Prozent des Gesamtumsatzes mit Tabakwaren abwickeln, während etwa 2.500 andere Läden um ihre Existenz kämpften.
Das Zentrum für Informationen zur Regierungsarbeit (KIK) bestätigte in der vergangenen Woche noch einmal, dass dem Staat wegen der Schließungen keinerlei Schadensersatzforderungen drohen. Weiter heißt es in der Presseaussendung dazu, dass der Staat „umsichtig bei der Platzvergabe für Trafikgeschäfte“ vorgegangen sei. Nur zur Erinnerung: Die Trafiken gibt es erst seit dem 1. Juli diesen Jahres.