In New York gibt es sie seit Mai, in Paris seit 2007 und in Wien sogar schon seit 2003, und sie sind in den Weltstädten aus dem Nahverkehr nicht mehr wegzudenken: Nun hat auch Budapest sein eigenes öffentliches Verleihsystem für Fahrräder vorgestellt. Unter dem Namen „Mol Bubi“ wird es ab April 2014 die Möglichkeit geben, Fahrräder an insgesamt 75 Stationen in der Stadt auszuleihen um damit den öffentlichen Nahverkehr zu entlasten.
Die Vorstellung des Prestigeprojekts der Stadt übernahmen mit Freude Oberbürgermeister István Tárlos und MOL-Vorstandsvorsitzender Zsolt Hernádi. Dabei erwähnte Tárlos, dass sich die Zahl der Fahrradfahrer in Budapest seit 1994 verfünffacht habe, mittlerweile seien es jährlich 500.000. Für 19 Prozent der Ungarn gilt das Fahrrad als Hauptverkehrsmittel und durch das Bubi-Projekt („Bubi“ als Abkürzung für „Budapest Bicikli“, also Budapest Fahrrad; Anm.) wird das eher auf Autos zugeschnittene Verkehrsnetz zusätzlich entlastet. Daher wurden laut Tárlos infrastrukturelle Anpassungen vorgenommen: „Wir mussten Straßen wegen der Fahrradwege umbauen, Ampeln modifizieren und ähnliches“, diese Aufgabe habe die Budapester Verkehrszentrale (BKK) übernommen. Die Finanzierung des Projekts, welches Gesamtkosten von einer Milliarde Forint beansprucht, wurde zum Großteil (85 Prozent) von der Europäischen Union übernommen, den Rest musste die Stadt selbst beisteuern.
Mit deutscher Beteiligung
Erst auf Nachfrage der Budapester Zeitung stellte sich heraus, dass der Betrieb des Fahrradverleihsystems über ein Konsortium mit deutscher Beteiligung erfolgt: So erklärte BKK-Vorstandsvorsitzender Dávid Vitézy, dass die Fahrräder vom ungarischen Werk Csepel Schwinn stammen, die ungarische T-Systems die technische Projektumsetzung und die BKK den Kartenvertrieb übernehmen, MOL als Sponsor lediglich seinen Namen hinzu gibt und die Software des Systems von dem Leipziger Unternehmen Nextbike stammt, das zusammen mit T-Systems die entsprechende Ausschreibung zur technischen Seite des Projekts für sich entschieden hatte (wir berichteten).
Scheinheiliger OB, seelenruhiger Hernádi
Es wirkt geradezu scheinheilig, dass Tarlós voller Stolz die Einführung des Budapester Fahrradverleihsystems präsentiert, während er nur wenige Stunden zuvor in einem offenen Brief an BKK-Chef Vitézy für die Interessen der Autofahrer im städtischen Verkehr eingetreten ist. Und Präsentationspartner Hernádi überrascht ebenso: Während es ein logischer und sinnvoller Schritt für Budapest ist, die umweltfreundlichen Fahrräder als alternative und gesundheitsfördernde Verkehrsmittel einzuführen, verwundert es doch, dass gerade MOL als Hauptsponsor in Erscheinung tritt, der 50 Prozent der laufenden Kosten von 250 Millionen Forint jährlich übernehmen wird, während die Stadt 50 Millionen trägt. Nebenbei stellt sich übrigens auch die Frage, warum von Seiten von MOL die Bubi-Präsentation ausgerechnet von dem international gesuchten Hernádi vorgenommen werden musste. Gefragt nach Neuigkeiten in der INA-MOL-Affäre und seiner europaweiten Fahndung wollte sich Hernádi uns gegenüber nicht äußern. Nach dem MOL-Vorsitzenden wird nämlich seit Anfang Oktober europaweit aufgrund des Verdachts auf Bestechlichkeit gefahndet, da er zu einer zuvorigen Befragung zu dem Fall in Kroatien nicht erschienen war (wir berichteten). In einem Video auf hvg.hu, bei dem Hernádi auf der Pressekonferenz locker über gute Skifahrorte redet und erklärt, warum er sich einen Bart hat wachsen lassen, wird ihm ebenfalls beiläufig nochmals die Frage gestellt, was denn eigentlich mit der Fahndung nach ihm sei – seine Antwort: „Welche Fahndung?“