2007 war auf der Hajógyári-sziget, der ehemaligen Schiffswerft-Insel, noch viel geplant: Hotels, ein Kongress- und Kulturzentrum, Museum, Yachthafen, Einkaufszentrum, tausende Parkplätze und ein Megacasino sollten sie in ein gigantisches Unterhaltungszentrum verwandeln. Doch die Grundeigentümerin Plaza Centers N.V., die auch die Megainvestition von 400 Milliarden Forint verantworten sollte, geriet in finanzielle Nöte, das Projekt scheint nun gefährdet. Vorvergangenen Freitag kaufte die Regierung die Grundstücke daher zurück.
Auf 360.000 Quadratmeter Land sollten 3.000 Hotelzimmer, 1.000 Apartments, ein Kongresszentrum für bis zu 3.500 Personen, ein Kulturzentrum mit 1.500 Plätzen, ein Römer-Museum, ein Yachthafen für bis zu 300 Schiffe, ein riesiges Einkaufszentrum, 5.500 Parkplätze und ein 40.000 Quadratmeter großes Casino – das größte des Kontinents – entstehen. Das Casino hatte 2009 eine Lizenz für 20 Jahre vom Tag der Eröffnung an erhalten, auch gab es eine Verlängerungsoption um zehn weitere Jahre und ein Exklusivrecht, das während der Betriebszeit keine weiteren Großcasinos in Budapest genehmigte. 200 Spieltische und über 4.000 Slotmaschinen sollten für die Refinanzierung sorgen (all das noch vor dem Spielautomatenverbot, das seit Oktober 2012 gilt; Anm.), die Lizenz alleine hatte schließlich 1,1 Mrd. Forint gekostet. Über die Vergnügungssteuer sollte auch der Staat profitieren. Die Eröffnung des „Mini-Las Vegas“ war noch für 2012 vorgesehen.
Anwohner und Stadtplaner hatten das Megaprojekt wegen krassen Eingriffen in städtebauliche Strukturen und Grünflächen kritisiert, nun kommen ihnen scheinbar späte Auswirkungen der Finanzkrise zu Hilfe: Plaza Centers ist ein Joint Venture der schon lange in den roten Zahlen steckenden Ungarischen Außenhandelsbank (MKB) und des israelischen Immobilienentwicklers Elbit Imaging. Noch vor der Lehman-Krise 2008 hatte das Unternehmen laut einem Bericht von origo.hu vom vorvergangenen Dienstag viele Einkaufszentren in Ungarn gebaut und die meisten auch verkauft, das Geschäft lief gut; doch Oktober im 2012 gab es Schwierigkeiten bei der Ausgabe von Anleihepapieren im Wert von 100 Mio. Dollar, die noch mit „technischen Problemen“ erklärt wurden. Es dürfte aber eher an der gesunkenen Risikofreudigkeit der Banken und anderer Investoren gelegen haben. Die Ratingagenturen Standard & Poor’s und Moody’s stuften die Kreditwürdigkeit von Plaza Centers um drei Stufen herab, es bestanden Zweifel an der Liquidität des Unternehmens, das im November/Dezember 2013 9,3 Milliarden Forint an diverse Gläubiger zurückzahlen müsste. Deshalb wog man laut origo bei Plaza Centers ab, welche Immobilien zu Geld gemacht werden könnten, und obwohl die „Trauminsel“ nicht ihre wertvollste ist, trat man sie an den ungarischen Staat ab. Auf Anfrage des Portals, ob noch weitere Verkäufe in Ungarn geplant seien, wollte das Unternehmen sich nicht äußern.
Wie das offizielle staatliche Mitteilungsorgan, die Ungarische Gazette, vorvergangenen Freitag verkündete, hatte die ungarische Regierung, genauer gesagt das Volkswirtschaftsministerium, das Ministerium für Regionalentwicklung sowie die Zoll- und Steuerbehörde, die sieben Insel-Grundstücke, auf denen das Projekt hätte entstehen sollen, inklusive der Casino-Lizenz für rund vier Milliarden Forint von Plaza Centers zurückgekauft. Was nach der Verstaatlichung mit den Flächen geschehen wird, ist unklar, in der Gazette heißt es nur, dass auf der Hajógyári-sziget ein „öffentlicher Platz für die aktive und passive Erholung der Anwohner und für deren Freizeitaktivitäten“ – in erster Linie Kultur und Sport – zustande kommen soll. Eine entsprechende Anfrage der Budapester Zeitung beim Volkswirtschaftsministerium blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet, eine Sprecherin erklärte lediglich, dass noch gar nicht feststehe, welches Staatssekretariat für das Projekt zuständig sei.
Dem Rückkauf waren Streitereien zwischen Regierung und einigen Unternehmen vorangegangen: Die Regierung hatte im Dezember 2010 die Privatisierung der öffentlichen Flächen scharf kritisiert und eine Untersuchung durch die Generalstaatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Untreue in Gang gesetzt, die man jedoch aus Mangel an Beweisen im Mai 2012 einstellte. 2012 klagte auch die Projektfirma gegen den Staat: Man verlangte für den Vertrag zur Casino-Betriebslizenz beziehungsweise der damit verbundenen Zahlungspflicht einen anderen Starttermin.