In den Metrostationen stechen uns Plakate mit Jugendlichen ins Auge, die von „ihrem Wal“, also dem ehemals als CET und heute als „Bálna“ („Wal“) bezeichneten Gebäude am Pester Donauufer als einem „zentralen Ort“ in ihrem Leben schwärmen. Nach dem jahrelangen Hickhack um den Komplex zwischen Stadt, Bauherren und Investoren soll Ende Oktober endlich die Eröffnung erfolgen.
Leser der Budapester Zeitung wissen, dass wir das CET-Projekt schon lange verfolgen – und bisher leider nur wenig Erfreuliches darüber berichten konnten. Aufgrund der Uneinigkeiten zwischen der Stadtführung als Besitzer, Bauherr Porto Investment Kft., den beteiligten Baufirmen und dem Architekten kam es immer wieder zu Verzögerungen bei dem 2009 begonnenen milliardenschweren Prestigeprojekt. Das Shopping- und Kulturzentrum hätte eigentlich im Sommer 2010 eröffnet werden sollen. Die finanziellen Querelen zwischen Stadt und MKB Bank als Kreditgeber sowie der Stadt und der Porto Investment Kft. führten sogar zu Gerichtsprozessen: Porto forderte 12 Mrd., MKB 7,5 Mrd. Forint an Ausständen von der Stadtverwaltung; Népszabadság sah Budapest deswegen schon „ vom Bankrott gefährdet“. Die MKB bekam Ende März vom Pécser Gerichtshof Recht, die Stadt legte Widerspruch ein und versuchte die Schulden „herunterzuhandeln“. Zuletzt hatte sie noch die Abnahme des Gebäudes verweigert, da man Dachmängel sah, die dringend ausgebessert werden mussten. Porto sah dies als überflüssig an.
Mitte Juni gab es schließlich einen Durchbruch: Stadtführung und Porto einigten sich außergerichtlich auf die Zahlung von 1,95 Mrd. Forint an die Projektfirma – abzüglich etwa 390 Mio. Forint, auf die die Stadt das Unternehmen wegen der illegalen Nutzung von Gemeindeflächen verklagt hatte. Porto sollte auch alle Ansprüche zurückziehen und so den Weg für die Fertigstellung sowie Eröffnung frei machen. Scheinbar also ein dreifacher Gewinn für die Stadt. Diese Einigung berührte jedoch nicht den immer noch laufenden Prozess der Stadt mit der MKB. (Unsere Anfrage beim Büro des Oberbürgermeisters nach dem aktuellen Stand des Verfahrens blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.)
Unklar, wer über neuen Namen und Logo entschied
Da der Vertrag mit Porto gelöst wurde, musste auch der Name „CET“ abgegeben werden, da er von der Projektfirma stammte. Doch ein neuer war schnell gefunden: „Bálna“ („Wal“) – der Name, den der Volksmund aufgrund der Gebäudeform von Anfang an benutzte. Eine Anfrage der Dialog für Ungarn-Stadtparlamentsabgeordneten Ágnes Somfai , durch wen und auf welcher Grundlage der neue Name mitsamt dem „fantasielosen Logo“ (O-Ton Somfai), das zugegebenermaßen eher nach Papierschiff, denn Walfischschwanz aussieht, gewählt wurde, blieb unbeantwortet. Ende Juni verkündete der für die hauptstädtischen Finanzen verantwortliche Vize-OB Gábor Bagdy, dass der Wal Ende Oktober eröffnen soll. „Der Wal schwimmt endlich in ruhigen Gewässern“, formulierte er, die Gebäude-Betriebserlaubnis liege seit Ende Mai vor, alle juristischen Probleme seien bis auf den MKB-Prozess beseitigt. Dessen Ausgang habe auf die Eröffnung keinen Einfluss, und selbst bei einer Niederlage der Stadt müsse sie nur die Schulden gegenüber Porto zahlen, da die Vorgänger-Stadtführung eine unverantwortliche trilaterale Vereinbarung mit Porto und MKB eingegangen sei, so der Vize-OB (Bagdy und Oberbürgermeister István Tarlós hatten das Projekt schon zu ihrer oppositionellen Zeit im Stadtparlament attackiert; Anm.).
Wenige Mietinteressenten, neue Kosten
Auf 27.000 qm Fläche auf sechs Stockwerken sollen im Inneren des Wals Lokale, Geschäfte, Veranstaltungs- und Ausstellungsräume eine Heimat finden. Es sind jedoch noch wenige Mieter, die bereit sind, die 9.900 Ft/qm betragende Miete zu zahlen – Anfang Juli eröffnete etwa der dreifache Wasserball-Olympiasieger Zoltán Szécsi sein „OlimpiCafé“ –, daher müssen auch städtische Institutionen helfen, die Räume zu füllen: Der Einzug der Budapest Galerie des Budapester Geschichtsmuseums kostet die Stadt weitere 210, der des hauptstädtischen Marktverwalters „Csapi“ („Csarnok és Piac Igazgatósága“) beziehungsweise von dessen Geschäften 110 Mio. Ft. Zusammen mit den von Porto unvollendeten Arbeiten (Tiefgarage, Außenbereiche) muss die Stadt laut einem Index-Bericht vom Dienstag noch insgesamt 1,3 Mrd. Forint fließen lassen, ehe der Wal wirklich losschwimmen kann.