Fast auf den Tag genau vor zwei Jahren wurde das Pesti Disznó eröffnet. Mit seiner Selbstbezeichnung als Bistro folgt es vielen anderen Restaurants, die ebenfalls diesen trendigeren Titel bevorzugen, mit all seinen Konnotationen der modernen Überlieferung.
In dieser kleinen Location an der Ecke zwischen Nagymező utca und Mozsár utca, wo sich die Straße zu einem Platz hin öffnet, der zahlreiche Theater und einen offenbar bald wiederbelebten Springbrunnen beherbergt, sind die Wände bis zur Decke hin mit Flaschen beladen – ein Anblick, der nur durch eine offene Küchenfront unterbrochen wird, die für Last-Minute-Vorbereitungen und kleinere Arbeitsvorgänge genutzt wird. Ringsherum stehen ein paar schicke, hohe Tische und Stühle, ganz ohne Tischdecken, was eine lockere, freundliche Atmosphäre erzeugt.
Draußen, hinter der Terrasse, die – überdacht und beheizt – auch im Winter nutzbar ist, schwappen Holztische bis auf den Bürgersteig über, die auch an milden Sommerabenden eine attraktive, luftige Alternative bieten.
An solchen Abenden wird auf jedem Tisch ein bunter, erleuchteter Kerzenhalter in Form eines Schweins aufgestellt, ein Verweis auf den Restaurant-Namen Pesti Disznó (Pester Schwein). Die schweinischen Bestrebungen sind auch auf dem Logo zu sehen: Das Tier ist in der Interpretation eines Metzgers als Biest dargestellt, das entlang bestimmter Linien ausgeschnitten wird.
Ursprünglich als Tapas Bar à la Hongrie gedacht, ist das Pesti Disznó nun einer der Repräsentanten zeitgenössischer ungarischer Küche (sprich: traditionelle Gerichte in leichter, modernisierter Form und mit einer Spur von Fusion). Nichtsdestotrotz ist das Bistro mehr als nur ein Schweinefleisch-Lieferant. Ein kleiner Blick in die aktuelle Speisekarte zeigt Gerichte wie Ente (in einer Suppe, mit Safran), Hühnchen (junges Huhn, gebraten, gefüllt mit Entenleber und serviert mit Ziegenkäse und Kartoffel-Pfannkuchen mit Tokaj-Furmint-Soße) und Zander (mit Spinatsalat und neuen Kartoffeln in Zitronen-Butter).
Teilweise ist der Tapas-Geist jedoch erhalten geblieben: Auch hier gibt es Platten zum Teilen, die geräucherte Köstlichkeiten vom Schwein präsentieren. Wie immer mehr Restaurants bietet auch das Pesti Disznó seine eigene Hamburger-Linie an, die es hier mit Fleisch vom Wollschwein („mangalica“) und traditionellen Rind-Varianten gibt.
Da dies jedoch ein ungarisches Restaurant ist, empfiehlt es sich, erst bei den Klassikern zuzulangen. Manche sind noch klassischer als andere, wie beispielsweise die Gulaschsuppe – Fleisch, Gemüse, kleine „Csipetke“ Nudeln und einige Streifen scharfe Paprika als Beilage zum individuellen Würzen: Diese „Gulyás leves“ hat alle Requisiten inne, aber sie ist vielleicht ein bisschen zu lasch und charakterlos, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Das „Mangalica pörkölt“ oder Eintopf aus dem Wollschwein, der traditionellen Schweinerasse, gehorcht mit seiner Mischung aus sehr (und wohl etwas zu) weichen Fleischwürfeln in einer Tomaten-Pfeffer-Paprika-Soße und Knödeln ebenfalls der Traditionslinie. Auch hier fehlt dem Gericht das gewisse Etwas, das „gut“ in „sehr gut“ verwandelt. Doch das hält das Ganze nicht davon ab, genau das zu sein: Einfach gut.
Ebenso klassisch, aber auf andere Art, kommt die Foie Gras Terrine daher: Die weichen, durchwachsenen Scheiben von der Gänseleber sind, so wie sie sind, vorzüglich. Schade, dass die Beilage nicht entscheiden kann, ob sie gekocht, süß und elegant (Marmelade von roter Zwiebel) oder roh, sauer und rustikal (Tomaten-, Pfeffer- und Zwiebelstücke) ist. Beide Geschmacksrichtungen gleichzeitig schaden dem Charakter des Gerichts, unabhängig von der Qualität seiner einzelnen Komponenten.
Was Identitätskrisen angeht, ist die Entenbrust jedoch noch störender. Für sich gesehen ist sie weich und gut zubereitet. Ein kleines Glas Aprikosenmarmelade fügt dem Ganzen die gewohnte fruchtige Note zu, die gut zum Fleisch passt. Das Problem gründet im dritten Posten, einem Mix aus Croissant und „Rétes“ (Strudel) – ein buttriges, fest gerolltes Gebäck mit Erdmandeln und Haselnuss.
Tatsächlich ist es zu fest gerollt, um gar gebacken werden zu können, was bedeutet, dass die Mitte noch etwas klebrig und im Fazit zu schwer ist. Insgesamt ist es etwas zu trocken, zu nussig und es fehlt an Frische, wodurch es keine gute Ergänzung zu den anderen beiden Bestandteilen des Gerichts darstellt – insbesondere als Sommermenü. Es macht den Eindruck, als ob diese Idee, die technisch gut ist, nicht gänzlich durchdacht worden wäre und der Koch noch einmal zu seinem Gerichte-Reißbrett zurückkehren müsste.
Nach alledem geht es beim Dessert einfacher zu: „Floating Island“ – Baiser in einer süßen, leichten und reichlichen Vanillesauce – und weicher, gut gemachter Schokoladenkuchen mit Erdbeermarmelade bereiten ein Happy End.
Pesti Disznó
Öffnungszeiten:
Sonntag bis Mittwoch 12 bis 23 Uhr
Donnerstag bis Samstag 12 bis 01 Uhr
Tel. +36 1 / 951-4061
Budapest VI, Nagymező utca 19
www.pestidiszno.hu
Preise:
Vorpeisen: ……………………………………….1.890-2.390 Forint
Suppen: …………………………………………….990-1.690 Forint
Hauptspeisen:…………………………………..1.990-5.690 Forint
Dessert: …………………………………………….990-1.190 Forint