Während ich aus dem Erkerfenster auf den von Bäumen gesäumten Platz blicke und mir Sträuße getrockneten Lavendels und alte Fotografien Pariser Cafés die Sicht kreuzen, ertappe ich mich dabei, mir vorzustellen, ich sei in Frankreich. Am ruhigen Ferenc tér im neunten Bezirk gelegen, vermittelt Petrus‘ klarer und minimalistischer Stil einen Moment von unprätentiöser Klasse mit einem unterschwelligen französischen Akzent.
Es ist noch eine Stunde bis zur Öffnung, und bereits jetzt reihen sich draußen Menschen, die nach einem Tisch suchen – ein vielversprechendes Zeichen für ein Restaurant, das erst vor drei Monaten eröffnete.
Koch und Restaurant-Besitzer Zoltán Feke setzt sich an meinen Tisch und erzählt mir über sein erst kürzlich eröffnetes Produkt der Liebe.
„Ich wollte mein eigenes Restaurant, um die Freiheit zu haben das zu tun, was ich will,“ sagt Feke. „Wenn ich zum Markt gehe und etwas sehe, das gut aussieht, dann landet es auf der Speisekarte.” Anders gesagt denkt er, bei Essen sollte es um frische, saisonale Zutaten gehen statt um überhebliche Spielereien.
Mit seiner saisonalen Speisekarte und täglichen Angeboten möchte Feke erreichen, dass das Petrus seinen guten Ruf durch seine Speisen erhält, die eine Fusion aus ungarischer und französischer Küche eingehen und sowohl mit traditionellen als auch mit Avantgarde-Techniken zubereitet werden.
Die Platte von der Gänseleber Au Torchon, die vor mir abgelegt wird, ist ein Spielplatz der Farben, Texturen und Formen. Da ist eine Scheibe Foie Gras, ein Löffel Pflaume mit Vanille-Geschmack, Erdnuss-Eiscreme und Tee-Gelee-Würfel nebst einem Stück Obstkuchen – es ist so viel los auf meinem Teller, dass ich mir unsicher bin, wo ich beginnen soll.
„Gibt es eine bestimmte Reihenfolge, die ich befolgen sollte?“ frage ich.
Er schüttelt seinen Kopf und lächelt. Also schlage ich vorsichtig zu, während der Kellner einen Brotkorb auf dem Tisch abstellt.
„Wir machen hier alles selbst, von Grund auf,“ erklärt mir Feke, „wir backen sogar unser eigenes Brot.“
Ich koste ein Stück Gänseleber zusammen mit der vanillig-pflaumigen Beisoße – und entdecke mit jedem Biss etwas Neues. Die saure Pflaume durchschneidet die Völle der Gänseleber, wohingegen die Geschmackspaarung der Eiscreme eine versteckte Nuss-Note im Foie offenbart, die mir davor noch nicht aufgefallen ist.
„Am meisten haben mich die französische Küche und Köche wie Alain Ducasse beeinflusst,“ antwortet Feke, als ich ihn nach seinen Ideen frage. „Ich wurde jedoch stets auch von der ungarischen, heimischen Art zu kochen inspiriert. Die Pflaume mit Vanille-Note zum Beispiel basiert auf der ungarischen Tradition des Eingemachten.“
Atmosphäre statt Dresscode
Das Petrus soll in die Fußstapfen des traditionellen französischen Bistros treten, wo das Essen und die Zutaten die Stars sind. Es gibt keinen Dresscode, und mit der offenen, zugänglichen Atmosphäre des Restaurants hofft er, eine auch in Zukunft aufrechte Beziehung zu seinen Kunden herzustellen.
„Wenn das Wetter sich einmal abgekühlt hat, organisieren wir einige Workshops hier im Restaurant: Kochkurse und Weinverkostungen. Beispielsweise wie man Boeuf Bourguignon kocht. Ich möchte, dass es eine interaktive Erfahrung wird, bei der der Verbraucher richtig etwas mit dem Essen zu tun hat.“
Während das Petrus etwas abseits der Rennstrecke der Touristen liegt, möchte Feke doch, dass es für Expats zum angenehmen, sie willkommen heißenden Ort wird – ganz gleich ob sie sich für à la Carte entscheiden oder sich zu einer drei- bis vierstündigen Weinverkostung niederlassen, inklusive ungarischer und französischer Weine, ausgewählt vom Haus-Sommelier.
„Die Speisekarte wird auf Englisch, Französisch und Deutsch erhältlich sein, und unsere Angestellten sprechen Englisch und Deutsch. Touristen sind willkommen, doch sie sind nicht unbedingt Teil unserer festen Zielgruppe. Wir möchten lieber versuchen, eine loyale Kundenbasis aus Einheimischen und Expats aufzubauen.“
Ich probiere die Crème Brûlée mit Tonkabohne und Rosenmarmelade. Die Erfahrung des Desserts ist nichts Neues für mich: Ich knacke die Karamell-Kruste mit dem Löffelrücken und tauche ein in die Creme – diesmal überrascht mich jedoch eine subtile Rosen-Note in ihrem Aroma.
„Ich wähle gern bekannte Gerichte, mit denen sich jeder identifizieren kann“, sagt Feke, „doch ich füge dem Ganzen immer gern einen kleinen Dreh hinzu.“
In seinem Feld ist er ein Veteran, schließlich kommt Feke vom Vár: a Speiz, einem Restaurant, dem der Titel „Michelin Bib Gourmand“ verliehen wurde. Dennoch fühlte er sich erst kürzlich bereit dazu, den Schritt hin zum eigenen Restaurant zu wagen.
„Es war zur richtigen Zeit, und nachdem ich in Frankreich von Köchen lernen konnte, die ihre eigenen Bistros besitzen, fühlte ich, dass ich das auch tun kann. Bereits jetzt erhalten wir Kunden via Mundpropaganda.“
Das Petrus mag neu sein in der Szene, aber mit seiner Leidenschaft für das Essen steht ihm eine appetitliche Zukunft bevor.
Petrus
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Samstag 12 bis 23 Uhr
Sonntags und montags geschlossen
Tel. +36 1 / 951-2597
Budapest IX, Ferenc tér 2-3.
www.petrusrestaurant.hu
Preise:
Suppen und Vorpeisen: ………………………..990-3.490 Forint
Hauptspisen und Pasta: …………………….2.690-3.590 Forint
Dessert:……………………………………………………1.490 Forint
Weinverkostungs-Menü (acht Gänge): ………..11.900 Forint