
Der Markt wird’s schon regeln: Stellenweise haben am Montag Nationale Tabakgeschäfte nur wenige Meter voneinander entfernt eröffnet.
Seit Montag haben die Nationalen Tabakgeschäfte ihre Pforten geöffnet. Zumindest die, welche die Umbauarbeiten rechtzeitig beenden konnten und auch noch Personal gefunden haben. Man kann wohl zu Recht behaupten, dass die Umstellung ähnlich „problemlos“ verläuft wie die Verstaatlichung der Schulen.
Wer dieser Tage mit offenen Augen durch die Hauptstadt läuft, dem wird Folgendes auffallen: Viele der neuen Trafiken haben noch nicht geöffnet, sind im Warenbestand eher schlecht ausgerüstet, und die Geschäfte treten teils irrational gehäuft auf. Im XI. Bezirk beispielsweise finden sich auf der Bartók Béla út – vom Gellért tér bis zum Móricz Zsigmond körtér – ganze fünf Geschäfte. Ähnliches ist auch im III. Bezirk zu finden. Im Umkreis des Kolosy tér haben insgesamt acht Läden ihre Tore geöffnet.
Party ja, Zigaretten nein
Weit weniger gut sieht es indes für die Besucher der Festivals im Sommer aus. Volt und Balaton Sound sind davon aufgrund der Übergangszeit bis zum 15. Juli noch nicht betroffen, doch alle danach anstehenden Großevents werden wohl mit einem florierenden Schwarzmarkt zu kämpfen haben. Denn für Festivals gilt: Keine Konzession vor Ort, kein Trafikgeschäft. Zwar hieß es zuerst noch, es würden zeitlich begrenzte Konzessionen vergeben, doch daraus wurde letztlich nichts. Zsolt Gyulay, Leiter der Nemzeti Dohánykereskedelmi Nonprofit Zrt., sieht das Ganze nur als logische Konsequenz der Regierungspolitik: „Das Ziel der Regierung ist es nicht, auf Festivals und an bei Jugendlichen beliebten Plätzen Zigaretten zu platzieren, damit sie möglichst schnell mit dem Rauchen anfangen.“ Auch auf dem Sziget wird es keine Zigaretten, aber nach Gyulay auch kein Problem geben, schließlich gäbe es im III. Bezirk mehr als genug Trafikgeschäfte.
Doch nicht nur die Anzahl der Geschäfte, auch die örtliche Platzierung ist mitunter – gelinde gesagt – fragwürdig. Im sozialen Netzwerk Facebook sammeln Nutzer neu eröffnete Trafikgeschäfte. So gibt es mittlerweile mehrere Tabakläden neben Schulen, Kindergärten und Apotheken. Aber auch in der unmittelbaren Nachbarschaft von Arztpraxen kann man Zigaretten kaufen. Doch der Star der Netzgemeinde ist die Gemeinde Sárvár. Dort eröffnen drei Trafiken neben der örtlichen Lungenklinik, einer gar direkt neben dem Eingang. Hier kann mit Fug und Recht behauptet werden, dass die Intention des Gesetzes, nämlich die Förderung der Volksgesundheit, weit verfehlt wurde. Doch noch mehr Ungewöhnliches zeigte sich in den vergangenen Tagen. Im südlich von Budapest gelegenen Szalkszentmárton eröffneten am Montag zwei Trafiken – im selben Haus. Das Bild gilt seitdem als Inbegriff für die Korruption bei der Konzessionsvergabe, denn unbestätigten Berichten zufolge werden die Geschäfte von einem Ehepaar betrieben. Besonders pikant: In der 3.000 Seelengemeinde sind dies die einzigen zwei Geschäfte.
Jugendschutz scheint gescheitert
Die Fauxpas nehmen indes kein Ende. Da sind beispielsweise die vielen Geschäfte, deren Schaufenster nicht mit undurchsichtiger Folie beklebt wurden, was ebenso rechtswidrig ist wie der Verkauf von Tabakwaren während Jugendliche unter 18 Jahren überhaupt im Geschäft sind, ganz zu schweigen vom Verkauf von Tabakwaren an sie. Doch genau das testete das Nachrichtenportal hir24 mit niederschmetterndem Ergebnis. In alle fünf getesteten Läden erhielt die 14-jährige Tochter eines Redakteurs Einlass, in weiteren zwei Läden konnte sie sogar selbst Zigaretten kaufen. Da wirkt es fast schon liebenswürdig trottelig, wenn der Verkäufer einer Trafik die rauchenden Kunden eines anliegenden Geschäfts mit zwei Zigarettenpapieren in der Hand fragt: „Jungs, ihr dreht doch selbst. Wie viel kosten die?“ Ein Gutes hat das Trafikmutyi am Ende vielleicht doch. Eine junge Frau aus der Hauptstadt bringt es auf den Punkt, wenn sie sagt: „Ich rauche seit 20 Jahren und habe unzählige Male versucht aufzuhören, bisher immer ohne Erfolg. Aber diesmal wird es klappen. Lieber quäle ich mich, als dieser Bande (der Regierung – Anm.) Geld in den Rachen zu werfen.“