Künstler John Cage (1912-1992) wird als eine der Hauptfiguren der avantgardistischen Musik angesehen. Und das zu Recht: Ihm gelang es, die Musik in ihrer klassischen Form zu reformieren und bisher ungeahnte künstlerische Wege einzuschlagen.
Anlässlich des hundertsten Jubiläums seiner Geburt widmete ihm das Ludwig Museum eine Ausstellung mit dem Titel „Die Freiheit der Stimme. John Cage hinter dem Eisernen Vorhang“.
Weltweit gab Cage Konzerte, hielt Vorträge und diente sowohl aufstrebenden als auch etablierten Künstlern als Inspiration. Hinter dem Eisernen Vorhang wurde der Zugang zu seinen Werken jedoch erschwert. Infolgedessen waren seine Besuche in den osteuropäischen Ländern von besonderem Gewicht und hinterließen einen bleibenden Eindruck, der sich bis heute in zahlreichen Werken zeitgenössischer Künstler manifestiert. Diese werden neben John Cages Werken ebenfalls ausgestellt, um die Bandbreite seines Einflusses zu veranschaulichen. Auch Dokumente aus den Osteuropareisen des Künstlers kommen zum Vorschein, genauso wie seine Radierungen, Aquarelle und Zeichnungen. Ziel der Ausstellung ist es, den Künstler nicht nur in seinem Wesen als Komponist zu präsentieren, sondern ihn auch von einer anderen, nicht minder spannenden Seite zu beleuchten.
Melodie der Stille
Als bahnbrechend gilt vor allem seine Komposition 4’33, die Cage selbst als Favoriten unter seinen Werken kürt. Das Stück unterteilte er in drei Segmente, wobei in jedem Abschnitt Stille herrscht. Sie macht uns empfänglich für die Geräusche, die sich in unserer Umgebung abspielen und denen wir normalerweise keine Beachtung schenken würden.
Mit der Stille will Cage darauf hinweisen, dass „die Stimmen unserer Umgebung eine viel aufregendere Musik komponieren, als uns der Besuch eines Konzerts je bieten könnte.“
Hinter dichten Vorhängen, die den Schall etwas abdämpfen, befindet sich das Herzstück der Ausstellung: ein mit lediglich sechs Stühlen ausstaffierter quadratischer Raum. Aus den Lautsprechern dröhnen beinahe unkenntlich gemachte Wortfetzen, die den Zuhörer in einen quasi-tranceartigen Zustand versetzen. Die zufällig aneinandergereihten Sätze entstammen Henry David Thoreaus im Jahre 1849 erschienen Essay „Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat“. Cage war schon immer ein wichtiger Bezugspunkt für Künstler, die die traditionellen Kunstkonzepte hinterfragen und die ihre künstlerische Freiheit nicht aufzugeben bereit sind, um mit der offiziellen Politik konform zu sein.
Ein unkonventioneller Museumsbesuch
Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Museumsbesuch ist hier ein ständiger Lärm zu vernehmen, der den Besucher durch die ganze Ausstellung begleitet. Wäre John Cage noch am Leben, würde er die ineinander geschmolzenen Klänge der verschiedenen Ausstellungsstücke wahrscheinlich als Musik bezeichnen.
Der Weg führt den Besucher durch Installationen unterschiedlichster Art: Zu Lautsprechern umfunktionierte Mikrofone hängen von der Decke, ein Ensemble an zerkratzten, teilweise geschmolzenen Schallplatten versetzt den Betrachter in Staunen und zahlreiche Fernseher reihen sich nebeneinander auf, um Vorführungen, ehemalige Ausstellungen und Konzertausschnitte wiederzugeben. Unter Letzteren befindet sich unter anderem ein Konzertvideo der Rolling Stones ohne Ton, das als Hommage an John Cage auf genau 4 Minuten und 33 Sekunden zugeschnitten wurde.
Die Freiheit der Stimme.
John Cage hinter
dem Eisernen Vorhang
Ludwig Museum
– Museum für Zeitgenössische Kunst
IX. Komor Marcell utca 1.
23.11.2012 – 17.02.2013
Dienstag bis Sonntag, 10.00-17.45
Eintritt 1300 Forint
www.ludwigmuseum.hu