Seit ihrer Erstaufführung im Jahr 2008 eroberte Pál Frenáks Produktion „InTimE“ sowohl heimische als auch internationale Bühnen im Sturm. Die für den Rudolf Lábán-Preis nominierte Tanzvorstellung tourte in den letzten vier Jahren durch Europa. Im November kehrt die Tanzinszenierung für zwei Tage mit neuer Besetzung in das Trafó zurück.
Choreograph Pál Frenák stellt in seinen Inszenierungen hauptsächlich die soziale Interaktion in den Vordergrund. „InTimE“ fasst er als Etappe eines mehrjährigen Schöpfungsprozesses auf. Dessen Vorstufe bildete das Stück „Instinct“, das die Leere der zwischenmenschlichen Beziehungen thematisierte. „InTimE“ versucht demgegenüber die Komplexität dieser Beziehungen aufzudecken.
Ein puritanisches Bühnenbild, lediglich mit einem blutroten Sofa und verstreuten Rosenblüten verziert, bietet den Tänzern ausreichend Raum sich zu entfalten und das Gefühlsgemenge, das diese Beziehungen auszeichnet, zu vermitteln: Einsamkeit, Verlangen, Liebe, Körperlichkeit, Gewalt, Macht, Ausgeliefertsein, Besitzergreifung, Aufrichtigkeit und Heuchelei werden in tänzerischen Bewegungen miteinander verwoben.
Natürlich seien seine Inszenierungen vieldeutig, gab Frenák 2009 dem Interviewer von Time Out Budapest zu verstehen. Schließlich sei er gleichzeitig gehörlos und habe doch ein intaktes Gehör. Einerseits spreche er Ungarisch, andererseits könne er die Sprache nicht. Er lebe hier und da. Mal sei er unten, mal oben. Mal fliege er, mal stürze er ab. (…) Er sei zu extrem? Wie sollte ein Künstler denn sonst sein?
Ein Aufschrei ohne Stimme
Sein Aufschrei liegt nicht weit von der Wahrheit entfernt. Pál Frenák kam 1957 als Sohn taub-stummer Eltern zur Welt und lernte früh, sich auch ohne Laute zu verständigen. Die Gebärdensprache machte ihn für körperliche Ausdrucksformen empfänglich und ebnete seinen Weg als Choreograph. Dieser Weg führte ihn in den 80er Jahren aus Budapest nach Paris, wo er mit mehreren bekannten Persönlichkeiten der klassischen Ballettszene zusammenarbeitete. Durch seine Frau, eine französische Architektin, gewann er Einblicke in die Welt der zeitgenössischen Kunst. All diese unterschiedlichen Eindrücke und Einflüsse ermöglichten es ihm, seine eigene Richtung zu etablieren, die hauptsächlich Elemente der Gebärdensprache, der Mimik und unterschiedlicher Bewegungskünste, wie dem Zirkus, dem Theater und der Mode, in sich vereint. Frenáks seit zehn Jahren bestehendes französisches Tanzensemble, wurde 1998 mit ungarischen Tänzern erweitert und hat seither je einen Sitz in Paris und Budapest.
Von Kontrasten durchzogen
Jede Regung der sechs Tänzer ist von unterdrückter oder ausgelebter Sexualität geprägt. Kontraste, wie dieser durchlaufen das gesamte Stück: die Selbstbeherrschung steht der Instinkt getriebenen Wildheit gegenüber, die Anziehung der Abneigung und der Genuss des Augenblicks der Vergänglichkeit des Menschen. Die Tänzer verstehen es, die Emotionen, die diese inneren Konflikte in sich tragen, meisterhaft umzusetzen und dem Publikum zu vermitteln. Während manche eine beabsichtigte Dissonanz in den Tanzbewegungen festzustellen glauben, heben andere die Harmonie der Komposition hervor. Auch wenn die Interpretationen auseinander gehen, konnte die Inszenierung eine grundsätzlich positive Resonanz der Kritik verbuchen.
Pál Frenák Ensemble: InTime
Trafó Haus
der Zeitgenössischen Künste
09.11.2012/ 10.11.2012
Ab 20.00
Eintritt: 2500 Forint
IX. Liliom utca 41.
jegypenztar@trafo.hu