Spätestens seit Ausbruch der Krise wird immer mehr Menschen in Europa das Kürzel CDS geläufig. Ungarn verschwand im Sommer erstmals seit längerer Zeit wieder von der Liste jener Länder, deren Staatsbankrott unter Anlegern besonders hoch gehandelt wird.
Von der aktuellen Topliste des britischen Datenanbieters CMA Datavision ist Ungarn zum Glück verschwunden; demnach gehörte das Land im II. Quartal 2012 nicht mehr zu den zehn Ländern der Welt mit der höchsten Risikoprämie. Bei den zu deren Messung dienenden Credit Default Swaps (CDS) handelt es sich um sogenannte Kreditausfallderivate, mit denen sich Anleger gegen einen möglichen Kreditausfall im Zuge eines Staatsbankrotts versichern können. Die fünfjährigen ungarischen CDS lagen zu Jahresbeginn noch über 750 Basispunkten, sanken aber, als Mitte Juli der offizielle Verhandlungsstart für ein Beistandsabkommen mit IWF und EU vollzogen wurde, im Londoner Handel zeitweilig bis auf 480 Basispunkte. Das bedeutet so viel, dass die Absicherung von ungarischen Staatsanleihen im Volumen von zehn Millionen Euro derzeit folglich knapp 500.000 Euro kostet.
Ungarn in osteuropäischem Vergleich nicht überzeugend
Auch wenn Ungarn momentan nicht zum Spitzenfeld der risikoreichsten Länder gehört, ordnen die Märkte Budapest noch immer eine ca. 30%-ige Wahrscheinlichkeit zu, innerhalb von fünf Jahren zahlungsunfähig zu werden. Neben dem akut pleitegefährdeten Griechenland stehen aus der Eurozone Portugal, Irland und Spanien mit dem Rücken zur Wand, weshalb sich Ungarn aber nicht sonderlich in die Brust werfen sollte. Denn viel aussagekräftiger ist der Regionalvergleich, in Osteuropa gilt Ungarn nämlich zusammen mit Kroatien als unsicheres Pflaster für die Anleger. Weitaus weniger Risiken sehen diese in Rumänien und Slowenien sowie Bulgarien. Ganz zu schweigen von den übrigen V4-Staaten, deren CDS sich im Falle Polens und der Slowakei um 200-250 Basispunkte bewegen, während Tschechien mit stabil weniger als 150 Basispunkten einen nur geringfügig höheren Aufpreis als Deutschland zu zahlen hat. (Wenn man nur die Höhe der Staatsschulden zugrunde legte, hätte Prag sogar mehr Vertrauen als Berlin verdient, was Budapest nun ganz bestimmt nicht von sich behaupten kann.)
Preissteigerung für fast alle Länder
Die Aussicht auf eine Einigung Ungarns mit dem IWF hinsichtlich eines Auffangnetzes, das nicht zuletzt dazu dienen könnte, die Finanzierung von Krediten im Gesamtvolumen von rund 4 Mrd. Euro abzusichern, die Budapest im Laufe der nächsten Monate zurückzahlen muss, hat die Stimmung an den Märkten in diesen Hochsommertagen positiv beeinflussen können. Doch sehr schnell kann dieser Vorteil verspielt sein – der CDS-Aufpreis wirkt im Grunde genommen wie eine Fieberkurve, mit teils überzogen heftigen Reaktionen im Falle eines geschwächten „Immunsystems“, wie das für Ungarn in seiner heutigen Lage kennzeichnend ist.
Immerhin mussten sich im II. Quartal bei weitem stabilere Länder zweistellige Sprünge ihrer CDS gefallen lassen: Für die USA verteuerte sich die Risikoprämie im Zeitraum April-Juni um nahezu zwei Drittel, für Norwegen um ca. 40%. Die anhaltend ungelöste Eurokrise ließ Deutschland als letzten Vertreter der europäischen Währungsunion aus dem Eliteklub der weltweit sichersten Länder ausscheiden. Diesem gehören aus Europa nun neben Norwegen noch die Schweiz, Schweden, Großbritannien und Finnland an; die fünf außereuropäischen Länder sind abgesehen von den USA Australien, Hongkong, Japan und Neuseeland.