Bei ihrem Antritt vor zwei Jahren versprach die Regierung von Viktor Orbán noch in schrillen Tönen, die linksliberalen Vorgängerregierungen (2002-2010) wegen ihrer angeblichen dunklen Machenschaften gnadenlos zur Rechenschaft zu ziehen. Der heutige Staatssekretär im Ministerpräsidialamt, János Lázár, erging sich noch vor den Parlamentswahlen 2010 darin, von der „maffiaartigen“ Veruntreuung öffentlicher Gelder zu sprechen. Zum Beweis ihrer Entschlossenheit schuf die Regierung Orbán eigens den Posten eines Regierungsbeauftragten. Dieser wurde mit der Aufgabe betraut, die Korruptionsfälle der Regierungen zwischen 2002 und 2010 ans Licht zu bringen – koste, was es wolle. Wurde das Amt anfangs von Ferenc Papcsák bekleidet, hat es seit November 2010 Gyula Budai inne.
Trotz des großen Brimboriums zu Beginn der laufenden Legislaturperiode ist die Ausbeute der Regierungsbeauftragten Papcsák und Budai bislang aber ziemlich mager ausgefallen. Nur in zwei von insgesamt mehr als 100 Fällen, die vom Regierungsbeauftragten untersucht werden, können nennenswerte Fortschritte aufgezeigt werden. In Hinblick auf die mutmaßlichen Veruntreuungen bei den Budapester Verkehrsbetrieben (BKV) sitzt der ehemalige sozialistische Bürgermeister-Stellvertreter Miklós Hagyó (2006-2010) in Untersuchungshaft. Gegen den ehemaligen sozialistischen Verteidigungsminister Ferenc Juhász (2002-2006) wiederum wurde erst kürzlich Anklage erhoben. Juhász wird zur Last gelegt, seinem damaligen Staatssekretär im Verteidigungsministerium, László Fapál, rechtswidrig eine Dienstwohnung zugeschanzt zu haben.
Zähneknirschende Eingeständnisse
In zwei aufsehenerregenden Fällen indes sah sich Regierungsbeauftragter Budai gezwungen, die Unschuld von Personen zähneknirschend hinzunehmen, die von ihm einst mit breiter Brust angeschwärzt worden waren. Es handelt sich hierbei um echte Kapazunder: zum einen Ex-Regierungschef Ferenc Gyurcsány (2004-2009), zum anderen namhafte linksliberale Philosophen wie Ágnes Heller. Gyurcsány war lange Zeit verdächtigt worden, bei einem dubiosen Immobilientausch rund um das unter seiner Regierung geplante Kasino-Projekt (King’s City) in Sukoró am Velencei tó dem Staat einen milliardenschweren Schaden zugefügt zu haben. Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen den Ex-Premier aber aus Mangel an Beweisen in der vergangenen Woche eingestellt. Was die Causa der Philosophen angeht, verhält es sich ähnlich, die Polizei hat ihre Ermittlungen in Ermangelung handfester Beweise abgeschlossen. Den Philosophen war von Budai vorgeworfen worden, Fördergelder für diverse Forschungs- und Buchprojekte veruntreut zu haben. Über die Causa wurde seinerzeit (2010) auch von westlichen Medien berichtet. Wegen der haltlosen Anschuldigungen wollen die betroffenen Philosophen, darunter Ágnes Heller und Mihály Vajda, nun auf dem Rechtsweg eine Entschädigung erwirken.
Jagd auf große Fische
Wie das Nachrichtenmagazin hvg berichtete, hat die vom ehemaligen Fidesz-Abgeordneten Péter Polt geleitete Generalstaatsanwaltschaft Gyula Budai immer wieder in die Hände gespielt. Bei den Ermittlungen soll den zuständigen Staatsanwälten aufgetragen worden sein, „große Trophäen“ zu jagen. So sei einer der Verdächtigen in der Causa Sukoró, der ehemalige Generaldirektor der Nationalen Treuhand-Behörde, Miklós Tátrai, nach eigenen Angaben dazu gedrängt worden, gegen Ferenc Gyurcsány auszusagen. Ähnliches berichtete auch László Fapál. Auch von ihm hätten die Ermittler gefordert, gegen Ex-Verteidigungsminister Juhász auszusagen.
Keine originäre Fidesz-Idee
Zur Erinnerung: Schon die Sozialisten (MSZP) hatten in der Person von László Keller 2002 einen Staatssekretär installiert, um die angeblichen Machenschaften der ersten Regierung Orbán zu durchleuchten. Trotz vollmundiger Versprechen blieb die Tätigkeit Kellers jedoch im großen Ganzen ergebnislos.