Wer dieser Tage über den Kossuth tér, den Vorplatz des Parlaments, spaziert, kommt nicht umhin, die Bauzäune zu bemerken. Am vergangenen Wochenende begannen dort die Bauarbeiten zur Umgestaltung des Platzes. Beschlossen wurden diese bereits im Sommer. Nun begannen die Arbeiten an der Nordseite des Platzes.
„Zurück zu den Wurzeln“ könnte das Motto der Pläne zur Gestaltung des Vorplatzes des Parlaments heißen. Im Beschluss vom Juli des vergangenen Jahres heißt es dazu wörtlich: „Der künstlerische Anblick des Platzes ist so wiederherzustellen, dass er dem Zustand von vor 1944 entspricht“. Zoltán Cselovszki, Bauamtsleiter des Bezirks, hob jedoch hervor, dass der erwähnte Zustand keine Momentaufnahme sei, vielmehr ginge es darum, die „damalige Stimmung des Platzes mit den Erwartungen des 21. Jahrhunderts zu vermengen“. Dies seien unter anderem Fragen der Sicherheit und Touristik. Fraglich sei auch, welche Standbilder später einen Platz bekämen. Cselovszki weiter: „Wo Statuen einen Platz erhalten, ist im Großen schon beschlossen. Aber welche es genau werden, hängt auch davon ab, wie die Restaurierung der früher zerstörten Skulpturen möglich ist“.
Tiefgarage und nationale Sicherheit
So ist auch der Verbleib der nach 1945 aufgestellten Statuen noch ungeklärt. Sowohl die Skulptur des ersten ungarischen Präsidenten Graf Mihály Károlyi als auch die des Dichters Attila József könnten so auf unbestimmte Zeit aus der Innenstadt verschwinden. Das Schicksal der 1980 aufgestellten Attila József-Statue befindet sich indes noch in der Schwebe.
Der für Kultur zuständige Staatssekretär Géza Szõcs sprach sich jüngst für den Verbleib des Dichters aus. Graf Károlyi hingegen wird wohl nicht zurück ins Herz des V. Bezirks kehren. Insbesondere der ultrarechten Jobbik-Partei dürfte damit ein Gefallen getan sein. Diese fordert schon seit Langem die Entfernung des Standbilds des bürgerlich-linken Politikers.
Tiefgarage mit 400 Stellplätzen
Doch auch, wo bereits konkrete Pläne vorliegen, sind noch Fragen zu klären. Beispielsweise müssen für die geplante Tiefgarage mit einem Fassungsvermögen von mehr als 400 Stellplätzen noch Konsultationen mit dem Ministerium für Justiz und Verwaltung abgehalten werden. Wie Emil Bakos, wirtschaftlicher Leiter des Parlaments, am vergangenen Sonntag auf einer Pressekonferenz mitteilte, ist eine direkte Verbindung zwischen Tiefgarage und Parlamentsgebäude geplant. Dies mache das Bauvorhaben zu einer Frage der nationalen Sicherheit. „Der Kossuth tér ist seit dem 1. Januar dieses Jahres ein Platz des nationalen Gedenkens und fällt damit in den Zuständigkeitsbereich des Parlaments“, so Bakos weiter. Neben der Tiefgarage soll auf dem nun eingezäunten Bereich auch eine Informationsstelle für Touristen entstehen. Die Pläne sehen außerdem vor, den Kossuth tér in Zukunft komplett autofrei zu halten. Bakos betont: „Wir wollen den Kossuth tér den Fußgängern und Radfahrern zurückgeben.“ Deswegen soll es nach Ende der Umbauarbeiten keinen PKW-Verkehr mehr auf dem Vorplatz des Parla-ments geben, lediglich Straßenbahnen würden als öffentliche Verkehrsmittel den Weg der Passanten kreuzen. Zeitgleich mit dem Ende der Bauarbeiten legt der Regierungsbeschluss weiterhin fest, dass die Regierung bis zum 31. Mai 2014 aus dem Parlamentsgebäude ausgezogen sein muss.
Ungeklärte Fragen
Zuerst würde der Platz jedoch Historikern zur Untersuchung zugänglich gemacht. „Dies ist Teil der Vorbereitung“, erklärte Bakos. Was diese Vorbereitung im Einzelnen kosten wird, konnte Bakos jedoch nicht beantworten. Die Kosten seien jedoch Teil der geplanten Ausgaben von 2,5 Milliarden Forint.
Die Ausschreibung für die Realisierung des ersten Bauabschnitts soll, gemäß den Vorstellungen Bakos’, in einem sogenannten erleichterten Verfahren ablaufen. Dies ist durch einen erst in diesem Monat erlassenen Regierungsbeschluss möglich geworden. Als Grund für dieses Spezialverfahren wurden sicherheitstechnische Aspekte genannt. So müssten bei einem regulären Ausschreibungsverfahren Informationen zum geplanten Bau herausgegeben werden, welche die nationale Sicherheit berührten.
Kritik an den Baumaßnahmen regt sich indes allerorts. So wird nicht nur das Ausschreibungsverfahren beargwöhnt, sondern auch der plötzliche Beginn der Bauarbeiten. Die Facebook-Organisation Milla und die ihr nahestehende außerparlamentarische Partei 4K! äußerten ihr Erstaunen über den gewählten Zeitpunkt. Ein Mitglied von Milla sprach den Verdacht aus, mit den Bauarbeiten sollten Demonstrationen in der restlichen Regierungszeit des Fidesz verhindert werden. András Istvánffy, Koordinator von 4K!, teilt diese Meinung. Er ergänzt: „In Zeiten der wohl schärfsten Sparmaßnahmen der letzten Jahrzehnte ist es erstaunlich, dass die Umgestaltung des Platzes nicht verschoben werden kann. Wir können uns dies nicht anders erklären, als dass die Verteilung dieser Investitionssumme bestimmten wirtschaftlichen Größen bereits seit längerem versprochen war“.