Keine Kompromisse bei den Standards
„Wenn man durch das Kempinski Hotel Corvinus geht, spürt man rasch die besondere Verbundenheit der Mitarbeiter mit ihrem Hotel und auch einen gewissen Stolz“, so Duncan O’Rourke auf die Frage, was denn das Budapester Kempinski von anderen Hotels der Gruppe abhebe. Auch ihre „warme und angenehme“ Art des Umgangs mit den Gästen lobt der COO der Kempinski-Gruppe.
Emile Bootsma (l.), GM des Kempinski Hotel Corvinus und Duncan O’Rourke, COO der Kempinski Hotels S.A., Genf:
„Innerhalb der Kempinski-Gruppe gibt es in Budapest die wenigsten Gästebeschwerden.“
Anlass seiner Budapest-Visite in der letzten Woche war eine Vorstandssitzung der Eigentümer des Hotels, auf der unter anderem die im kommenden Jahr beginnende große Renovierung sowie einige strategische Dinge besprochen wurden. Kempinski ist nicht nur Betreiber des Budapester Hotels, sondern zugleich auch mit knapp fünf Prozent sein Eigentümer, dessen Interessen jetzt auf der Sitzung von O’Rourke vertreten wurden. Den Rest der Zeit nutzte er, um als Kempinski-COO das Budapester Hotel mal wieder in Augenschein zu nehmen, so wie regelmäßig die insgesamt 66 Hotels und Ressorts der Gruppe. „Ich bin etwa zwei Drittel des Jahres in dieser Mission unterwegs“, erklärt er.
Mit dem, was er in Budapest vorfindet, ist er voll zufrieden. Besonders hat es ihn das Personal angetan, das er immer wieder und vor allen anderen Faktoren lobt. „Die Budapester Mitarbeiter sind auf Grund ihrer soft skills innerhalb der Kempinski-Gruppe sehr begehrt“, unterstreicht der COO. „Zumal die speziellen Budapester Eigenschaften so schwer anzuerziehen und zu trainieren, wie mit Worten zu beschreiben sind.“ Die besonderen Eigenschaften seien aber nicht nur eine angenehme Facette des Kempinski Hotel Corvinus, sie spiegelten sich auch ganz konkret in den Zahlen wider. „Innerhalb der Kempinski-Gruppe gibt es in Budapest die wenigsten Gästebeschwerden“, würdigt O’Rourke.
Anhaltender Preisdruck
So hat General Manager Emile Bootsma verglichen mit anderen Kempinski-Kollegen weltweit wenigstens ein Problem weniger. Ein ganz gewichtiges Problem muss aber auch er schultern, nämlich die noch immer stark unter Druck stehenden Preise bei den Budapester Fünf-Sterne-Hotels. Dabei sieht er sich noch mit einer besonderen Herausforderung konfrontiert: „Der Name Kempinski bringt es mit sich, dass ich bei unseren Standards keinerlei Abstriche machen darf. Unsere Gäste dürfen auf keinen Fall spüren, dass wir derzeit ein wenig mehr aufs Geld achten müssen. Am Preiskrieg im Fünf-Sterne-Sektor können wir uns daher kaum beteiligen.“ Immerhin gäbe es eine leichte positive Tendenz, seit letztem Jahr lasse der immense Druck auf die Preise etwas nach, das Preisgefüge im Fünf-Sterne-Bereich normalisiere sich allmählich.
Gleich nach der besonderen Qualität der Budapester Mitarbeiter lobt O’Rourke aber auch das Gebäude selbst, insbesondere dessen gute Lage und dessen „ausgezeichnete Bauqualität“. Voll des Lobes ist er besonders hinsichtlich der großen Zimmer und breiten Korridore. So etwas habe Anfang der 90er zu den Standards im High-End-Luxury-Bereich gehört und werde inzwischen aber leider nicht mehr gebaut. „In London würde man in so breite Korridore heutzutage gleich noch ein paar Zimmer reinsetzen“, witzelt der in Südafrika geborene Ire. Abgesehen von der ursprünglichen Bauqualität des Gebäudes, nötigt ihm aber auch der gegenwärtige gute Zustand des Kempinski Hotel Corvinus Respekt ab.
Angesprochen auf die weltweite Entwicklung der Kempinski-Gruppe unterstreicht der COO, dass ihrem Wachstum mehrere Grenzen gesetzt seien. Zum einen durch das Leitmotiv des Hotels, Luxus, das sich mit Masse – „luxury is limited“ – ebenso wenig verträgt wie mit Einförmigkeit – „Ein Kempinski Hotel ist so einzigartig wie ein Fabergé-Ei“. So gehöre es für die Gruppe etwa zur Strategie, dass es in jeder Stadt möglichst nur ein Kempinski gibt, wobei natürlich nur solche Städte in Frage kämen, die zum weltweiten „luxury circuit“ gehören wie Berlin und London, St. Moritz und Sankt Petersburg, Dubai und Abu Dhabi. Im kommenden Jahr werde übrigens auch Wien zum Luxus-Kreis der Gruppe aufschließen. Beide Manager erhoffen sich von der Eröffnung im Nachbarland auch fürs Geschäft in Budapest gute Impulse.
Bekenntnis zu Europa
Eine weitere Wachstumsbremse sei schließlich noch das klare Bekenntnis zu Europa. „Wir sind eine europäische Hotelgruppe“, unterstreicht O’Rourke, wobei er auch einen besonderen Stolz auf die deutschen Wurzeln der Gruppe nicht verhehlt, die selbst jetzt noch, da sich die Gruppe längst nicht mehr in deutschem Besitz befindet, eine wichtige Rolle spielten. Vor diesem Hintergrund erkläre sich auch, dass beispielsweise deutsche Manager, denen man besser zutraue, diese geschäftlich relevanten Wurzeln verinnerlicht zu haben, innerhalb der Kempinski-Gruppe noch immer bessere Aufstiegschancen haben und anteilsmäßig die meisten Generaldirektoren stellen. Wegen des festen Bekenntnisses zu Europa komme jedoch für die Gruppe beispielsweise eine, wirtschaftlich ohne weiteres vorstellbare intensive Expansion mit zahlreichen weiteren Hotels auf dem riesigen chinesischen Markt nicht in Frage.
Eine dritte Wachstumsbremse sei schließlich noch, und hier schließt sich wieder der Kreis zum anfänglichen Thema, die Personalsituation. „Wir können nur in dem Tempo neue Hotels eröffnen, wie wir geschultes Kempinski-Personal aus anderen Kempinski-Hotels für neue Kernmannschaften erübrigen können.“ Wegen all dieser Restriktionen, gehöre Kempinski nach Ansicht von O’Rourke vielleicht zur einzigen Hotelgruppe weltweit, die ohne weiteres viel dynamischer wachsen könnte, sich aber im Interesse des Produktes und der Marke beim Wachstum freiwillig beschränke.