„Achtung vor Tieren“
Saftiges, zartes Rindfleisch, das auf der Zunge zergeht und die Geschmacksknospen verwöhnt, versprechen die beiden Rinderzüchter Nóra Béke und Uwe Panhans ihren Käufern, wenn diese Fleisch aus ihrer Bio-Rinderhaltung kaufen. Das Fleisch stammt von reinrassigen schwarzen Aberdeen Angus, die ganzjährig als Weidevieh Wind und Wetter trotzen.
Das Hauptgebäude auf der Biorinderfarm: Die Borockás tanya.
Seit diesem Herbst ist die hiesige Gastronomieszene um einen Lieferanten reicher: Unter dem Namen „Black Angus“ vertreiben die Ungarin Nóra Béke und der Deutsche Uwe Panhans Fleisch aus der einzigen, zertifizierten Bio-Rinderzucht mit Aberdeen Angus Rindern in Ungarn. Den Viehbestand haben sie sich seit 2007 in Újtikos, etwa 190 Kilometer östlich von Budapest gelegen, auf einer Farm aufgebaut. Käufer sind bisher neben hochklassigen Restaurants auch Privatpersonen, die gutes und hochwertiges Rindfleisch mögen. Im Gespräch mit der Budapester Zeitung erzählen die beiden Besitzer etwas über Qualität, Tierhaltung und Zucht.
Unternehmer wird Landwirt
Die Idee für die Farm kam Uwe vor über fünf Jahren, nachdem der ehemalige Bauunternehmer von London nach Ungarn gezogen war. Er fand es schwierig oder gar unmöglich, gutes Rindfleisch zu kaufen und erfüllte sich mit der Rinderzucht nicht nur ein kulinarisches Bedürfnis, sondern auch einen Kindheitstraum. Nach einer Recherche von über einem halben Jahr, welche Rinderrasse die richtige wäre, sich in Ungarn am besten akklimatisieren könne und das beste Fleisch böte, gründete er schließlich vor etwa drei Jahren zusammen mit Nóra auf der Familienfarm „Black Angus“. „Um mein Wissen als Landwirt zu erweitern ging ich dann auch noch extra zurück an eine landwirtschaftliche Hochschule“, erklärt er und fügt hinzu, dass er Anfang dieses Jahres, als Landwirtschaft, Baugewerbe und Studium auf einmal zu viel geworden seien, seinen Job komplett aufgegeben habe und sich seither ausschließlich um die Zucht und Aufzucht seiner Aberdeen Angus kümmere.
Rinderhaltung
Die richtige Auswahl der Rasse sei ihnen sehr wichtig gewesen, erklären die beiden. „Mein Mentor ist ein österreichischer Landwirt, dessen Produkte unter den 100 besten Lebensmitteln Österreichs zu finden sind“, erzählt Uwe und fügt hinzu, dass er das Handwerk im Grunde von ihm gelernt habe. Das Fleisch der Angus sei weltweit als das beste anerkannt, habe eine gute marmorierte Struktur, wodurch es zart und saftig sei. Durch die Weidehaltung werde dieser Effekt noch verstärkt, was heißt, dass der spezielle Eigengeschmack noch besser hervortreten könne. Außerdem könnten die Rinder das ganze Jahr über auf der Weide stehen. Im Sommer fräsen sie nur Gras und im Winter das auf den eigenen Böden produzierte Heu und ein wenig Getreide.
Wenn Uwe und Nóra dennoch zufüttern müssen, achten sie stets darauf, dass sie nur im Bioanbau hergestellte Produkte verwenden. „Dafür fahre ich auch fast 400 Kilometer Richtung Kaposvár, denn im Krisna Völgy kann ich mir sicher sein, dass es sich um Bio-Futter handelt“, betont Nóra mit Nachdruck und fügt lächelnd hinzu, dass die meisten Leute sie deswegen für verrückt halten. Uwe sagt, dass die Rinder sehr robust und zu 100 Prozent reinrassig, jedoch nicht überzüchtet seien. Durch die Freilandhaltung seien die Tiere außerdem sehr gesund und benötigten keine Medikamente.
Rinderzucht
Die Rinder nähmen auch über den Winter nicht wirklich ab. Uwe erklärt lächelnd, dass er die trächtigen Kühe auf Diät gesetzt habe und sie Schonkost bekämen, weil sie im Sommer etwas zugenommen hätten. So will er ihnen das abkalben erleichtern. Um die Blutlinien immer wieder aufzufrischen würden die Bullen regelmäßig getauscht. Durch die natürliche Haltung und Befruchtung hätten sie außerdem eine 100-prozentige Fruchtbarkeit bei den Tieren. Das sei sehr selten, erklärt Uwe, denn in großen Betrieben läge diese deutlich darunter. „Die Rinder fühlen sich einfach wohl bei uns“, sagt Nóra stolz. Aus Tierschutzgründen terminierten sie die Geburten immer auf die kalte Jahreszeit. Inzwischen hätten sie zwei Herden, die eine kalbe in den ersten drei Monaten, die andere in den letzten drei Monaten eines Jahres.
Fleischqualität
Mitte November wurde das erste Tier geschlachtet. Uwe betont, dass es schnell gegangen sei. Das sei auch unbedingt erforderlich. Denn um die Qualität des Rindfleisches zu gewährleisten brauche man drei Dinge: die richtige Rasse, Haltung und Fütterung sowie eine stressfreie Schlachtung. Falls bei letzterem etwas schief laufe, sei das Fleisch insgesamt verdorben. „Man muss Achtung vor den Tieren haben, das ist unentbehrlich“, erklärt Nóra. Nach der Schlachtung werde das Fleisch vom Knochen gelöst und in großen Stücken drei Wochen lang im Kühlhaus gelagert, damit es reifen kann. Auch das sei notwendig, um gute Qualität zu erhalten. Wichtig sei ihnen auch gewesen, dass der Schlachthof, mit dem sie zusammen arbeiten ebenso ein Bio-Zertifikat besitze.
Umweltschutz
Die Züchter nehmen den Ausdruck „Bio“ sehr ernst und setzen deswegen auf eine Vermarktung ihrer Produkte in Ungarn. Wenn die Rinder stundenlang durch Europa transportiert würden, nehme die Qualität ab, sagt Uwe. Nóra fügt hinzu, dass ihnen auch der Umweltschutz wichtig sei, und dazu gehörten natürlich auch die Abgase, die bei jedem Transport verursacht würden. „Mir ist es wichtig zu wissen, wo das Fleisch was ich esse, herkommt“, betont sie. Deswegen könnten die Käufer sie auch besuchen und die Tiere und ihr Umfeld ansehen und sich von der tiergerechten Haltung überzeugen.
Erste Erfolge
Für die Vermarktung des Fleisches ist Nóra verantwortlich. „Mein Wirtschaftsstudium an der Budapester Hochschule für Handel, Tourismus und Gastronomie ergänzt das landwirtschaftliche Geschick von Uwe“, sagt sie und erzählt, dass sie im Moment auf direkte Kanäle und Mundpropaganda setze. Dies funktioniere schon jetzt sehr gut. Vom Fleisch, das vor Weihnachten zum Verkauf angeboten worden sei, sei bereits alles vorbestellt und nichts mehr übrig, verrät Nóra zufrieden. Eine Anlaufphase habe jedes Geschäft, räumen die beiden ein, jedoch betonen sie auch, dass ihre Website schon vor der ersten Schlachtung Interessenten angezogen habe und regelmäßig Nachfragen von Privatleuten, Züchtern und Restaurants eingetrudelt seien. Irgendwie laufe das Marketing von ganz allein.
Kundenorientiertheit
Für Restaurants ließen sie das Rindfleisch auf Wunsch zerlegen und für Privatpersonen böten sie Gesamtpakete von zehn Kilogramm an, die verschiedene Stücke vom Rind enthielten. Geliefert werde kostenlos. Die Mischung sei momentan auf einen deutschen Haushalt zugeschnitten, und beinhalte auch Rouladen, die in Ungarn so kaum zu haben sind. „Ich musste eine Musterroulade aus Deutschland mitbringen, damit der Metzger das Fleisch richtig zerteilen konnte“, erzählt Uwe amüsiert, und Nóra fügt hinzu, dass eben jede Nationalität eine eigene Schneideart für Tiere habe.
Kontakt:
Nóra Béke, Tel.: +36-20-495 5804
Uwe Panhans, Tel.: +36-20-805 4084
Black Angus Bio
Borockás tanya
4096 Újtikos
www.blackangus.hu
Gasthaus
www.borockastanya.eu