„Komisch und Funky“
Bunte, asymmetrische Stühle aus verschiedenen Holzsorten mit Leidenschaft entworfen und von Fachmännern gebaut stehen im hellen Showroom „The Garden Studio“, um Interessierten einen Eindruck von den Kreationen der jungen Designerin Nóri Vidó zu geben. Neben den Holzstühlen entwirft sie auch Tische, Sessel und Sofas, die im Internet betrachtet werden können.
„Die Frau mit den Stühlen“: Nóri Vidó studiert Architektur und entwirft nebenbei Sitzmöbel.
Schüchtern lächelnd wartet Nóri Vidó im „The Garden Studio“ bis Besucher die kurze Treppe in den ersten Stock überwunden haben, um sich ihre Stühle vor Ort anzusehen. „Leider fehlen im Moment wegen Ausstellungen ein paar“, meint sie bedauernd, erklärt aber sogleich, dass zehn neue Stühle sowie ein Sessel fertig seien und weitere gebaut würden.
Architektin und Designerin
Die Idee zum Entwerfen von Möbelstücken, zumal Stühlen, kam Nóri, als sie ein Haus im Bauhausstil besuchte, das vom Gebäude bis hin zum Interieur von einem Architekten gestaltet worden war. Aufgrund ihres Architekturstudiums, das in Ungarn auch die Innenarchitektur miteinschließt, konnte sie sich gut vorstellen, auch andere Dinge als Gebäude zu entwerfen. Ihr erster Stuhl entstand eigentlich für die Uni, „denn jeder Architekt hat seinen eigenen“, meint sie lachend.
Am Anfang, vor rund sechs Jahren, war das Ganze noch ein Hobby. Nóri wollte eigene Möbel, die sich ihrem Zuhause anpassen und etwas anders sind als der Durchschnitt. Als die Entwürfe sich häuften, kam ihr die Idee, daraus mehr zu machen. Vor einem halben Jahr entstand dann ihre Webseite mit Online-Shop, der von Beginn an darauf ausgelegt war, Ausländer anzuziehen. In der Zwischenzeit habe sie viel gemalt und bei internationalen Designermessen teilgenommen.
Die abstrakten Formen verlangen nach einem speziellen Umfeld.
Erfolg im Ausland
Dank der Messen hat sie viele Rückmeldungen aus dem Ausland erhalten. Sie glaubt daher, dass dort ihr potentieller Kundenkreis liegt. Denn handgemachte und einzigartige Möbel liegen im Westen, insbesondere in den USA und Großbritannien, besonders hoch im Kurs. Nóri hofft, dass auch in Ungarn die Nachfrage nach ihren Möbeln steigen werde. Sie schränkt allerdings ein: „Ungarn mögen es gerne einfach, meine asymmetrischen Formen gefallen den meisten nicht. Ich weiß nicht, wo die mangelnde Offenheit der Ungarn herrührt, aber ich erlebe dies auch beim Studium und bei der Arbeit, wenn ich mit anderen Architekten rede“, meint sie nachdenklich.
Ihren eigenen Stil beschreibt die Designerin als „funky und komisch“ und ergänzt, dass ältere ausländische Architekten meinten, dass ihre Kreationen sie an die dreißiger Jahre erinnern würden. Vorbilder habe sie keine. Nur einige Designer, die ihr gefallen. Sie mache jedoch ihr eigenes Ding. Ihre Regeln für das Entwerfen seien einfach: Es müsse am Ende gut aussehen. Natürlich hält sie die Proportionen der Stühle ein, so haben ihre Entwürfe alle die gleichen Maße bei der Sitzfläche und Sitzhöhe. Wichtig ist der Designerin allerdings, dass ihre Entwürfe unverwechselbar und mit Möbelhausprodukten nicht zu vergleichen sind.
Designer und Tischler
Das Planen laufe bei ihr über den Computer. Wenn Nóri ein fertiges Bild im Kopf habe, setzt sie sich hin und erstellt ein perfektes dreidimensionales Abbild davon. Durch diese Methode entsteht eine präzise Zeichnung, die dann der Tischler für die Herstellung des Stuhls verwenden kann. Nicht immer seien diese von ihren Ideen begeistert, erzählt sie, denn oft seien ihre Kreationen mit viel Arbeit verbunden. Wie ihr neuester Entwurf: Ein Stuhl, der aus Würfeln bestehe. „Am Ende sehen die Schreiner jedoch, dass sich ihre Arbeit gelohnt hat“, betont die Designerin.
Wie die Entwürfe nach der Fertigstellung aussehen sollen, weiß sie selbst ganz genau. Von Anfang an legt sie Holzart und Farbe fest, bei ihren Sesseln und Sofas auch den Stoff. Das Wichtigste bei den verwendeten Materialen ist für Nóri die Qualität. Sie arbeite neben Vollholzsorten wie Kastanie, Buche und Ebenholz auch mit verschiedenen Furnieren.
Selbstversuche
Zu den bereits entstandenen Stühlen und Sesseln gehören komplette Kollektionen: Ess- und Wohnzimmertische in verschiedenen Größen, für vier bis sechs Personen, und zu den Sesseln die passenden Couchelemente. Außerdem gibt es von einer Art Stuhl mindestens acht verschiedene nach dem selben Konzept, damit der Käufer die Qual der Wahl hat und sich selbst für das für ihn passende Arrangement entscheiden kann. Nóri gibt zwar zu, dass ihre Holzstühle vielleicht nicht die bequemsten seien, aber sie erfüllten den ihnen zugedachten Zweck am Esstisch zu einhundert Prozent. Außerdem habe sie alle Prototypen zu Hause in langen Arbeitsnächten fast 24 Stunden lang getestet und auch das sei kein Problem. Ihr Sessel ist dagegen wunderbar bequem und bringt bei Messen insbesondere Kinderaugen jedes Mal zum strahlen. „Sobald ein Kind meinen Sessel entdeckte, saß es bereits darauf“, sagt Nóri.
Kaufen per Klick
Die Designerin plant, jedes Jahr drei neue Kollektionen in ihren Online-Shop zu stellen. Ideen habe sie zwar sehr viel mehr, jedoch möchte sie nicht alles gleichzeitig auf den Markt bringen. Ein Zukunftstraum von Nóri ist auch das Entwerfen von Porzellan, Besteck und anderen Nutzgegenständen. Ihr bunter Recyclingmülleimer fürs Wohnzimmer stelle da schon einen Anfang dar.
Bestellungen ihrer Möbel können die Käufer ganz einfach über das Internet in ihrem Online-Shop abwick-eln, oder sie melden sich bei ihr via Email, um einen Kostenvoranschlag für eine Sonderanfertigung zu bekommen. Nóri stellt klar, dass sie eine Dienstleistung anbiete und deshalb natürlich das Material, der Stoff und die Größe vom Kunden selbst bestimmt werden könnten: „Der Kunde muss sich damit wohl fühlen“, sagt sie nachdrücklich.
Was auf den ersten Blick wie eine moderne Kunstinstallation aussieht, sind Sitzmöbel.
The Garden Studio
V. Városház u. 14.
Tel.: +36 30 259 3511
Email: info@thegardenstudio.hu
www.thegardenstudio.hu
www.vidonori.com
Zur Person
Nóri Vidó studiert an der Technischen Hochschule in Budapest Architektur und schloss 2005 einen Kurs in Fotografie ab. Sie arbeitete in der Hauptstadt bereits als Fotografin für subculture.hu und Népszabadság und in verschiedenen Architekturbüros. Im Moment entwirft sie bei einer großen Holzverarbeitungsfabrik Türen. Nóri gründete 2005 ihr Möbellabel „vidonori“, mit dem sie bei Designmessen unterwegs und seit diesem Jahr auch im Internet präsent ist. Seit 2007 schreibt sie auch einen Gastroblog.