„Mode ist Kunst“
Unweit des Nationalmuseums befindet sich in der Puskin utca (Ecke Bródy Sándor utca) hinter einer schönen Holztür im zweiten Stock der Showroom und die Werkstatt des Labels „Artista“. Die Fenster des großen Raumes lassen viel Licht herein, wodurch die Design-Kreationen, die aus Frauenmode und Accessoires wie Taschen und Geldbeutel bestehen, noch besser hervorgehoben werden.
Die Besonderheit der Kreationen erschließt…
Die Klinke der geschnitzten, dunklen Holztür in der Hand wartet Kati Imre, eine der drei Designerin von „Artista“, auf die Budapester Zeitung, führt dann in den Showroom, der zwischen dem Atelier und der Werkstatt liegt und bietet einen Platz auf der einladenden Coach an. Eigentlich wären sie ja zu dritt, meint Kati, jedoch sei sie diejenige, die die Interviews gäbe und natürlich auch für die anderen spreche.
… sich manchmal erst auf den zweiten Blick.
Freundschaft
Kennengelernt haben sich Kati Imre, Nóra Rácz und Katalin Stampf während ihres Studiums an der jetzigen Moholy-Nagy Universität für Kunst und Design. Als sie nach ihrem Abschluss 1994 „Artista“ starteten, waren sie noch insgesamt sechs Designer, von denen zwei später anfingen, an der KREA Designschule zu unterrichten und der einzige Mann der Gruppe in die Filmbranche als Producer wechselte und aufhörte, Mode zu entwerfen. Die Belastung, alles zusammen zu machen wäre einfach zu groß gewesen, betont Kati und erklärt weiter, dass „Artista“ jedoch bis heute allen sechs gehört. Sie verstünden sich immer noch ausgezeichnet und machten sogar ab und an zusammen Urlaub.
Namenswahl
Sie selbst habe schon als Kind mit zehn-elf Jahren angefangen, sich auf ihre spätere Laufbahn vorzubereiten: „Ich habe für meine Puppen Kleider entworfen und genäht“, sagt Kati. Beim Studium beschäftigte sie sich neben ihrer Hauptrichtung „Leder und gedruckte Stoffe“ auch viel mit dem Entwerfen und Herstellen von Kleidern, nutzte jede Möglichkeit, sich weiterzubilden und ist dann im Endeffekt beim Modedesign geblieben.
Den Namen des Labels entliehen die jungen Anfänger einem geflügelten Wort an der Universität, erzählt Kati. „Alles was ein wenig extrem, interessant, komisch und außergewöhnlich war, nannten wir damals ‘artistás’. Hinzu kommt noch die akrobatische Leistung wie zum Beispiel der Spagat zwischen Innovation und Tragbarkeit, die man auch in der Mode braucht“. Für die Designer wurde all das in „Artista“ vereint.
Schwarz ist immer aktuell.
Veränderungen
Ihr Stil habe sich aber seither etwas gewandelt, er sei weicher, filigraner geworden, meint Kati und fügt hinzu, dass es am Anfang eigentlich sechs Kollektionen gewesen seien, die bei einer Modeschau unter einem Namen präsentiert wurden. In den Kleidungsstücken war allerdings auch immer der Name des jeweiligen Designers angegeben. Dann kam ein Auftrag aus Großbritannien, der zu einer gemeinsamen Modelinie innerhalb des Labels führte. Ab 2000 fingen die Designer an, verstärkt gemeinsam zu entwerfen und mischten in ihren Kreationen die extremen Schnitte mit klassischen Elementen. Dies ist bis heute geblieben. Die drei verbliebenen „Artista“ Gründer verzichten inzwischen auf ihren Namen in der Kleidung und entwerfen die Kollektionen gemeinsam.
Kundenwünsche
Was getrennt läuft, sind die Accessoires, die allein von Katalin Stampf kreiert werden und inzwischen sehr populär geworden sind. Dazu gehören Taschen, Geldbeutel, Brillenetuis und Öko-Beutel, die aus alten Materialen sozusagen im Recycling entstehen. Diese einfachen Einkaufsbeutel sind etwas günstiger als die anderen Taschen und werden deshalb gerne als billigere Variante einer „Artista“ Kreation gekauft. Durch die Finanzkrise habe sich auch die Präferenz der Käufer geändert, weiß Kati zu berichten: Die Kunden wollen lieber Taschen aus Leder, die etwas mehr kosten, jedoch strapazierfähiger und länger tragbar sind. Der Clue bei den Taschen ist der abnehmbare Deckel: Durch Druckknöpfe kann damit einer einzelnen Tasche immer ein neues Gesicht gegeben werden.
Der Stil ihrer Mode, die hauptsächlich aus saisonalen Kollektionen für Frauen besteht, ist da etwas spezieller. „Wir haben uns jedoch einen offenen, modebewussten Kundenkreis aufgebaut, der regelmäßig bei uns kauft“, betont Kati und erklärt weiter, dass dieser jeweils zur Hälfte aus Ausländern und Ungarn bestehe. Viele der Durchreisenden finden den Showroom durch Anzeigen oder Zufall, kaufen groß ein und empfehlen ihn weiter. Neben den Kollektionsstücken, die auch in einer anderen Größe, Farbe oder aus einem anderen Stoff bestellt werden können, nehmen die Designerinnen auch Bestellungen für Hochzeitskleider und Einzelanfertigungen an.
Kollektionen
Pro Halbjahr stellen Nóra und Kati eine neue Kollektion, Herbst/ Winter und Frühjahr/Sommer zusammen, die natürlich immer im Voraus entsteht. Das Problem dabei ist, die Entwürfe auf eine maximale Anzahl zu beschränken. „Wir haben immer so zwischen 70 und 78 Kreationen, dass ist viel zu viel“, seufzt Kati, „aber es fällt uns immer schwer, etwas wegzulassen“. Optimal wären 50 bis 60 Stücke. Die Zusammensetzung der Kollektionen verändere sich ständig, manchmal hätten sie ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch die Entwürfe zieht, bisweilen würden sich ihre Ideen zu einem Ganzen zusammenfügen. Das wichtigste bei ihren Kreationen sei die Tragbarkeit, Bequemlichkeit und das Mischen von klassischen Elementen mit kreativen Motiven. Die Stoffe kaufen sie auf der großen Textilmesse in Mailand, wo sie die neuen Stofftrends sehen und dann gemeinsam planen und entscheiden. Die Farben änderten sich von Jahr zu Jahr, nur schwarz bleibe immer modern, sagt Kati.
Erfolge
Auch im Ausland habe „Artista“ gute Erfahrungen gemacht. Durch persönliche Beziehungen war von Anfang an klar, dass auch in Wien ein Geschäft entstehen sollte. So öffneten sie 2006 zusammen mit drei österreichischen Designern das Geschäft „Combinat“ im Museumsquartier. Durch die Umgebung nutzen sie die Ladenfläche auch als Ausstellungsraum, „irgendwie passt das gut zusammen, denn Mode ist auch Kunst“, meint Kati. Außerdem seien sie noch in weiteren Geschäften vertreten, nähmen regelmäßig an Messen teil und haben es, dank der Unterstützung der Europäischen Union, auch schon nach Tokio zu einem großen Design-Event geschafft. Sie wären auch dieses Jahr dabei gewesen, wenn es nicht die Katastrophe in Fukushima gegeben hätte. Das Interesse an ihrer Kleidung sei in Japan groß, berichtet Kati. Es gäbe auch Überlegungen, mit ihrer Mode nach Stuttgart, Hamburg, München und Berlin zu gehen. Dafür fehlt im Moment allerdings ein verlässlicher Distributor. In Ungarn entsteht in der Zwischenzeit im Luxuskaufhaus in der Váci utca (das 2012 eröffnet werden soll; Anm. der Red.) ein Pop-up Store, und Anfang Dezember wird es dort mit drei anderen Designern eine Modeschau im leeren Gebäude geben.
Chaos in geregelter Form.
Showroom Artista
VIII. Puskin utca 19
Tel.: +36 1 328 0290
www.artistafashion.com
Shop Combinat
MuseumsQuartier
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Samstag
12 bis 19 Uhr
Quartier 21 / MQ, Wien
Tel.: +43 1 236 0596
www.combinat.at