Wo die Originalität zu Hause ist
In den Gassen des jüdischen Viertels ist es unter den vielen Modeläden nicht einfach aufzufallen. „Art3“, der kleine Künstlerladen von Éva Smidt, Virág Juhász und Emese Bányai macht sich durch eine große Schaufensterpuppe vor dem Eingang bemerkbar, die mit ihrem Kleid auf den ersten Blick an die erfolgreiche spanische Modemarke „Desigual“ erinnert.
Designer und Künstler zugleich: Éva Smidt, Virág Juhász und Emese Bányai.
Wer der Schaufensterpuppe einen zweiten Blick schenkt, wird die Einzigartigkeit von „Art3“ zu würdigen wissen. Es steht für Kreativität, Farbe, Vielfalt. Mode für Frauen mit ausgefallenem Stil. Jedes Kleidungsstück, jede Tasche, Kette, Brosche, und was sich beim Stöbern auf den wenigen Quadratmetern sonst noch findet, sind individuell entworfene Einzelstücke. „Wir haben einen Laden wie den unseren in Budapest vermisst, deshalb gibt es ihn jetzt“, sagt Smidt lächelnd. Und erst seit kurzem: Im Juni dieses Jahres eröffneten die drei Frauen das Geschäft. Auf die Frage nach ihrer gegenseitigen Bekanntschaft lachen sie. „Wir haben uns zu Weihnachten vergangenen Jahres zum ersten Mal gesehen. Das Wetter an diesem Tag war furchtbar. Damals haben wir sofort festgestellt, dass wir gut zusammenarbeiten können“, erzählt Smidt. Der Grundstein war gelegt. Das Ergebnis kann sich ein knappes Jahr später sehen lassen. Durch die individuell unterschiedlichen Stilrichtungen der Künstlerinnen werden Kundinnen mit ebenso unterschiedlichen Geschmäckern angesprochen, gleichzeitig ergänzen sich die Produkte und ergeben ein harmonisches Ganzes.
Bunt, vielfältig und in vielen Größen.
Eleganz in schweren Zeiten
Smidt hat sich auf Glasschmuck spezialisiert – mit Techniken wie der Glasbläserei, dem Brennen oder Schmelzen gelingt es ihr, unter dem Markennamen „Murano Manufaktúrá“ kleine Kunstwerke zu entwerfen. Ketten, Armbänder und Ohrringe in allen Farben und Formen, jedes Glassteinchen hat eine eigene Geschichte zu erzählen, keines gleicht den Anderen. Ihr Glas bezieht sie aus Italien, Deutschland und den USA. Ihre Kollegin Bányai stellt mit ihrem Label „picassino“ Mode und Accessoires her: Ausgefallene elegante Kleider, Röcke, Oberteile, viel davon in schwarz oder grau. Teilweise schlicht, oft mit einem „gewissen Etwas“ wie Spitzen oder Tüll verziert.
Juhász’ Kreationen hingegen sind meist bunt bemalte Textilien: Katzenköpfe und übergroße Augen prangen auf Kleidern, Taschen oder Mützen, irgendwo daneben ist der handschriftlich aufgemalte Name ihrer Modemarke „fiorella“ zu lesen. „Mit dem, was ich jetzt mache, habe ich erst als Hobby angefangen, als ich in London gelebt habe.“ Zuvor hatte sie sich mit Keramik beschäftigt. Beim Anprobieren der Kleider fällt auf: Kleine Größen sind in der Unterzahl, magere Models hätten hier ein Problem. „Überall sieht man in den Läden nur S-Größen, dabei brauchen so viele Frauen etwas Größeres. Bei uns gibt es nicht nur Mode für perfekt Schlanke“, erklären die drei ihr Konzept.
Noch ist das ganze „System“ mit dem Ladenbesitz neu für die drei, keine von ihnen hatte je zuvor einen eigenen Laden. „Für den Anfang läuft es gut, aber natürlich lässt sich noch nichts sagen, dafür braucht man Zeit, vielleicht ein Jahr. Die Zeiten sind aber schwer und das Letzte, wofür Menschen im Moment Geld ausgeben, sind Kleidung und Schmuck“, erklärt Bányai. Deshalb seien unter ihren Kunden auch viele Touristen, Einheimische können sich die Produkte oft nicht leisten – der große Herstellungsaufwand hat seinen entsprechenden Preis.
Für Frauen, die sich trauen.
Vom Maschinenbau zur eigenen Modemarke
Lange Zeit war ihre Kunst für Frauen nur ein Hobby gewesen, dem sie neben ihrem eigentlichen Beruf nachgegangen sind. Bányai hat in ihrem Heimatland Rumänien zunächst sogar Maschinenbau studiert. „Damals im Kommunismus konnte man nicht wählen. Erst nach dem Zusammenbruch des Regimes konnte ich Mode machen, also das, was mir gefällt.“ Vor „Art3“ haben die Künstlerinnen ihre Sachen entweder in Läden von anderen Designern verkauft oder sonntags auf dem Gozsdu Bazar zwischen Király utca und Dob utca ausgestellt. Nun sind sie Herr in ihren eigenen vier Wänden, haben das Hobby zum beruflichen Alltag gemacht. Echte Designer also, oder? „Ich sehe mich nicht unbedingt als Designerin, in erster Linie bin ich Künstlerin“, stellt Smidt klar. „Viele sagen einfach, sie seien Designer. Aber was ist das überhaupt?“, pflichtet ihr ihre Kollegin Bányai bei. „Ist ein Designer jemand, der einen entsprechenden Abschluss hat und es auf dem Papier bestätigen kann oder jemand, der es schafft, mit seinen Entwürfen einen eigenen Laden auf die Beine zu stellen?“ Die Frage bleibt im Raum stehen. Ein Anfang, ob als Designer oder als Künstler, ist mit dem gemütlich-alternativen Lädchen in der Rumbach Sebestyen utca gemacht. Und ihre Pläne? „Wir wollen in die ganze Welt expandieren“, lachen die drei.
Die Farbenpracht setzt sich auch bei den Accessoires fort.
art3
Öffnungszeiten:
werktags 11 bis 19 Uhr
Wochenende 11 bis 18 Uhr
+36 30/ 964 6588
Rumbach Sebestyén utca 3
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