Wenn eine Tasche zum Lebensgefühl wird
Überall in Budapest sieht man sie auf den Rücken vor allem Fahrrad fahrendender junger Menschen, ob in Anzug oder Cargo-Hosen. Messengerbags (Kuriertaschen) sind aus dem Stadtbild Budapests fast genauso wenig wegzudenken wie Fahrradfahrer oder der Dauerstau auf der Pester Uferstraße. Einige dieser Taschen kommen aus der Werkstatt von Máté Marosvölgyi.
Máté Marosvölgyi bei der Arbeit: „Es gab immer jemanden in der Familie, der eine Nähmaschine hatte.“
Máté öffnet strahlend die Tür und bittet uns herein. Noch bevor wir sitzen, bekommen wir Himbeerlimonade angeboten. Fast fällt man über das herum liegende Kinderspielzeug. Wo, drängt sich die Frage auf, stellt dieser Mann die Taschen her? Die Frage beantwortet Máté ebenfalls lächelnd und öffnet die Tür zu dem kleinen, in eine Werkstatt umgebauten, Zimmer.
Máté wirkt nicht wie jemand, der stundenlang ruhig und konzentriert hinter einer Nähmaschine sitzen kann, viel eher versprüht er Energie. Umso erstaunlicher ist es, mit welcher Fingerfertigkeit und fast meditativer Ruhe er die Nähmaschine bedient. Die Frage, wie er zu den Taschen kam, überrascht ihn wenig: „In meiner Familie gab es immer eine Nähmaschine und jemanden, der sie bedient hat. Anfang, Mitte der Neunziger fing ich an, Sitz- und Klettergurte für mich und meine Freunde zu nähen. Damals war ich noch aktiver Bergsteiger.“
Als Máté dann als Fahrradkurier anfing und 1998 zu den Fahrradkurier-Weltmeisterschaften nach Washington D.C. fuhr, sah er das erste Mal eine Messengerbag: „Ich war begeistert davon und habe meinen eigenen Kurierrucksack sofort gegen solch eine Tasche getauscht.“ Kaum zurück in Budapest begann Máté damit, unter dem Namen Serpa solche Taschen herzustellen. „Mir schien der Schnitt der Taschen nicht übermäßig kompliziert und so fing ich einfach an. Ich habe keinerlei Fachausbildung oder ähnliches, aber mittlerweile 13 Jahre Erfahrung“ erklärt Máté lachend.
Ein Freund von frühester Jugend an.
Es geht nicht um Bequemlichkeit
Nachdem ein anderes ungarisches Unternehmen mit dem Namen Sherpa sich an Máté wandte, beschloss er, um Verwechslungen vorzubeugen, seine Taschen in Lupusbag umzubenennen: „Mein zweiter Vorname ist Farkas (Wolf), deswegen war der Name naheliegend.“
Die Taschen von Lupusbag sind wahre Kuriertaschen, praktisch, belastbar, gut nutzbar: „Bequemlichkeit stand für mich bei meinen Taschen nie an erster Stelle. Darum geht es bei Kuriertaschen einfach nicht“ spricht Máté aus eigener Erfahrung. Schnelles Auf- und Absetzen oder das Hineingreifen, ohne die Tasche absetzen zu müssen, sind Markenzeichen seiner Taschen. Vielleicht ist dies auch der Grund, warum diesen Taschen so sehr das Gefühl von Freiheit, Unabhängigkeit und selbstbestimmtem Leben anhaftet, überlegt Máté.
Máté benutzt für seine Taschen ausschließlich Kunststoff: „Kunststoff ist einfach am belastbarsten, manchmal überkommt es mich und ich nutze – vor allem für die Damenlinie – mal ein wenig Naturfaser, aber ich kehre immer wieder zu Kunststoffen zurück. Belastbarkeit ist einfach unverzichtbar für meine Taschen.“
Noch verkauft Lupusbag nur online. „Wenn es gut läuft, haben wir zum Ende des Jahres einen Laden in Kooperation mit Recycling Mission.“ Bis dahin aber fertigt Máté seine Taschen nur auf Bestellung an: „Ich habe kein Lager, in dem die Taschen auf Halde liegen, ich nähe nur dann eine Tasche, wenn ein Kunde sie bestellt.“ So seien zwar keine riesen Gewinne einzufahren, aber „ich kenne jeden Käufer meiner Taschen persönlich, ich kann das Leben meiner Taschen ein Stück weit nachverfolgen. Ich finde die persönliche Bindung und die handgefertigte Komponente sehr wichtig.“
Aus der aktuellen Saison.
Personalize it!
Neben der Tatsache, dass Mátés Taschen außer in der Grundform in fast nichts festgelegt sind und jeder Kundenwunsch versucht wird zu erfüllen, bieten die Taschen eine hervorragende Fläche für Airbrush. Beim Airbrush wird mittels hohen Drucks Spezialfarbe auf Flächen und Textilien gesprüht. Ein kompetenter Ansprechpartner für diese Kunstform ist Pál Szigeti. Seit nunmehr acht Jahren sprüht Pál auf alles, was sich anbietet. „Zuerst habe ich mich mit Graffiti versucht, aber das Hantieren mit den großen Dosen lag mir nicht“ gesteht Pál. Als gelernter Autolackierer lag dann der Schritt zur kleineren Airbrushpistole nah. „Die Möglichkeiten beim Airbrush sind fast unbegrenzt, es gibt fast keine Oberfläche, die nicht besprüht werden kann“ schwärmt er. Sogar Glas und Holz könnten so individuell verziert werden. Auch beim Detailreichtum sei lediglich das Originalbild maßgeblich: „Je größer und genauer das Original ist, umso genauer kann ich es mittels Airbrush umsetzen.“ So sind der Fantasie bei der neuen Tasche keinerlei Grenzen gesetzt.
Der Kreativität sind beim Airbrush keine Grenzen gesetzt.
Taschen (Máté Marosvölgyi):
www.lupusbag.hu
lupusbag@gmail.com
VII., Dob u. 18
(Eröffnung noch in diesem Jahr)
Airbrush (Pál Szigeti):
www.szigetiart.uw.hu
szigetiart@freemail.hu
Erfahrungsbericht
Ohne Übertreibung kann wohl gesagt werden, dass die Taschen von Lupusbag herausragend sind. Insbesondere ihre intuitive Benutzbarkeit macht den Reiz der Messengerbags aus dem Hause Marosvölgyi aus. Die Erfahrung zeigt, dass jede Innentasche am rechten Fleck sitzt, jede Schnalle genau dort schließt, wo sie soll und das Gefühl des nahenden Erstickungstodes, das sich sonst bei anderen Messengerbags beim Fahrradfahren durchaus einstellen kann, erfreulicherweise ausbleibt.