Nachhaltigkeit in ihrer wohl schönsten Form
Denkt man an Papier und Pappe fallen einem viele Dinge ein, vor allem wohl Leichtigkeit und Risse – Möbel gehören jedoch bei den wenigsten zu den ersten Dingen. Umso erstaunlicher ist es, dass der Designer János Terbe Mittel und Wege gefunden hat, Karton nicht nur als Verpackungsmaterial zu nutzen, sondern hochwertige Möbel und Designelemente daraus zu schaffen.
János Terbe: „Karton ist ein fantastischer Stoff, er ist bereits recycelt und kann auch wiederverwertet werden.“
Hört man János Terbe zu, merkt man eines sehr schnell: Der Mann lebt für seine Arbeit. Voller Leidenschaft berichtet der Designer, wie ihm die Idee zur Gestaltung von Möbeln aus Karton kam: „Eigentlich komme ich aus dem Bootsbau und habe sehr lange Boote entworfen. Ich habe es geliebt, aber mich hat immer gestört, dass die Materialien, mit denen ich arbeite, nicht nur nicht wiederverwertbar, sondern dass sie mitunter auch gesundheitsschädlich sind. Irgendwann habe ich dann entschieden, dass ich das nicht mehr machen möchte, da ich es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren kann.“ Im Jahr 2000 entschloss sich Terbe dazu, sich ein neues Aufgabenfeld zu suchen. „Ein guter Designer kann aus allen Stoffen etwas schaffen. Ich wollte aber, dass der Stoff mit dem ich arbeite sowohl recycelt als auch wiederverwertbar ist.“ Der Gedanke der Wiederverwertbarkeit spielte für ihn von Anfang an eine elementare Rolle. So ergab sich der Karton als Grundstoff fast von selbst.
Ohne Leim und Schrauben: Ein Sofa von KartonDesign.
Es begann mit einem Bilderrahmen
Das erste von ihm gefertigte Produkt aus Karton war ein Bilderrahmen. „Das Spannende ist“, erklärt Terbe enthusiastisch, „dass der Bilderrahmen um das Bild herum gebaut wird und komplett ohne Kleber oder Nägel auskommt“. Schnell entwickelte sich daraus die Idee, auch größere Objekte aus Karton zu fertigen. „Wichtig war mir vor allem, dass die Möbel von den Käufern selbst zusammengebaut werden können und leicht mit nach Hause zu nehmen sind.“ Sowohl die Bilderrahmen als auch die Regale kommen in flachen Paketen daher und können leicht in der Metro transportiert werden, „dies war mir beim Entwurf sehr wichtig“.
Doch spielten für Terbe auch noch zwei weitere Aspekte eine entscheidende Rolle: Nachhaltigkeit und der persönliche Bezug des Käufers zum Produkt.
„Karton ist ein fantastischer Stoff, er ist bereits recycelt und kann auch wiederverwertet werden“, sagt Terbe. Seine Möbel sind unbehandelt und kommen ohne zusätzliche Dekoration aus. Durch die Veränderung der Schnittrichtung ergeben sich neue Muster des Wellkartons und damit immer neue Gestaltungsmöglichkeiten für den Designer. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die Regale ebenfalls komplett ohne Leim, Kleber oder Schrauben auskommen. „Dies spielt auch bei der persönlichen Bindung für den Käufer eine wichtige Rolle.“ Denn so wird die Möglichkeit geschaffen, dass die Regale mit Leichtigkeit selbst zusammengebaut werden können. Und noch etwas: Die Regale sind unbeschränkt miteinander kombinier- und erweiterbar. Selbst bei Farben sind keine Grenzen gesetzt: „Da die Regale aus unbehandeltem Karton bestehen, können sie mit handelsüblicher Farbe nach Lust und Laune bemalt werden.“ Es scheint schier unglaublich, dass diese ausschließlich aus Karton bestehenden Regalkonstruktionen ohne Probleme jede Lexikonreihe tragen.
Doch nicht nur die Regale überraschen. Wer einmal auf den Sesseln oder Sofas Platz genommen hat, wird seine Vorstellung von Pappe neu überdenken müssen. „Vor etwa fünf Jahren kamen immer mehr Anfragen nach Sitzmöbeln, so begann ich auch in diese Richtung zu denken.“ Das Lamellendesign sollte sich als stilbildendes Element in diesem Bereich durchsetzen. „Auch bei den Sitzmöbeln haben wir eine Testreihe gestartet und Bekannte, von denen ich wusste, dass sie über ein gewisses Maß an Fingerfertigkeit verfügen, gebeten, die Lamellenmöbel selbst zusammenzubauen.“ Lachend gibt er zu, dass die Ergebnisse nicht allzu gut waren. „Wir haben uns dann dazu entschieden, die exklusiven Lamellenmöbel lieber hier im Haus manuell zusammenzusetzen. So ersparen wir dem Kunden unnötige Frustration beim Aufbau.“ Durch die Farbe des Sitzbezuges oder die Behandlung des Kartons mit Lasur können die Möbel individualisiert werden. „Aber prinzipiell ist die Farbe des Kartons sehr angenehm und kann ausgesprochen gut mit anderen Arten von Möbeln kombiniert werden“, erklärt Terbe.
Lampenkreationen aus Pappe.
Komplette Wohnung mit Kartonmöbeln
Erstaunlicherweise kann – bis auf das Bad – jeder Wohnraum komplett mit Kartonmöbeln ausgestattet werden. „Wir haben für einen Ideenwettbewerb in Paris mittlerweile sogar ein Bett entworfen. Kleiderschränke, Tische und Sitzmöbel hatten wir ja schon vorher im Programm.“ Auch Lampen und Dekorationsgegenstände gehören zur Produktpalette. „Besonders bei den Lampen und der Deko kommt die Strukturvielfalt von Karton zum Tragen“ erklärt Terbe seine Idee. So wird bei den Leuchten das kalte Neonlicht der Leuchtstoffröhren durch die Kartonummantelung zu einer anheimelnden und warmen Lichtquelle, die tolle Muster auf die Wände zaubert.
Designer Terbe legt viel Wert auf die Umweltverträglichkeit seiner Möbel, aber „die Besonderheit der Lampen, Vasen, Tische, Sitzmöbel und Dekoelemente ist, dass sie alle einzeln gefertigte Unikate sind, die mit viel Liebe kreiert wurden.“
KartonDesign
www.kartondesign.hu
ildiko@kartondesign.com
(Ildikó Kollerics)
+36-23/ 336-882
Szent István utca 102
2045 Törökbálint
Eine kleine Kostprobe für die Einfachheit des Regalsystems darf nicht fehlen. János Terbe nimmt ein hüfthohes Regal binnen 30 Sekunden ohne jedes Werkzeug auseinander. Auseinandergebaut und aufeinandergestapelt ist das ganze Regal 5 cm hoch und hat eine Grundfläche von 1 qm. Fast möchte man sagen, es passt bequem in jede Handtasche.