Irrungen und Wirrungen eines „Zuhälters“
Der Roman von László Végel, „Bekenntnisse eines Zuhälters“, ist der erste Band einer Trilogie. In dem Buch geht es um die „Memoiren“ des Erzählers Blue. Blue ist eigentlich Student und soll ein Referat zum Thema „Die Kunst ist lang, das Leben kurz“ schreiben. Doch kommt ihm dabei der Verdacht, es könnte vielleicht genau umgekehrt sein. Um an Geld zu gelangen, fotografiert der Student heimlich nackte Frauen. Das ganze führt er im Auftrag eines reichen Ingenieurs aus. Während dieser mit den Frauen schläft, fotografiert Blue die Liebesgespielinnen. Der Gedanke dahinter: Mit den Bildern sollen die Beischläferinnen zu erneutem Sex gezwungen werden. Nicht gerade ehrenwert, womit Blue sein Geld verdient.
Das Wort Zuhälter wird im Roman wohlweislich vermieden. Blue klingt zwar amerikanisch und verströmt den Hauch von Unterwelt, er tritt jedoch als Zweifler auf, der sich für sein Tun schämt. Deswegen auch „Memoiren“ statt „Bekenntnisse eines Zuhälters“. Végels Roman spielt in der Donaustadt Novi Sad, die heute zur Woiwodina in Serbien gehört. Bis zu den Kriegen Anfang der neunziger Jahre lebten in der Region zahlreiche Völker, darunter auch Ungarn. Der Autor selbst ist Angehöriger der ungarischen Minderheit in der Woiwodina – 1941 geboren. „Bekenntnisse eines Zuhälters“ erschien bereits 1967, gleichwohl ist der Roman bereits im Geist der 68–er Generation geschrieben.
Frauen, Alkohol und Geld – die wahren Dinge des Lebens
Im Mittelpunkt stehen die jungen Männer Merkurosz, Tornadosz, Hem, Pud und Blue. Sie haben es satt, sich um ihr Studium zu kümmern. Stattdessen sehnen sie sich nach den „wahren Dingen“ des Lebens: Frauen, Alkohol und Geld. Den gesellschaftlichen Werten begegnen sie hierbei mit Verweigerung. Auf die Liebe pfeifen sie. Für sie zählen nur der pure Sex und die Möglichkeit, damit Geld zu verdienen. Végels Roman stellt in unbeschwertem Tonfall das erstarrte Bild über die wilden sechziger Jahre auf den Kopf. Was am Ende jedoch bleibt, sind zahlreiche Fragen. Das Buch endet offen: Zwei Freunde rasen mit einem geklauten Wagen in den Tod, Blue kündigt seinen Zuhälter-Job und bricht mit seiner Freundin ins Unbekannte auf.
“Es lohnt sich nicht, sich in der Welt zu behaupten”
Was zurückbleibt sind Fragen: Waren die Unterschiede der beiden Systeme nicht viel geringer als sie dargestellt wurden? Wollten die Ideologen des Eisernen Vorhangs das nicht wahrhaben?
„Ich weiß nicht, was ich tun soll, und werde nie das machen können, was ich wirklich möchte. Man hofft nur, solange man blind durch die Welt läuft, im Zustand der Zufriedenheit, weil man sich vormachen kann, nichts tun zu müssen. Doch wenn man die Augen aufgemacht hat und tut, was man wirklich möchte, ziehen andere oder man selbst den Kürzeren. Man bezahlt dafür, samt Zinsen. Es lohnt sich deshalb nicht, sich in der Welt zu behaupten – es ist besser, weiter zu hoffen.“ Bleibt die Hoffnung, dass Teil zwei und drei der Trilogie schneller ins Deutsche übersetzt werden als Teil eins. Immerhin hat es nach der Ersterscheinung 44 Jahre gedauert. László Végel ist in jedem Fall eine Entdeckung und ein Name, den man sich merken sollte.
László Végel:
„Bekenntnisse
eines Zuhälters“
Matthes & Seitz, Berlin,
251 Seiten, 19,90 Euro
Aus dem Ungarischen
von Lacy Kornitzer