Müllverwertung mal anders
Im kleinen Designerladen Fregoli unweit des Kálvin tér sind die originellen, umweltfreundlichen und modischen Taschen der Designerin Ipek Türkoglu zu finden. Hier gibt es Geldbeutel, Handtaschen, Gürtel, Laptop Sleeves und Umhängetaschen in allen Größen aus Gummi, die interessante Namen tragen und mit kleinen extravaganten Details zum Kauf verführen. Die Budapester Zeitung sprach mit ihr über Umweltschutz, Ungarn und Kundenpräferenzen.
Designerin Ipek Türkoglu: „Müll gibt es genug, aber bevor ich ihn bekomme, wird er meistens entsorgt“
Mit etwas Verspätung, aber einem Lächeln auf den Lippen springt die schlanke Blondine von ihrem Fahrrad, entschuldigt sich und huscht in den Designerladen. „Ich bin gerade wieder aus dem Ausland zurück und muss unheimlich viel erledigen, weil ich auch schon bald wieder wegfahre“, erklärt Ipek und holt sich angesichts der Hitze erstmal ein Glas Wasser. Nachdem sie sich gesetzt hat, erzählt sie, dass sie eigentlich das Fahrrad zu dem gemacht habe was sie heute sei. Ihr Label „Balkantango“ entstand 2007: Sie stellte aus alten Lastwagenplanen und Langspielplatten Taschen her. Dann fand sie irgendwo Taschen aus Lastwagenreifen und sah später bei ihrem Fahrradhändler einen Stapel Fahrradschläuche. So begann sie 2008 damit, Taschen und andere Dinge auch aus Fahrradgummis herzustellen. Nach drei, vier Jahren konzentrierte sie schließlich ihre komplette Energie auf die Produktion mit Fahrradschläuchen.
Gegensätze ziehen sich an
Warum sie eigentlich genau mit dem Entwerfen von Taschen angefangen hat, weiß Ipek gar nicht mehr. Sie habe 2003 damit begonnen, in England neben der Universität zu arbeiten und nähte erst für Möbel Bezüge, später dann auch Vorhänge und Kissen. Dann versuchte sie sich auch bei anderen künstlerischen Tätigkeiten wie dem Töpfern, Kerzen gießen, Malen und der Herstellung von Keramik. Irgendwie kam sie dann zu Taschen, die sie aber noch aus Lederresten anfertigte, schließlich landete sie eben bei Gummi. „Ich denke, ich mag den Kontrast zwischen Müll und Design, auch weil er meiner Persönlichkeit entspricht“, sagt sie lächelnd, und erklärt, dass sie halb Bosnierin, halb Türkin und dennoch blond sei, eigentlich ein Widerspruch. Und auf diesem beruhe auch der Labelname „Balkantango“, denn wer könne sich schon Tango auf dem Balkan vorstellen, fragt sie.
Das Label „Balkantango” ist eine Erfolgsgeschichte.
Umweltschutz und Kreativität
Die Natur und ihr Schutz waren ihr schon immer wichtig, betont die junge Designerin. Sie erklärt, dass sich ihr Umweltbewusstsein durch die Wiederverwertung von Fahrradschläuchen nur noch verstärkt habe. „Inzwischen bin ich richtig ‘grün’, trenne meinen Hausmüll und achte mehr auf Umweltschutz“, erklärt sie und fügt hinzu, dass die Arbeit mit den Schläuchen sehr schmutzig sei, müssten sie doch gewaschen, aufgeschnitten und für die Verarbeitung vorbereitet werden. Dies ist langwierig, denn das Material muss einzeln bearbeitet und auch die Löcher müssen herausgeschnitten werden. Wenn trotzdem mal eins übersehen wird, bekommt die Tasche im fertigen Zustand einen Flicken, welcher die Einzigartigkeit des Stückes noch unterstreicht. Probleme gäbe es nur, den Müll zu besorgen. Viele Werkstätten verstünden einfach nicht, dass ein Anruf genügt und sie die Sachen abholt. Dieses Problem hat sie auch bei ihrem neuen Projekt, aus Lederresten Laptop Sleeves herzustellen. „Müll gibt es genug, aber bevor ich ihn bekomme, wird er meistens entsorgt“, sagt Ipek kopfschüttelnd.
Ihre Kreationen sollen in erster Linie die Wünsche der Kunden erfüllen. Immer wieder entwirft Ipek aber auch Taschen, die ihr persönlich besonders gut gefallen, selbst wenn sich diese auch nicht so gut verkaufen. Eines ihrer Lieblingsstücke ist eine etwas elegantere Damentasche. Ihre Kollektionen entstehen und wachsen übrigens ständig.
Die Bedeutung des Internets wurde ihr über die Jahre immer klarer und so hat sie neben den zwölf Geschäften in Budapest auch einen Onlineshop, der sehr gut läuft: Sie exportiert in über elf europäische Länder, darunter nach Deutschland, Österreich, Belgien, die Schweiz und in die skandinavischen Länder. Den Großteil ihrer Produktion verkauft sie ins Ausland. Den Standort Ungarn hält sie aber „aus persönlichen Gründen aufrecht. Ich fände es einfach schön, wenn „Balkantango“ zu einem Markenzeichen Ungarns würde und auch die Ungarn sich damit identifizieren könnten“, sagt Ipek lächelnd. Um ihr Label bekannt zu machen, setzt sie jetzt auf Internetbanner, eine neue Website und neue Bilder.
Anpassungen bei den Taschengrößen
Neben der Verbesserung des Verkaufs konzentriert sich die Designerin nun auch auf die Anpassung ihrer Taschen und das Kreieren von Rucksäcken und Bauchtaschen, die von ihren Kunden verstärkt nachgefragt werden. Bei ihren älteren Modellen möchte sie nun die Veränderungen auf dem Computermarkt einfließen lassen, sprich Taschen und Sleeves für Laptops mit 13 und 15 Zoll produzieren. „Als ich angefangen habe, war noch nicht abzusehen, dass es einen MacIntosh-Boom geben wird, und ich wollte noch eine Weile warten, bis sich das verfestigt hat“, erklärt sie. An der Form könne sie nicht viel ändern, die sei durch die Funktionalität vorgegeben, aber bei Geldbeuteln habe sie eine Weile mit den Kleingeldtaschen und Reißverschlüssen herumexperimentiert. Oft verlasse sie sich auch einfach auf die Rückmeldung von Kunden. Und die bekomme sie insbesondere von deutschen Verkäufern per Email regelmäßig, worüber sie sich sehr freue.
Alte Fahrradschläuche als Grundmaterial.
Fahrradtaschen eine Männerdomäne
Den Kollektionen gäbe sie immer Namen von Städten und Orten, die eine große Bedeutung für sie haben, auch müssen sie irgendwie zu den Stücken passen. Die zwei Hauptlinien sind Budapest und Istanbul, dazu kommen noch Vienna, Beograd und einige mehr. Das Gute an diesen Namen sei auch die Internationalität, denn man verstehe sie nicht nur in Europa, sondern auch in den anderen Teilen der Welt. Gekauft würden ihre Taschen zum Großteil von Männern, so ab 25 Jahren. „Wahrscheinlich liegt das zum Teil daran, dass Männer sich eher mit Fahrrädern identifizieren können und auch bereit sind, einen etwas höheren Preis dafür zu bezahlen. Frauen kaufen lieber mehrere Taschen, Männer sind schon mit einer zufrieden, die sie mögen“. Aus diesem Grund verkaufe sie fünfmal mehr Männer- als Frauentaschen, erklärt Ipek.
Fregoli
Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag 11 bis 19 Uhr
Samstag 11 bis 17 Uhr
V. Bástya utca 8-10
Tel./Fax:+36 1 266 25 43
www.fregolishop.com
www.balkan-tango.com