Berliner rundet Budapester Imbissangebot ab
Currywurstläden gehören zum Inventar deutscher Städte wie Bioläden und Dönerbuden. Davon ist Budapest heute allerdings noch weit entfernt. Vielleicht aber nicht mehr lange. Mit dem Schnellimbiss „Berlini Körivurszt“ hat die ungarische Hauptstadt seit Anfang Mai ihren ersten Currywurstimbiss. Möglicherweise folgen weitere unter diesem Namen.
Entstanden ist der Laden aus einer Kombination von geschäftlichem Kalkül und dem Currywurst-Appetit der Gründer. „Mit dem ungarischen Mann meiner besten Freundin, der aus Deutschland wieder zurück nach Ungarn übersiedelte, suchten wir hier nach einer geeigneten Möglichkeit, um geschäftlich etwas auf die Beine zu stellen“, erzählt der Berliner Thomas Jank, der schon seit über vier Jahren als Architekt in Budapest tätig ist. „Ja und dann war da noch mein Appetit auf Currywurst, den ich bisher aber leider immer bis zu meiner nächsten Reise nach Deutschland zügeln musste“, ergänzt er.
„Pizzas oder Gyros gibt es in Budapest in den unterschiedlichsten Ausführungen und Preislagen bald an jeder Straßenecke. Nur keine Currywurst!“, beschreibt Mitinhaber Csongor Tankovics die klaffende Marktlücke. Gedacht getan. Eine passende kleine Immobilie am Vámház körút zwischen Kálvin tér und Großer Markthalle war rasch gefunden. Ebenso eine verlässliche Bezugsquelle für die Würste. Allerdings nicht in Ungarn, sondern in Deutschland. „Bei der gleichbleibenden hohen Qualität, die wir unseren Kunden bieten wollen, können wir uns keine Experimente erlauben“, erklärt Jank, warum er nach einigen Sondierungsversuchen, die Idee aufgab, seine Würste aus „Kolbász-ország“ zu beziehen.
Architekt, Currywurstliebhaber und Jung-Gastronom Thomas Jank.
Ob es nicht zu umständlich und teuer sei, die Würste aus Deutschland zu importieren? „Nein, keinesfalls. Unsere Logistik steht jetzt und preislich sind die Würste auf Grund unserer bestellten Mengen absolut wettbewerbsfähig“, erklärt Jank. Die Verkaufspreise sprechen für sich: „Ein durchschnittlicher Gyros enthält nur etwa halb so viel Fleisch und kostet trotzdem doppelt so viel wie eine Wurst bei uns.“
Kein Unterschied zur Currywurst in Berlin
Die 100 Gramm schweren Würste von „Berlini Körivurszt“ können sich übrigens sehen beziehungsweise schmecken lassen und brauchen sich nicht hinter den in ihrer Heimat zubereiteten Würsten verstecken.
Bratwurst (mit Pommes)
– 440 Ft (600 Ft)
Nur Positives kann auch von der Curry-Sauce und den Pommes gesagt werden. Letztere schmecken übrigens so gut wie an einer deutschen Imbissbude. Und dass, obwohl die Rohpommes dafür ausnahmsweise aus Ungarn kommen. „Wie ist das möglich?“, wollen wir wissen. „Theoretisch könnten Pommes in jeder Imbissbude so gut schmecken wie bei uns. Es ist alles eine Frage der Zubereitung!“, erklärt Jank vielsagend.
Bockwurst (mit Pommes) *
– 340 Ft (550 Ft)
* mit Testgurke
Also: Top-Lage, Top-Preis und Top-Produkte – eines sogar ein Mo-nopolprodukt –, da dürfte dem geschäftlichen Top-Erfolg eigentlich nichts mehr im Wege stehen… Doch! Und zwar die fehlende Bekanntheit sowohl des Ladens als auch seiner drei Kernprodukte: Currywurst, Bockwurst und Bratwurst. Daran ändert nicht, dass sie im Laden sicherheitshalber als Körivurszt, Bokvurszt und Brátvurszt beworben werden.
Weil die Inhaber ihren geschäftlichen Erfolg natürlich nicht nur vom Zuspruch deutscher Expats und Touristen abhängig machen wollen und können, grübeln sie jetzt angestrengt darüber nach, wie sie eingefleischte Kolbász-ianer an die deutsche Wurstkultur heran-, sprich in ihren Laden hineinführen können.
Currywurst (mit Pommes)
– 390 Ft (600 Ft)
Aufklärung und Lockvögel
Neben der ungarnfreundlichen Transkription der Namen ihrer Kernprodukte setzen die beiden dabei insbesondere auf Aufklärung. So machen sie ihre Kunden gerne persönlich oder per Handzettel auf die Geschichte und das Besondere der drei Wurstsorten aufmerksam. Dabei erfährt man unter anderem, dass die Wiege von Curry- und Bockwurst in Berlin gestanden hat, der Name des Ladens also gerechtfertigt ist. Demnächst wollen die beiden Junggastronomen sogar noch raffinierter vorgehen und arglose ungarische Passanten mit Lockvögeln in Form deutlich bekannterer Hamburger in ihren Laden locken. Auch über gewisse Zugeständnisse an den ungarischen Geschmack wird nachgedacht. „Eine deutsche Wurst wird nicht schlechter, wenn neben ihr eine saure ungarische Gurke liegt“, erwägt Jank gnadenlos den Einsatz eines weiteren Lockvogels.
Bei so cleveren Geschäftsmethoden sollte dem Erfolg des Ladens dann aber wirklich nichts mehr im Wege stehen. Und damit der weiteren Expansion des Körivurszt-Konzeptes in Ungarn. Schon jetzt träumt Jank von einer regelrechten Körivurszt-Kette. Ein originelles Logo dafür gibt es immerhin schon. Auch den unerschütterlichen Willen zur Kette. Jetzt muss nur noch der ungarische Verbraucher mitspielen, damit aus dem „Paris des Ostens“ bald ein „Berlin des Ostens“ wird – zumindest mit Blick auf die Currywurstversorgung.
Berlini Körivurszt
1053 Budapest, Vámház krt. 14 (zwischen Großer Markthalle
und Kálvin tér)
Tel.: (+36-70) 945-4825
Mo-Do: 11-22 Uhr,
Fr-Sa: 11-01 Uhr