2011 wird unser erfolgreichstes Jahr
Der Budapester Flughafen hat neben einem neuen Namen auch endlich eine neue Wartehalle für Terminal 2 bekommen, die Budapester Zeitung berichtete über die Eröffnung. Über die weitere Entwicklung des Franz-Liszt-Flughafens und die Herausforderungen, denen sich ein Airport heute stellen muss, sprach die Budapester Zeitung mit Jost Lammers, CEO der Budapest Airport Zrt.
„Unser Flughafen hat eine fantastische Lage in der MOE-Region und ein enormes Entwicklungspotenzial.“
Herr Lammers, die neue Wartehalle des Terminal 2, der SkyCourt ist nun seit knapp drei Wochen in Betrieb. Können Sie eine erste Einschätzung geben?
Wir haben bisher nur positive Feedbacks bekommen. Das tut sehr gut. Normalerweise sind die Menschen nur bereit, sich für Kritik die Zeit zu nehmen und uns darauf hinzuweisen, was nicht gut läuft. Dass nun aber auch Passagiere und Fluggesellschaften aktiv auf uns zukommen und uns für die gelungene Umsetzung des SkyCourt loben, ist eine angenehme Ausnahme.
Was wird besonders gelobt?
Insbesondere die Fluggesellschaften sind mit dem neuen verbesserten Ablauf des Security-Checks zufrieden. Aber auch allgemein wird das Design und die Nutzbarkeit gelobt. Ich glaube, ich bin nicht allein, wenn ich sage, wir können zufrieden sein. Wir warten aber mal den Sommer ab, traditionell die stärksten Monate. Aber auch da glaube ich, dass der Ton der Resonanz sich nicht wesentlich wandeln wird. Die neue Sicherheitskontrolle bringt uns Flexibilität. Zurückblickend war das einer der häufigsten Kritikpunkte neben dem Mangel an Geschäften und Restaurants. Dem konnten wir nun begegnen. Das wird nun sehr positiv bewertet.
Bleiben wir noch etwas beim neuen SkyCourt. Wie hoch war die Gesamtinvestitionssumme und wie viel davon gingen in den SkyCourt?
Als wir 2006 die Leitung des Flughafens aus englischer Hand übernahmen, haben wir auch deren Verpflichtungen übernommen. Dazu gehörte auch, dass wir uns dazu verpflichtet haben, insgesamt 261 Millionen Euro in den Um- und Ausbau des Flughafens zu investieren. So wurde beispielsweise eine Security-Zone um den Flughafen geschaffen und ein neues Postverteilzentrum für die ungarische Post.
Neben Neubauten wurde sicher auch in die vorhandene Bausubstanz investiert?
Selbstverständlich. Als wir den Flughafen nach dem kurzen englischen Intermezzo übernahmen, stellten wir fest, dass vieles wirklich nicht mehr als zeitgemäß zu bezeichnen war. Das begann bei der Beleuchtung und ging bis hin zur IT. Ein Teil der Investitionen flossen also auch in die Instandsetzung beziehungsweise in die Erneuerung des Inventars. Aber auch die Renovierung war und ist wichtig für uns. Wir werden auch die an den SkyCourt angrenzenden Bereiche mit den Abfluggates unmittelbar einer Renovierung unterziehen, um eine Angleichung an das Niveau des SkyCourt herzustellen. Dafür haben wir insgesamt ungefähr 20 Millionen Euro veranschlagt.
Wie gestaltet sich der Umbau konkret?
Der Umbau der Terminals 2A und 2B hat bereits begonnen. Die Fläche des bisherigen Duty-Free-Shops ist durch den Umzug des Heinemann-Shops in den SkyCourt frei. Wir arbeiten daran, eine seit langem gewünschte neue Lounge für Lufthansa und die Star Alliance-Carrier zu verwirklichen. Sie wird ungefähr 170 Quadratmeter groß. Da entsteht eine Art wandernde Baustelle, damit die Abflugbereiche weiter genutzt werden können. In zwölf Monaten wird das Bauprojekt Renovierung 2A und 2B abgeschlossen sein. Den Bau der neuen Lounge in 2A haben wir beschleunigt, sodass dieser im Sommer 2011 bereits in Betrieb gehen wird.
Wie steht es um die angrenzenden Flächen des Flughafens?
Wir haben eine Cargo-City geplant. Es wurde lange Zeit fast überhaupt nicht in Cargo-Gebäude investiert. Diesen Rückstand wollen wir nun aufholen, vom Vorstand haben wir dazu bereits grünes Licht bekommen. Auch hier werden ungefähr 15 bis 18 Millionen Euro verbaut werden.
Gibt es dazu konkrete Pläne?
Ja, Flächen- und Nutzungspläne sind vorhanden. Wenn alles wie geplant läuft, sollte der erste Spatenstich noch Ende dieses Jahres sein. Angepeilt haben wir die Fertigstellung des ersten neuen Gebäudes für die Cargo-City für den Sommer 2012. Dabei geht es hier um eine Gesamtfläche von circa 12.000 Quadratmeter, wovon der Großteil Lagerflächen sind. Daneben entstehen noch Be- und Entladungsflächen sowie Büros.
Sprechen wir über die Ausschreibungsverfahren. Wie haben Sie das Ausschreibungsverfahren für den SkyCourt empfunden?
Beim Projekt SkyCourt haben wir gesehen, dass starker Wettbewerb vor allem aus Ungarn und Österreich kam. Von dort erreichten uns die meisten Angebote. Am Ende hat sich die ungarische Firma KÉSZ durchgesetzt. Das ganze Verfahren ist sehr strukturiert und transparent verlaufen und hat einen wirklich guten und seriösen Wettbewerb erzeugt.
Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit der Baufirma empfunden?
Ich bin von den positiven Ergebnissen der Zusammenarbeit mit der KÉSZ absolut überzeugt und beeindruckt. Wir können uns entgegen manchen Zweiflern absolut auf die lokale Baubranche verlassen. KÉSZ stand ein von uns gestelltes Experten-Team an Ingenieur- und Projektmanagement zur Seite.
Also haben Sie das ganze Bauvorhaben vertrauensvoll in andere Hände gegeben?
Bei weitem nicht! In den letzten zehn Monaten des Baus des SkyCourt gab es monatlich eine Sitzung und Baustellenbegehung mit dem Topmanagement des Flughafens und der Firma KÉSZ. Wir haben dann gemeinsam das Vorankommen des Baus besprochen, haben die Baustelle in Augenschein genommen und Probleme und Lösungen erörtert. Diese Zusammenarbeit war für mich ein Schlüsselelement für die gemeinsame erfolgreiche Abwicklung des SkyCourt. Ein Bauvorhaben unterschreiben und dann nicht hinschauen, funktioniert nicht.
Wer hat das Design für den SkyCourt entwickelt?
Bereits im Zuge der Privatisierung 2006/2007 sind die Entwicklungsoptionen in Zusammenarbeit mit dem ungarischen Architekten Zoltán Tima erarbeitet worden. Insofern war es naheliegend, für das Design und die bauliche Realisierung den gleichen Architekten zu beauftragen.
Gibt es beim SkyCourt architektonische Besonderheiten?
Ja, denn es ist gelungen, die Außenhülle komplett abzukoppeln von den inneren Gebäudeteilen. Das heißt, wir haben im Inneren des Gebäudes komplett freie Hand. Die Statik bleibt von der inneren Gestaltung der Wände unberührt, wir können die Wände dort einsetzen, wo wir wollen. So können wir uns funktional immer wieder neu orientieren. Kommt beispielsweise eine neue Airline mit neuen räumlichen Anforderungen, so können wir darauf reagieren, ohne uns um die Statik sorgen zu müssen oder große bauliche Veränderungen vornehmen zu müssen.
Apropos Airlines: in diesem Bereich hat sich viel getan in letzter Zeit auf Ihrem Flughafen. Welche neuen Airlines sind vertreten?
Da hat sich wirklich viel getan, wir haben eine neue Marketing-Strategie entwickelt und haben intensiv an deren Umsetzung gearbeitet. Qatar fliegt mittlerweile täglich über uns, American Airlines und Jet 2com ebenfalls. Als Flughafen sind wir natürlich genauso von der Weltwirtschaft abhängig wie die Fluggesellschaften. Aber das Gute ist: Nach Krisen kommt der Aufschwung umso stärker, da der Luftverkehr eine echte Wachstumsindustrie ist. Wenn es so gut weiter läuft, wie das Jahr begonnen hat, wird 2011 unser erfolgreichstes Jahr hinsichtlich der Passagierzahlen.
Worauf führen Sie diesen positiven Trend zurück?
In Zeiten der Krise ist es schwer, Kurs zu halten und weiter zu investieren. Wir haben mit viel Augenmaß die Dinge weiter vorangetrieben. Insbesondere die letzten Wochen haben gezeigt, wir haben es richtig gemacht. Wir erwarten in diesem Jahr sechs bis sieben Prozent Zuwachs bei den Passagierzahlen. Das hieße, dass wir von 8,2 Millionen Passagieren im letzten Jahr eine Steigerung auf 8,7 Millionen Passagiere erwarten. Das wäre unsere bisherige Bestmarke.
Wie groß ist das Einzugsgebiet für den Budapester Flughafen?
Es gibt viele Passagiere, die sich etwa zwischen Wien und Budapest entscheiden können. Diese Passagiere müssen wir für uns gewinnen. So haben wir mit dem Home-Carrier Malév einen Shuttle-Service eingerichtet, mit dem Passagiere aus entfernten Gebieten abgeholt werden. Dieser Service wird von den Kunden gern angenommen. Letztendlich sind es aber das Flugangebot und die attraktive Ticketpreise die eine Entscheidung des Passagiers maßgeblich beeinflussen.
In Budapest sind auch sogenannte Billigflieger vertreten. Wie schätzen Sie deren Rolle ein?
Der Flughafen Budapest ist ein echter „Vollsortimenter“, wir wollen unseren Passagieren ein starkes Angebot in allen Segmenten bieten: klassische Full-Service- und Netzwerk- Airlines, Langstreckenflüge, Charter und eben auch Low-Cost Airlines. Daher ist auch ein gutes Low-Cost Produkt sehr wichtig.
Wo sehen Sie neue Chancen für den Franz-Liszt-Flughafen?
Unser Flughafen hat eine fantastische Lage in Zentral- und Osteuropa und ein enormes Entwicklungspotenzial. Budapest und Ungarn kann noch viel mehr aus diesen Möglichkeiten machen. Das sogenannte Destination-Marketing sollte noch viel mehr Ungarn als Tourismusziel vermarkten. Zudem sehe ich ein starkes Wachstum für Luftfracht und Logistik. Aufgrund fehlender Investitionen in den Flughafen in der Vergangenheit ist viel Export- und Importfracht auf die Straße verlegt und nach Wien, Frankfurt und Amsterdam transportiert und in die Welt geflogen worden. Diese Warenströme werden schon sehr bald nach der Fertigstellung unser Cargo- und Logistikgebäude direkt bei uns am internationalen Liszt Ferenc Flughafen abgefertigt.
Die Zukunft nimmt Gestalt an: Die Pläne zum weiteren Umbau des Flughafens warten auf ihre Umsetzung.