„Mein Stil ist zur Mode geworden“
Auf der sonnigen Einkaufstraße Váci utca im Herzen der Budapester Innenstadt liegt – fast versteckt – der kleine, aber feine Designerladen Lollipop Shop. Hier findet man außergewöhnliche Kleidung für Männer und Frauen von verschiedenen Designern, bunte und verrückte Accessoires und ab und an auch Bilder und Musik. Besitzer und Designer Albert Bezzeg kann man dort während der normalen Öffnungszeiten antreffen und mit ihm über Mode, Underground und die Zukunft philosophieren.
Wie sind Sie zum Design gekommen?
Ich habe eigentlich keine Ausbildung dazu, sondern habe etwas ganz anderes gelernt. Jedoch hatten meine Großeltern und Eltern ein Modegeschäft. Also bin ich im Grunde mit Nähmaschinen, Webstühlen und Kurzwaren aufgewachsen, auch wenn ich mich selbst nie damit beschäftigen wollte. Trotzdem bin ich dann bei der Mode gelandet, wenn auch mit einem anderen Aspekt. Interessiert hat sie mich seit meinem 16. Lebensjahr, wenn es mir auch damals nur darum ging, dass ich nicht das Gleiche wie alle anderen tragen und aus der Menge hervorstechen wollte. Ich wollte den Sachen einen besonderen Kick, einen Wiedererkennungswert geben. Entstanden ist das Label Lollipop mit Hilfe meiner damaligen Freundin, die Ahnung von Mode hatte, und aus dem Underground-Musikleben.
Underground-Musikleben?
Ja genau. Ursprünglich haben wir unter der Marke Lollipop Musik gemacht, Konzerte geplant und DJ-Partys organisiert, halt eben Underground und nicht Mainstream. Für die Auftritte haben wir dann auch angefangen, eigene Kleidung zu entwerfen, zum einen, weil es das, was uns gefallen hätte, nicht gab, und zum anderen, damit wir aus der Menge hervorstachen und nicht immer mit den gleichen Sachen auf der Bühne stehen mussten. Als DJ sollte man auf jeden Fall einen Wiedererkennungswert haben. Nachdem dann den Leuten unsere Klamotten gefielen, sie uns nach den Konzerten belagerten, wo wir die Sachen her hatten, begannen wir, unsere Entwürfe auch herzustellen und zu vermarkten. Und das läuft seit 2005 sehr gut.
Wie würden Sie Ihren Stil beschreiben?
Er ist irgendwo zwischen elegant, casual und sportlich. Ich mache Männerkleidung, die dem Träger eine “ist-mir-egal-Attitüde” verleihen. Die mir einfach selber gefallen und auch gleichzeitig das
Großbürgertum herausfordern. Magazine, Trends und andere Designer interessieren mich nicht. Damals, als wir anfingen, war das eine große Sache. Jetzt sieht es für mich so aus, als wäre mein Stil allgemein Mode geworden, fast alle tragen ihn. Und er ist ja auch für viele verschiedene Menschen, ohne Altersunterschiede, tragbar. Irgendwie ist das gut und irgendwie auch nicht; gut fürs Geschäft, aber damit wird daraus auch Mainstream.
Und seit wann gibt es den Laden?
Inzwischen seit drei Jahren. Er hat eine gute Lage, dadurch verirren sich neben den Ungarn auch immer mehr Ausländer hierher. Und diese sind auch etwas weiter mit Mode als die Ungarn. Sie sind viel experimentierfreudiger, haben mehr Mut und kaufen viel von meinen Entwürfen. Im Moment will ich den Laden mal wieder renovieren lassen, etwas erneuern, aber das hat noch Zeit. Lollipop gibt es allerdings nicht nur hier, sondern auch im Retrock, ein-zwei weiteren ungarischen Läden und in einigen ausländischen, zum Beispiel in Berlin, London und Wien. Allerdings bestellen die Besitzer der Geschäfte nicht immer regelmäßig, alle zwei, vier, sechs Monate, aber im Großen und Ganzen wenigstens jedes halbe Jahr.
Gibt es im Laden nur Lollipop-Kreationen?
Nein. Ich gebe auch anderen jungen und talentierten Modede-
signern die Möglichkeit, bei mir ihre Kreationen zu verkaufen. Deshalb gibt es noch B.Kund, Acid N’Zorro, Feelinkita, Xthismo, Chobopop und Dogstar. Von ihnen ist nicht immer viel im Laden, aber zwei, drei Entwürfe sind meistens zu finden, oft gibt es sie in Ungarn nur im Lollipop Shop. Ich finde es schön, junge Designer am Anfang ihrer Karriere unterstützend unter die Arme zu greifen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich zu präsenteren. Insbesondere dann, wenn ich in ihren Kreationen Fantasie und Einzigartigkeit sehe. Außerdem funktioniert der Laden auch wie eine kleine Galerie. Seit vergangenem Frühling fanden immer wieder Ausstellungen hier statt. Die nächste wird am 21. April eröffnet. Auch andere Happenings wie DJ-Abende und Live-Musik organisiere ich bis heute.
Wie designen Sie?
Da ich keine Ausbildung genossen habe, überlege ich mir im Grunde einfach, was ich selbst gerne tragen würde. Dann habe ich davon ein Bild im Kopf und entwerfe eine Skizze. Bevor es dann produziert wird, probiere ich am Schnittmuster noch herum. Ideen habe ich viele, davon werden allerdings nur 15 bis 20 Prozent wirklich produziert. Deswegen habe ich viele Einzelstücke, die mir dann vielleicht doch nicht hundertprozentig gefallen habe, die aber trotzdem ohne Probleme verkauft werden. Von den anderen Entwürfen lasse ich mit Hilfe einer Schneiderin etwa 25 Stück herstellen, die allerdings nur in einer Größe zu haben sind. Bei Stoffen bin ich auch nicht so wählerisch, die Hauptsache ist, sie gefallen mir. Deshalb benutze ich neben natürlichen Stoffen wie Baumwolle auch Kunstfasern, Seide hatte ich bisher noch nie. Es geht mir nicht um Modefarben oder Superstoffe, ich will niemandem etwas recht machen.
Und wie oft kommt Neuware in den Laden?
Eigentlich jede Woche. Es gibt keine Kollektion, ständig entsteht etwas Neues. Natürlich passe ich mich an die Jahreszeiten an, aber es kann trotzdem auch vorkommen, dass ich im Winter Sommerkleidung mache. Da ist ja Silvester und dann passt das wieder. Accessoires plane ich eigentlich nicht, verkaufe aber welche von anderen oder eben Sachen, die mir gefallen und die ich toll finde.
Was planen Sie für die Zukunft?
Einen gut funktionierenden Online-Shop und noch in ein paar Läden im Ausland ständig vertreten zu sein. Deutschland wäre nicht schlecht, Berlin oder München. Bei Facebook bin ich schon online, wo jeder meine neuen Sachen sehen kann. Aber ein Internet-Shop wäre schon toll.
Lollipop Shop
V. Váci utca 45.
Tel.: +36 70 626 22 33
Geöffnet: Montag bis Samstag
12 bis 19 Uhr
Webseite:
www.lollipopfactorybudapest.com
Email: factory.lollipop@gmail.com
Ganz schön bunt: Im Lollipopshop gibt es neben Mode auch Kunst, Accessoires und Musik.