„Wir sind in diesem Jahr bisher gut unterwegs!“
Satte Zuwachsraten und gute Geschäftsaussichten: Thomas Schauer, Geschäftsführer der Gebrüder Weiss Kft., hat derzeit keinen Grund zu klagen. Gegenüber der Budapester Zeitung beschreibt er, worauf sich sein Optimismus gründet.
Nachhaltiges Wachstum: Geschäftsführer Thomas Schauer blickt zuversichtlich in die Zukunft seiner Firma.
Wie war das erste Quartal 2011?
Wesentlich stärker als das erste Quartal 2010. Wobei man aber der Ehrlichkeit halber hinzufügen muss, dass dieses noch ein sehr schlechtes war. Erst ab dem zweiten Quartal 2010 ging es in der Transportbranche – und dadurch auch bei uns wieder so richtig bergauf. Sowohl 2009 als auch im ersten Quartal 2010 gab es noch große Überkapazitäten bei Lagern und LKWs. Diese Situation hat sich jetzt komplett gedreht. Bei LKWs gibt es inzwischen sogar schon wieder einen Engpass. Ähnliches hatten wir zuletzt 2007, als die Konjunktur in Ungarn brummte.
Sie spüren also schon etwas von einer Konjunktur?
Durchaus! Noch speist sie sich aber sehr stark vom Optimismus der für uns sehr wichtigen Exportbranche, die der positiven Auftragslage auf dem deutschen Markt folgt. Der Exportbereich hat sich schon wieder komplett erholt. Auch der Import ist wieder auf halbwegs vernünftigem Niveau. Und sogar beim Binnenkonsum gibt es wieder bei etlichen Produktgruppen gute Zuwächse.
Welche Produktgruppen sorgen beim Außenhandel für Zuwächse?
Vor allem Hightech und Automotive. In diesem Jahr konnten wir für Continental ein Reifenlager in Mosonmagyaróvár eröffnen. 25 Mitarbeiter decken im neu gebauten 16.000 Quadratmeter großen Lager sowohl Ungarn als auch Österreich mit Reifentransporten innerhalb von 24 Stunden flächendeckend ab.
Welchen Anteil haben Industriegüter?
Im Inland machen sie etwa ein Drittel aus. Konsumgüter sind hier für etwa 70 Prozent der Transportmenge verantwortlich. Bei unserem Auslandsgeschäft dominieren jedoch mit 80 Prozent ganz klar die Industriegüter. Insgesamt haben Industriegüter damit an unserem Umsatz einen Anteil von etwa 60 Prozent. Das heißt aber auch, dass unsere guten Geschäftszahlen nicht nur der deutschen Konjunktur geschuldet sind, sondern zunehmend auch dem ungarischen Binnenkonsum.
Weil er angezogen hat oder weil Sie mehr Kunden aus diesen Bereich gewinnen konnten?
Derzeit wachsen wir hier insbesondere über neue Kunden und Innovationen. Das Auftragsvolumen von unseren Bestandskunden war leider konstant und teilweise sogar rückläufig.
Wie gewinnen Sie neue Kunden?
Nur eine Palette von A nach B befördern, das können heutzutage viele. Im Wesentlichen können sich die Anbieter dabei nur noch über den Preis differenzieren. Deswegen muss man mehr bieten. Etwa seltene Destinationen, tägliche Abfahrten für ganz Europa, eine besondere Qualität oder spezielle Produkte. In Sachen Destinationen bieten wir etwa unsere nahtlose Organisation in der Balkanregion, verbunden mit gutem, lokalen Zoll-Knowhow. Bei Qualität punkten wir unter anderem mit unserem EDV-System im Hintergrund, mit welchem wir beispielsweise eine Scannung bei der Abholung und die Ein-Auslagerung durchführen. Somit kann der Kunde via Track & Trace jederzeit nachverfolgen, wo sich sein aufgegebenes Frachtgut gerade befindet. Das können bisher nur eine handvoll Anbieter auf dem Markt. In Sachen Innovation und spezielle Produkte haben wir soeben unser neues Produkt GW pro.line gestartet.
Was beinhaltet dieses Produkt?
Dieses Produkt ist etwas Neues auf dem Speditionsmarkt. Darunter zu verstehen ist eine Produktlinie mit einem standardisierten Leistungsangebot. Zu den Basiskomponenten gehören definierte Haus-zu-Haus-Laufzeiten, tägliche Abfahrten, Sendungsverfolgung via Track & Trace, Ablieferbeleg im Internet und Monitoring der Kundenlaufzeit. Wir haben eine Karte mit Zonen, auf der genau festgelegt ist, wie lange ein Transport dauert. Ebenso transparent und leicht nachvollziehbar sind auch die Kosten. Der neue Service richtet sich an Geschäftskunden – vor allem aus dem KMU-Bereich – und berücksichtigt auch kleinere Sendungen ab 30 Kilogramm. Er empfiehlt sich besonders für grenzüberschreitende Sendungen.
Wie kann man sich Ihr Netz vorstellen?
Als eine nahtlose Organisation mit einem einheitlichen System in allen Ländern, wo GW sitzt. Wo wir nicht selbst sind, haben wir langjährige Partner mit denselben hohen Leistungsansprüchen. Neu beim Produkt pro.line ist, dass wir ganz Europa in Regionen aufgeteilt haben. Egal, wohin die Sendung geht, wird sie am Abholtag weiterverladen: entweder direkt oder über eine Plattform in einer dieser Regionen. In diesem System ist beispielsweise Ungarn für Mitteleuropa verantwortlich. Von unserer Zentrale in Dunaharaszti gehen täglich 15 direkte Sammelgutlinien in die Nachbarländer raus, für welche wir unter anderem auch von GW Österreich, Schweiz und Deutschland Sendungen erhalten.
Wie wichtig ist das neue Produkt für Ihren Umsatz?
Für diesbezügliche Aussagen ist es noch zu früh. Wir haben den Service ja erst am 1. März zeitgleich in allen unseren europäischen Landesorganisationen gestartet. Ein Interesse von der Kundenseite ist auf jeden Fall vorhanden. Und egal, wie hoch der Beitrag von GW pro.line an unserem Umsatz letztlich sein wird, der Service ist auf jeden Fall ein wirksames Instrument zur Erhöhung unserer Kundenbindung. Wir können bestehende Kunden jetzt auch in Bereichen bedienen, in denen sie bisher gezwungen waren, sich an einen anderen Dienstleister zu wenden. Davon haben beide Seiten etwas: Der Kunde mehr Komfort, da er weniger splitten muss, und wir ein wenig mehr Geschäft. Auch mit Blick auf die Neukundengewinnung setzen wir große Hoffnungen auf GW pro.line. Unser Name wird bekannter und wer durch diesen Service erst einmal zu uns gestoßen ist, nutzt uns vielleicht auch für größere Aufträge.
Wie ist Ihre Prognose für 2011?
Wir sind optimistisch. Und nicht unbegründet: Bisher sind wir gut unterwegs und liegen weit über dem Plan. Insgesamt rechnen wir für 2011 mit einem Umsatzzuwachs gegenüber 2010 von 10 Prozent. Das Schöne ist, dass die aktuelle Dynamik recht nachhaltig ist und auf breiter Basis ruht. Überall tut sich etwas!
Wie gehen Sie mit dem hohen Treibstoffpreis um?
Die daraus resultierenden Kosten müssen wir weitgehend an unsere Kunden weitergeben. Der Ausschlag nach oben ist einfach zu gewaltig. Wenn man sich einmal vorstellt: Die Treibstoffpreise liegen gegenwärtig etwa 20 Prozent über dem Niveau vom dritten Quartal 2010. Zum Glück ist in den Verträgen auf unserem Markt etwa seit 2007 eine Treibstoffklausel Standard. Diese garantiert zwar keine automatische und vollständige Weitergabe von zwischenzeitlich erhöhten Treibstoffkosten, aber sie erleichtert die diesbezüglichen Verhandlungen mit den Kunden. 2009, auf dem Höhepunkt der Krise, als die Treibstoffpreise gewaltig nachgaben, konnten dank der in diesem Punkt flexibilisierten Verträge auch die Kunden von diesem System profitieren.
Wie haben Sie auf die durch Änderungen in den Steuergesetzen erfolgte überraschende Senkung der Nettolöhne von Geringverdienern reagiert?
Wir haben natürlich sofort gehandelt und die Löhne der betroffenen Mitarbeiter entsprechend angepasst, um diesen Effekt zu neutralisieren. Ganz wichtig war uns auch eine klare Kommunikation. Wir wollten unseren Mitarbeitern unmissverständlich klarmachen, dass nicht etwa wir etwas falsch gemacht hatten, sondern dass die Entwicklung etwas mit dem Steuersystem zu tun hat. Wir konnten die falsch gesetzten Erwartungen nicht einfach ignorieren. Immerhin hieß es ja am Anfang von Regierungsseite, dass durch die Änderungen im Steuersystem jeder mehr verdienen werde.
Noch immer gibt es auf Ihrem Markt bedeutende Überkapazitäten bei Lagern.
Durchaus. Das drückt natürlich die Preise. Viele kämpfen mit diesem Problem und sind gezwungen, die Eigentümer ihrer Lager zu besseren Mietkonditionen zu drängen, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben. Für uns stellt sich das Problem nicht in dieser Form, da wir zugleich auch Eigentümer unseres Logistikzentrums in Dunaharaszti sind. Allerdings kommt es schon einmal vor, dass wir bei besonders niedrigen Preisvorstellungen ein Geschäft sausen lassen müssen. Lieber lassen wir aber eine Lagerfläche leer, als sie mit Verlust zu füllen. Wenn es um reine Lagertätigkeit geht, sind wir vielleicht auch nicht der richtige Ansprechpartner. Wir kommen eher zum Zug, wenn Kunden einen hohen Automatisierungsgrad, hohe Qualitätsstandards und Mehrwertlogistik brauchen.
Wie zufrieden sind Sie mit der Wirtschaftspolitik der Regierung?
Abgesehen von dem Ausrutscher mit den Löhnen kann ich nicht klagen. Unsere Branche wird weder durch spezielle Maßnahmen der Regierung belastet noch habe ich davon gehört, dass etwas Derartiges bevorstünde. Ich hoffe, dass sich an der fairen Haltung unserer Branche gegenüber auch weiterhin nichts ändert. Bezüglich des für 2013 angekündigten LKW-Mautsystems hoffe ich, dass sich die Nutzungsgebühren im normalen Kostenrahmen bewegen werden. Um die Standortattraktivität Ungarns nicht zu gefährden sollten sie nicht höher ausfallen als beispielsweise in der Slowakei.