„Mut, Selbstsicherheit und Geschmack“
Ein versteckter, heller Laden in der Nähe des Budaer Burgberges, der durch sein nettes Ambiente einlädt zu verweilen und in den vielen verschiedenen Kleidungsstücken zu stöbern. Hier ist das Label Nanushka von der Designerin Sandra Sándor zu Hause. Trotz Renovierungsstress und Kleider Entwerfen hat sie lächelnd Zeit für ein Gespräch über Mode, Inspiration und das Ausland.
Sandra Sándor, mit Spitznamen Nanushka bei der Arbeit.
Wie sind Sie zum Design gekommen?
Irgendwie über meine Mutter, sie hat sich mit Kinderbekleidung beschäftigt. Bei mir war es nicht so klar, ob ich das auch machen möchte, das hat sich mit der Zeit so entwickelt. Ich bin kein klassischer Designer. Ich war sogar schlecht im Zeichnen, aber in der Mittelschule habe ich dann den Entschluss gefasst, es zu versuchen. Da ich als Kind mit neun Jahren in Portugal auf einer amerikanischen Schule war, hatte ich die Möglichkeit, im Ausland zu studieren. Das tat ich dann auch. Ich ging für vier Jahre an das London College of Fashion und machte meinen Abschluss 2006.
Und was kam danach?
Danach ging eigentlich alles ganz schnell. Ich habe meine Diplomarbeit von 2006, Spring Summer SS2006, weiter entwickelt und zu einer Kollektion ausgebaut. Dann hat ein amerikanischer Zwischenhändler meine Arbeit gesehen und sich der Sache angenommen. Er vertritt mich inzwischen bei zehn Läden in den USA und sichert mir eine große Nachfrage für meine Designs.
Sandra beobachtet ihre Mitarbeiter beim Aufhängen des Vorhangs:
„Wow, das sieht echt gut aus!
Das ist ein toller Stoff“. Zurückgewandt entschuldigt
sie sich: „Tut mir leid, für die Unterbrechungen, aber ich bin so aufgeregt wegen der Renovierung.“
Wie würden Sie Ihren Stil beschreiben?
Es gibt darin vier fundamentale Grundzüge, sozusagen Grundpfeiler: Bequemlichkeit, Funktionalität, Verspieltheit und Tradition. Die habe ich schon in meiner Diplomarbeit verfolgt und diese ziehen sich in einer gewissen Weise durch alle meine Kollektionen. Sie vermischen sich, ändern sich etwas, bleiben aber trotzdem bestehen und sichtbar. Im Moment nutzen wir Elemente des Ethno und Folk, die sich in der neuen Kollektion verbinden.
Und wie äußert sich das in Ihren Schnitten und Stoffen?
Wir benutzen viele Kontraste, machen zum Beispiel aus Baumwolle ein Sakko, spielen mit den Schnitten und versuchen, das Konventionelle etwas umzudeuten. Die Traditionen lassen uns auf Altes zurückgreifen, die Verspieltheit gibt dem Kleidungsstück das gewisse Extra. Bequemlichkeit und Funktionalität sind mir persönlich sehr wichtig. Man sollte sich in seiner Kleidung wohl fühlen. Deswegen nutzen wir auch eher Naturfasern, Baumwolle, Leinen, Seide oder eben moderne Active-wear-Stoffe, die zwar synthetisch, aber auch durch kleine Kniffe im Schnitt angenehm zu tragen sind.
Der neu renovierte Laden im neuen Glanz.
Wie stellen Sie eine neue Kollektion zusammen?
Die Inspiration dazu kann vielfältig sein. Ich entwerfe zusammen mit Eszter die Kleidung, aber auch meine anderen acht Mitarbeiter sammeln bei unseren vielen Reisen Ideen, machen Photos, blättern durch alte Modebücher, schauen im Internet, lesen Mode-Blogs und gehen zu Stoffausstellungen. Da kommt am Ende Einiges zusammen. Dann überlegen wir, wie viele Jacken, Röcke, Oberteile wir brauchen, legen Motive fest, suchen zum Thema einen passenden Stoff, probieren herum und verbinden das Ganze dann. Im Grunde ist es Teamwork.
Gruppieren sich Ihre Kollektionen um ein Thema?
Nein, nicht wirklich. Es gibt immer wiederkehrende Motive, die wir von beliebten Kleidungsstücken übernehmen, aber ein gemeinsames Motto gibt es nicht. Mir wäre ein einziges Thema auch viel zu langweilig. Meine Kleidung ist sehr variabel und spricht viele unterschiedliche Menschen an. Wir haben kein einziges charakteristisches Motiv, das die Kollektion vereint, sondern mehrere, meistens drei Motive, die wiederkehren. Das ist auch eine größere Herausforderung, wenn man mit vielen Leitgedanken arbeitet.
Wie viel produzieren Sie von einer Kollektion? Stellen Sie auch Einzelstücke her?
Bei den Kollektionen lassen wir zwischen 50 und 250 Stück pro Kleidungsstück nähen, die sich in Größe und auch Farbe unterscheiden. Da, wie schon erwähnt, die USA ein wichtiger Abnehmer sind, haben wir Größen von XS bis XL. Am Anfang haben wir auch zwei bis zehn Einzelstücke angefertigt, aber jetzt haben wir keine Zeit mehr dazu.
Wie sieht es mit Europa aus?
Hier gibt es leider noch keinen einzigen eigenen Laden nur von uns. Dafür sind wir jedoch in Japan, Kanada, Frankreich, Italien und Russland in Designerläden vertreten. Das sind im Moment eher noch größere Regionen wie die USA, der Nahe Osten und Asien, in denen wir vertreten sind. Ich hoffe aber, dass wir in Zukunft noch einige Länder mehr erobern können. Am liebsten wäre ich in allen vertreten. Allerdings hatte ich von Anfang an eine Webseite, auf der man auch bald online bestellen kann. Das wird den Durchbruch in Europa vielleicht erleichtern.
Seit wann besteht dieser Laden?
Seit der Anfangszeit 2005. Und das ist unsere erste Renovierung (lacht). Vorher war der Laden dunkler und mit weniger Ausstellungsfläche, weil wir auch hier gearbeitet haben, jetzt machen wir das in einem Nebenraum. Aber nun ist er richtig toll geworden, hell und freundlich.
Gibt es viele Kunden, die Ihren Laden einfach finden, oder suchen die meisten gezielt danach?
Es gibt beides. Wir machen Werbung in internationalen Zeitschriften und Magazinen. Sie werden von Touristen gelesen, die dann kommen und auch meist etwas kaufen. Aber es sind immer noch mehr Ungarn als Ausländer, in der Regel zwischen 25 und 30 Jahren alt. Hier in Budapest gibt es Nanushka zudem auch in anderen Läden wie RetrockDeluxe, Mono und MyDay. So erreichen wir noch mehr Menschen.
Was ist das Geheimnis Ihres Erfolgs?
Das kann ich gar nicht so genau sagen. Vielleicht liegt es daran, dass man, wenn man aus Budapest kommt, noch immer als ein Kuriosum gilt. Eine ungarische Marke ist mal etwas anderes. Aber ich kann das auch falsch sehen. Auf jeden Fall ist es kein Problem, das wir Ungarn sind. Ich denke, im aktuellen, internationalen Wettbewerb haben wir die gleichen Startvoraussetzungen.
Was ist für Sie Mode?
Design und Mode ist ein Ausdruck von Mut, Selbstsicherheit und Geschmack für mich. Es ist ein Medium, dass zeigt, wer und was ich bin.
Nanushka
Csónak utca 9
Tel.: + 36 1 202 1050
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 10 bis 18 Uhr
Wochenende geschlossen.
www.nanushka.hu
Zur Person
Sandra Sándor hat 2006 am Londoner College of Fashion in der Fachrichtung Fashion Design and Technology ihren Abschluss gemacht und gewann im selben Jahr auch den Fashion Award Ungarns für den „Besten Jungen Designer des Jahres“. Diesem folgte 2008 der Ernst and Young Preis für „Das Versprechen der Zukunft“ und 2009 der Glamor „Frau des Jahres“ Award. Sándor nimmt zweimal im Jahr an der Train Show und Coterie in New York City teil.