„Design ist kein egoistisches Künstlerwerk“
Eine Seitenstraße in der Innenstadt beim Károlyi Kért führ zum eleganten, exquisiten und übersichtlichen Laden von Designer Miklós Pazicski. Große Schaufenster zur Straße hin geben Ausblick auf das Gebotene: Kleidung dezenter Färbung in klaren, stilvollen und doch modernen Schnitten hängt neben extravaganten Accessoires wie Handtaschen und Schuhen. Die Budapester Zeitung sprach mit Pazicski über sein Label, das Erschaffen von Mode und seine Kunden.
Der Designer Miklós Pazicski fühlt sich wohl in der Modewelt.
Wie sind Sie zum Modedesign gekommen?
Mich hat Kunst und Zeichnen im Grunde schon immer interessiert, jedoch wollte ich nie ein entrückter Künstler werden. Angewandte Kunst war eher mein Ding. Deswegen habe ich bei der Ungarischen Universität für Kunst und Design einen Vorbereitungskurs gemacht, mich dann beworben und wurde angenommen. Warum aber Design für Kleidung… das kann ich gar nicht mehr so richtig beantworten. Es war eben ein Zufall, ein glücklicher Zufall.
Haben Sie Vorbilder?
Ich könnte einige Designer nennen, von denen mir die eine oder andere Kollektion gefällt, aber einen besonders wichtigen nicht. Ich mag klare Formen, die finde ich bei anderen auch. Bestimmt beeinflussen sie mich, fließen ihre Schöpfungen ein wenig mit in meine Arbeit ein. Jedoch könnte und würde ich nie etwas kopieren. Am Ende kommen durch meine Ideen doch immer eigene, neue Kreationen heraus.
Wie würden Sie Ihren Stil beschreiben?
Mein Stil dreht sich grundsätzlich um Formen, Planung der Formen und die Veränderung des Umfelds, um den Körper herum. Aber ich bemühe mich, immer tragbare und bequeme Kleidung für den Käufer zu erschaffen. Mode sollte interessant sein, aber immer auf dem Boden der Tatsachen bleiben. Das engt zwar meinen Planungsspielraum etwas ein, jedoch werden die kleinen, feinen Details wichtiger. Design sollte meiner Meinung nach kein egoistisches Künstlerwerk sein. Die Harmonie der Silhouette, des ganzen Kleidungsstücks ist wichtig, es sollte niemals wie ein Kostüm aussehen. Frauenmode eignet sich besonders dafür, weil man mehr Möglichkeiten hat.
Wie erschaffen Sie Neues?
Ich habe zwar feste Elemente, wie verschiedene Technologien, die immer wiederkehren, aber ich versuche auch immer, neue Techniken zu finden und Abwechslung in meine Kleidung zu bringen. Da ich nicht auf dem Papier designe, sondern mit Stoffen spiele und an einer Puppe damit experimentiere, entstehen neben Haupt- oft auch erstaunliche Nebenprodukte. Um Formen wie die meinen auf Papier zu entwerfen, braucht man langjährige Erfahrung, weil man dann schon weiß, wie ein Stoff reagiert, wo er Falten wirft und wie es als Endprodukt aussehen wird. So weit bin ich noch nicht.
Sie haben also keine Schnittmuster?
Nein, so ist es nicht. Neben diesem kreativen Herumexperimentieren folge ich einem sehr rationalen, exakten Stil. Das, was an der Puppe erschaffen wurde, übertrage ich in ein vereinfachtes Schnittmuster. Die Planung ist aber nur die eine Seite, die Ausführungen sind genauso wichtig. Sie müssen nahezu perfekt sein. Ich gebe kein Stück aus meinen Händen, das nicht vollkommen geschnitten und genäht ist.
Was für Stoffe und Farben benutzen Sie?
Bei den Stoffen halte ich mich grundsätzlich an Gewebtes, nicht Gestricktes, obwohl wir manchmal schon auch Wolle verwenden. Sonst arbeite ich gerne mit Seide, hin und wieder auch mit Viskose, aber eher mit Naturfasern. Jersey ist so gar nicht meins. Obwohl es einfacher wäre, damit zu arbeiten, weil Jersey sich dehnt. Durch die starreren Stoffe, die ich nutze, müssen meine Kleidungstücke allerdings individuell an die Käuferin angepasst werden. Den meisten Kundinnen ist das jedoch nur recht, denn dadurch wird das Stück gänzlich zu ihrem. Meine Farben schwanken stark bei jeder neuen Kollektion. Diesen Winter gefielen mir zum Beispiel dunkle Töne wie schwarz, dunkelblau und dunkelgrau, danach möchte ich jetzt wieder mehr Farbe und mache Mode in helleren Tönen.
Wann wurde der Laden eröffnet und wer sind Ihre Kunden?
Den Laden gibt es seit ungefähr zweieinhalb Jahren. Ich finde seinen Platz durch Umgebung und Lage in der Innenstadt gut gewählt. Obwohl ein Laden an der Andrássy út natürlich noch perfekter wäre (lacht). Die Kundschaft, die meinen Stil mag, ist eher etwas erwachsener. Ich würde sagen, es sind Frauen ab 25, die bei mir einkaufen. Sie können es sich schon leisten, denn natürlich sind meine Einzelstücke teuerer als die Ware bei den Modeketten; die Jüngeren suchen eher nach etwas anderem. Etwa die Hälfte meiner Kunden sind Ausländer, die anderen Ungarn. Besonders Franzosen und Schweden mögen meine Mode. Interessanterweise kaufen die Ausländer, die in den Laden kommen, auch fast immer etwas.
t Sie sagten Einzelstücke. Schneidern Sie nicht nach?
Nein, nicht wirklich. Für die Kollektionen kaufen wir immer genau so viel Stoff, wie wir benötigen. Es bleibt also nichts übrig. Wenn eine Kundin etwas findet, was sie in einem anderen Material oder Farbe haben möchte, ist das natürlich kein Problem. Wir schneidern es ihr dann. Aber das ist ja dann wiederum auch eine Einzelanfertigung. Meine Kollektionen wechseln außerdem jede Saison und sind immer anders.
Sie sagten „Wir“. Wie viele Mitarbeiter haben Sie?
Ich habe zwei Angestellte und meist auch immer einen Praktikanten. Sie kommen meistens von meiner alten Universität oder der ModArt. Wir versuchen, ihnen so viele Aufgaben wie möglich zu übertragen, und geben unser Wissen und Erfahrungen an sie weiter. Schließlich sollen sie etwas lernen.
Haben Ihre Kollektionen ein Thema?
Kollektionen bekommen oft erst nach ihrem Enstehen ein Motto. Es fasst ihre Präsentation, die Schminke, die Frisuren zusammen und gibt dem Ganzen ein Image. Ich benutze so etwas also nicht. Es geht bei mir vielmehr um die Entstehung der Kleidung, ihre Form und die Silhouette.
Gibt es noch andere Designer, die Sie im Laden verkaufen?
Die gibt es. Ich biete vier jungen, noch unbekannteren Designern die Möglichkeit, bei mir ihre Kleidung und Accessoires vorzustellen. Die Lederaccessoires wie Gürtel, Schuhe und Handtaschen macht Réka Vágó, der Schmuck stammt von Souffle, seit neuestem gibt es außerdem Kleidung von Es-tu un Ange?.
Was bringt die Zukunft?
Jeder Designer träumt vom Durchbruch im Ausland: Paris, London… Aber man weiß nie ob das wirklich wahr wird. Ein Laden in Frankreich oder in Skandinavien wäre toll, denn ich denke, dass meine Kleidung dort den Nerv und Geschmack der Leute treffen würde. Aber besonders in Frankreich es ist schwierig, sich zu etablieren und der Markt in Ungarn ist schwerfällig.
Trotz weniger Farben eine breite Auswahl an Schnitten und Formen im Showroom.
PAZICSKI Budapest
Henszlmann Imre utca 3.
Telefon: +36 1 411 06 31 32
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 10 bis 18 Uhr
Samstag 10 bis 17 Uhr
Das Kleine Schwarze.
Zur Person
Miklós Pazicski hat von 2000 bis 2005 an der Ungarische Universität für Kunst und Design studiert, gründete 2006 sein eigenes Label und betreibt seit 2008 seinen Laden in der Innenstadt. Seine Kleidung wird nicht nur in Ungarn, sondern auch in Wien, Stockholm, Malmö, Paris und Maribor vertrieben. Pazicski hat an einigen Modeshows im In- und Ausland und bei Ausstellungen teilgenommen.