„Kulturarbeit lebendig halten“
Ein Abend mit Wiener Kaffeehaus-Flair ließ vorvergangenen Freitag die Ausstellung „Der Mantel der Träume“ im Pet?fi-Literaturmuseum ausklingen. Kein Zufall, denn das literarische Leben Wiens spielte sich zur Zeit der Jahrhundertwende hauptsächlich in Cafés ab – ähnlich wie die Kaffeehäuser in Budapest Treffpunkt vieler ungarischer Schriftsteller waren. Im Gespräch mit dem jetzigen und den ehemaligen Leitern des Wiener Collegium Hungaricum und der Leiterin des Österreichischen Kulturforums in Budapest wurde bei Tee und Plätzchen die Wichtigkeit der kulturellen Kontakte zwischen Österreich und Ungarn besprochen.
Wiener Kaffeehaus-Charme im Pet?fi-Literaturmuseum.
Seit dem 18. Oktober 2010 war die Ausstellung mit dem Titel „Wiener Erlebnisse ungarischer Schriftsteller (1873 – 1936)“ im Pet?fi-Literaturmuseum zu sehen. Der Haupttitel, „Der Mantel der Träume“, stammte dabei nicht zufällig vom Märchenzyklus des Schriftstellers Béla Balázs. Dieser war nämlich 1919 nach Wien geflohen, wo er als Filmkritiker arbeitete und seine ersten Drehbücher schrieb. Überhaupt verschlug es damals viele Ungarn nach Österreich, was sich nicht nur in kulturellen Produkten niederschlug, sondern auch wechselseitige Einflüsse provozierte. Um die auch heute noch wichtigen Einflüsse beider Völker aufeinander, die aktuellen kulturellen und literarischen Kontakte zwischen Österreich und Ungarn und den Auftrag von Kulturinstituten in diesem Zusammenhang drehte sich am Abend der Finissage auch das Gespräch der geladenen Gäste. Zu diesen gehörten der aktuelle Leiter des Collegium Hungaricum, Márton Méhes, die ehemaligen Leiter Károly Csúri, Zoltán Fónagy und Gábor Újvári, die Leiterin des Österreichischen Kulturforums, Elisabeth Kornfeind, und der Moderator, Literaturhistoriker Attila Bombitz. Musikalisch und mit besonderem Charme begleiteten den Abend außerdem die Sängerin und Schauspielerin Anikó Für und Pianist Ferenc Darvas.
Károly Csúri, der fünf Jahre lang als Leiter des Collegium Hungaricum tätig war, eröffnete die Gesprächsrunde mit einem persönlichen Rückblick: „Als ich nach Wien kam, stand gerade die Jahrtausendwende, das Millenium bevor – als ich 2004 zurückkehrte, trat Ungarn gerade der Europäischen Union bei.“ Heute wiederum sei die EU-Ratspräsidentschaft eine Chance und Herausforderung für das Land. Um ein positives Verhältnis zwischen Österreich und Ungarn aufrechtzuerhalten, müsse die Kultur als gemeinsamer Nenner genutzt werden, sagte Csúri. Zoltán Fónagy, ehemaliger Stellvetreter Csúris und selbst fünfeinhalb Jahre an der Spitze des Collegium Hungaricum, betonte außerdem, dass es wichtig sei, auch jüngeres Publikum in Kulturinstitute zu locken. „Deshalb haben wir immer unsere Kontakte zu österreichischen Musikern gepflegt und auch selbst versucht, junges, frisches Programm anzubieten.“ Diesen Aspekt unterstrich auch Elisabeth Kornfeind: „Kulturarbeit muss lebendig gehalten werden! Ich sehe unseren Auftrag deshalb insbesondere darin, Neugierde auf den Nachbarn Österreich zu schaffen. Eine Ausstellung wie diese ist wichtig, um Österreicher ungarische Schriftsteller kennenlernen zu lassen, und umgekehrt.“