Zeitreise durch Pécs und die ungarische Literatur
Das im Oktober 2010 in die Läden gekommene „Pécs. Ein Reise- und Lesebuch“ von den Herausgebern Wilhelm Droste und Éva Zádor bringt dem Leser die Kulturhauptstadt Ungarns auf etwas persönlichere Art näher. Das Buch ist ein Versuch, die Leser „zu verführen, und nicht zu führen“, wie es Wilhelm Droste beschreibt.
Das Buch bietet einen vielfältigen Zugang zu einer sehr interessanten Stadt im Süden Ungarns, die voller Gegensätze ist. Die Gedichte, Erzählungen, Essays, Portraits sowie Kapitel zu Kultur, Alltag und Geschichte bilden einen anregenden und spannenden Cocktail. Der Band bringt die Poesie eines geschichtsträchtigen Ortes zur Sprache und lädt die Reisenden dazu ein, ihn zu entdecken, zu erforschen und vielleicht auch ein paar Umwege zu gehen, um dadurch die Sehenswürdigkeiten einmal aus einem etwas anderen Blickwinkel zu betrachten.
Die Mischung des Buches ist einzigartig und sehr fesselnd. So können die deutschsprachigen Leser nicht nur aktuelle Texte, sondern auch viele literarische Beiträge in dem Buch finden, die ihnen auch einen Einblick in die Geschichte der ungarischen Literatur gewähren. Es wird deutlich, dass Pécs nicht nur die mittelalterliche Stadt des Dichters Janus Pannonius ist, sondern auch die des ungarndeutschen Dichters Nikolaus Lenau und der bekannten ungarischen Autoren Mihály Babits und Sándor Weöres. In der Stadt gewesen oder in ihr gelebt haben die meisten Verfasser und, auch wenn sie zum Teil nicht dort geboren sind, hat Pécs sie doch alle auf ganz eigene Art und Weise geprägt.
Die „Apostel“, die nicht nur aus der Literatur, sondern auch aus Politik, Sport, Kunst und Film stammen, werden in den jeweiligen Kapiteln kurz vorgestellt. Nach diesen Portraits folgen dann Gedichte, Erzählungen und Essays über bekannte und versteckte Ecken in Pécs: Man schleicht dem Autor durch seine Kindheit nach, teilt Erinnerungen und Gefühle, versinkt in den Kurzgeschichten, stellt sich die im Moment als Kulturhauptstadt bekannte Stadt vor, wie sie vielleicht vor langer Zeit ausgesehen hat oder jetzt ist, und wünscht sich dorthin, um mit eigenen Augen die kleinen und großen Wunder zu bestaunen, die Wege nachzuvollziehen und die geheimen Winkel zu erforschen. Zum Erkennen und Verstehen der Stadt tragen auch die stilvollen Schwarz-Weiß-Bilder bei.
Obwohl im Buch die Literatur dominiert, erfahren die Leser auch einiges über Geschichte, Gesellschaft, Architektur und Design der Stadt und ihrer Umgebung. Jede Epoche, alle Einwanderer oder Besatzer haben ihre Spuren in Pécs hinterlassen.
Der informative Anhang und die Übersichtspläne machen den Band außerdem nicht nur zu einem netten Zeitvertreib, sondern auch zu einem idealen Begleiter auf Rundgängen und auf Spurensuche. Empfehlenswert ist das Buch für alle Leser, die gerne einen virtuellen Stadtrundgang machen möchten und sich vielleicht dazu verführen lassen, Pécs auch persönlich einen Besuch abzustatten.
Das 384 Seiten starke Buch ist in Deutschland über den Arco Verlag (ISBN 978-3-938375-35-8), in größeren Buchhandlungen und online für 22 Euro oder 33 Schweizer Franken erhältlich. In Ungarn kostet es 4.900 Forint und kann in Budapest im Ráday Könyvesház (IX. Ráday u. 27), Írók Boltja (VI. Andrássy út 45) und in dem Buchladen des Pet?fi-Literaturmuseums (V. Károlyi Mihály u. 16) erstanden werden. Einzel- oder Gruppenbestellung sind auch unter zador.eva@freemail.hu möglich.