Hoffmanns Erzählungen
Staatssekretärin Rózsa Hoffmann möchte mit ihrem Konzept für ein neues Hochschulrahmengesetz hoch hinaus, bleibt aber leider in den 80er Jahren stecken.
Immerhin scheint Rózsa Hoffmann etwas von ihrem Fach zu verstehen. Im Gegensatz etwa zu den Wirtschaftspolitikern des Fidesz – die heute dieses, morgen jenes sagen, und wenn es am Ende nicht passt, sind eben mal wieder die Banken oder internationale Organisationen schuld – ist die Bildungsstaatsekretärin bezüglich des ihr anvertrauten Fachgebietes gut im Bilde. Sie hat sogar eine umfassende Strategie für eine Reform des gesamten Bildungswegs vom Kindergarten bis zum Universitätsabschluss. Umso trauriger ist es, dass die Antworten, die Frau Hoffmann in ihrem Gesetzesentwurf auf die offenen Fragen des Hochschulsystems gibt, nicht dazu geeignet sind, die bestehenden Probleme zu lösen.
Dies beginnt bereits bei der Hoffmannschen Zahlenmystik. Oberstes, völlig korrekt definiertes Ziel des neuen Hochschulrahmengesetzes ist es, das Niveau der Ausbildung zu heben und damit letztlich die Uni-Abschlüsse wertvoller zu machen. Allerdings möchte Rózsa Hoffmann das bei gleichzeitiger indirekter Erhöhung der Studentenzahlen erreichen; rund 45 Prozent eines Jahrgangs sollen künftig mit staatlicher Finanzierung studieren (derzeit sind es etwa 30-35 Prozent), weitere 10-15 Prozent sollen als Selbstzahler an die Unis. Wie die Hochschulen bei einer derartigen Massenausbildung hinsichtlich ihrer Qualität zulegen sollen, ist allerdings fraglich. Ebenso wie es gelingen soll, dass sie ihrem Wunsch entsprechend bereits bei Studienantritt besser qualifizierte Schulabgänger erhalten sollen, die Abiturienten werden ja nicht auf einen Schlag schlauer. Abhilfe für diesen Denkfehler könnte zum Beispiel eine Differenzierung in Basis- und sogenannte Elitestudiengänge bringen, aber derlei fehlt in der Konzeption völlig.
Bizarr wirkt auch die Kampfansage an die „marktfokussierte Perspektive“ in der Hochschulbildung. Sie ist umso verwunderlicher, da es so etwas wie Marktorientierung heutzutage höchstens in ganz vorsichtigen Ansätzen gibt. Nach wie vor sind dagegen die ungarischen Hochschulen dafür berüchtigt, dass sie nur allzu oft am Markt vorbei ausbilden. In Ungarn tätige Großunternehmen können davon ein Lied singen. Nicht umsonst sind Firmen wie etwa Bosch in Budapest und Miskolc oder Audi in Gy?r inzwischen gezwungenermaßen zur Eigeninitiative übergegangen.
Das Modell stammt ursprünglich von amerikanischen Eliteuniversitäten. Was dort jedoch eine für alle Beteiligten attraktive Spielart des Fundraising ist, stellt hierzulande eher einen Versuch dar, Aufgaben des Staates zu übernehmen und sich mangels Alternative selber die Fachkräfte auszubilden – in Zahl und Qualität wie wirklich benötigt.
Erfreulicherweise scheint Rózsa Hoffmanns Konzeption zumindest die Rolle privaten Kapitals im Hochschulwesen nicht um komplette Privatisierungen erweitern zu wollen. Was von vielen linksliberalen Politikern als Wunderwaffe bei der Lösung der finanziellen Probleme des Hochschulsektors gesehen wird, wäre nach derzeitigem Stand der vollkommen falsche Weg. Nur ein starker öffentlicher Hintergrund macht es möglich, dass sich an den Unis ein fein differenziertes, aber dennoch allgemein hohes Niveau etabliert. Auf dieser Basis können dann auch Drittmittel, so auch aus der freien Wirtschaft, generiert werden.
Statt in diese Richtung weiter zu denken, scheint sich die Regierung jedoch in organisatorischen Details des Hochschulwesens zu verlieren. Wirklich Schade!