Haushalt steht auf schwankem Grund
Auf den ersten Blick scheint der Haushalt der rechtskonservativen Regierung von Viktor Orbán solide zu sein. Bei näherer Betrachtung ist indes zu sehen, dass die Regierung sich einem Hasardspiel hingibt. So will sie das Budgetdefizitziel in Höhe von drei Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) allen Ernstes ohne Sparmaßnahmen erreichen. Hinzu kommt, dass es im kommenden Jahr Steuersenkungen geben wird. Auch die Erwartungen in Sachen Wirtschaftswachstum, drei Prozent des BIP, sind optimistisch. Nicht zu sprechen von den Budgetreserven, die praktisch bei Null liegen.
Das angepeilte Wirtschaftswachstum in Höhe von drei Prozent ist insofern optimistisch und ambitiös, als die Regierung mit einer deutlich spürbaren Erholung der Weltwirtschaft rechnet. Gleichwohl kann aus heutiger Sicht nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Krise noch eine Zeitlang hinziehen wird.
Die Regierung geht des Weiteren nicht davon aus, dass das Land von den diversen Rating-Agenturen abgewertet wird. Sollte es allerdings zu einer Abwertung kommen, wird das gesteckte Wachstumsziel auf keinen Fall zu erreichen sein. Freilich: Ein Zuwachs bei der Landwirtschaftsproduktion könnte 0,5 bis 0,8 Prozent zum BIP-Wachstum beisteuern. Allerdings muss da das Wetter mitspielen. Und darauf zu bauen, ist nun doch sehr wagemutig.
Weitere Zweifel beziehen sich auf die Einnahmen aus den Steuern. Die drastische Senkung der Einkommensteuer soll durch die Erhöhung der Einnahmen aus der Mehrwertsteuer kompensiert werden, was mit einem großen Fragezeichen verbunden ist. Zweifel sind auch angebracht, ob die 16-prozentige Einkommensteuer tatsächlich die Zahlungsmoral der Menschen auf anderen Gebieten heben und überdies eine belebende Wirkung auf den Konsum haben wird.
Da die neue Steuerstruktur insbesondere die Vermögenden bevorzugen wird, ist ein Wachstum des Binnenkonsums äußerst schwer abzuschätzen. Was, wenn die Bevölkerung die Gelder, die ihr dank des niedrigen Einkommensteuersatzes in der Tasche bleiben, nicht für Konsumartikel ausgibt, sondern auf die hohe Kante legt? Nach einer Wirtschaftskrise ist dies durchaus vorstellbar. In diesem Fall wäre ein dreiprozentiges Wirtschaftswachstum selbstredend auch nicht zu erreichen.
Was die Budgetreserven angeht, werden sich diese im kommenden Jahr auf knapp mehr als ein Drittel der diesjährigen Reserven belaufen. Leichtfertig ist dies deshalb, weil ein Rückfall der Weltwirtschaft nicht auszuschließen ist. Bedenkt man nämlich, dass die exportorientierte ungarische Wirtschaft in hohem Maße offen ist, kann auch schon die kleinste Erschütterung auf den Weltmärkten denkbar negative Auswirkungen auf Ungarn haben. Obendrein ist Ungarn auch das „Sicherheitsnetz“ Internationaler Währungsfonds (IWF) abhanden gekommen, wodurch das Land noch verletzungsanfälliger geworden ist – etwa gegen einen Spekulationsangriff der Märkte.
Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass sich die Regierung im Falle eines Budgetlochs auf das Geld in den Privatrentenkassen verlässt. Sollte sie darauf wirklich zurückgreifen, ist aber mehr als fraglich, wie sie dieses Geld in späterer Folge zurückzahlen wird – noch dazu parallel zur Rückzahlung des gigantischen IWF-EU-Kredits.
Allen kritischen Aspekten zum Trotz, ist aber nicht ausgeschlossen, dass das Budget 2011 gehalten wird. Zudem hat sich Ungarn EU-weit eines der niedrigsten Budgetdefizitziele gesteckt. Sollte die Regierung dieses Defizit tatsächlich halten können, wird sich Ungarns Bonität mit Sicherheit erheblich verbessern. Dann könnte sich auch ein Spielraum für die längst überfälligen Strukturreformen eröffnen.