Teilnahme mit Hindernissen
„Eine ungarische Galerie muss schon ziemlich konsequent und radikal hungern, um hier überhaupt dabei sein zu können“ sagt Margit Valkó, Besitzerin der Budapester Kisterem Galéria, mit Blick auf die Standgebühren. Dabei lägen die Kosten für eine Teilnahme am Art Forum Berlin im internationalen Vergleich durchaus noch im moderaten Rahmen.
Es geht aber nicht nur um die Teilnahmegebühren, vielmehr müssen ungarische Galerien für einen Teilnahmeschein beim Art Forum dauerhaft auf Einnahmen verzichten, um dem Wunsch der Jury nach einem Profil der Aussteller in Richtung eines sehr starken Konzeptualismus zu entsprechen. So sind Kunstwerke traditioneller Genres wie Ölmalerei oder Bildhauerkunst an der Berliner Kunstmesse kaum vorzufinden, dafür aber eine repräsentative Auswahl von Werken zeitgenössischen Geschmacks. Diese lassen sich aber in der ungarischen wie auch der gesamten osteuropäischen Szene nur relativ schwer bis gar nicht verkaufen. Unter hundert Ausstellern waren daher nur eine Handvoll Galerien aus der mittelosteuropäischen Region vertreten.
Valkó, die letztes Jahr im Sektor „focus“ zwei Künstler präsentierte, wurde dieses Jahr gemeinsam mit der Vintage Galerie für den Sektor „gallery“ eingeladen, Werke der heute als klassisch geltenden Neoavantgarde-Generation, also Kunst aus den Siebzigern von György Jovánovics, Miklós Erdély, Tibor Hajas, Géza Perneczky und Dóra Maurer zu zeigen. In Ungarn sind diese Kult, auf dem internationalen Kunstmarkt hingegen völlig unbekannt.
Die temporäre Zusammenarbeit der zwei kommerziellen Galerien beruht auf gemeinsamen Interessen: Nachdem sich in letzter Zeit immer mehr bedeutende Museen und Institutionen für Underground-Kunst während des Sozialismus zu interessieren beginnen, wollen beide Galerien diese jetzt verstärkt am Kunstmarkt etablieren. So stehen in Berlin schwarzweiße Aktionsfotos von Erdély und Gipsreliefs von Jovánovics großformatigen, bunten und nagelneuen Bildern der Künstlerin Barbara Probst am Stand der renommierten Berliner Galerie Kuckei + Kuckei gegenüber; ein interessanter Kontrast. Einen andersartigen Blick auf die Kunst der 1970er Jahre bietet die Dresdner Galerie Gebr. Lehmann mit quietschbunten Grafiken mit Flowerpower-Motiven, Twiggy- und Beatles-Referenzen des inzwischen siebzigjährigen japanischen Künstlers Keiichi Tanaami. Ob das Publikum denn überhaupt wisse, wer Miklós Erdély sei? „Nicht wirklich“ meint Válko. „Aber das ist auch kein direktes Problem. Ein gebildetes Publikum kann diese Werke schon internationalen Strömungen der Kunst zuordnen.“
Hinsichtlich der Preisbildung kann man ungarische Galerien immer noch nicht an internationalen Kollegen messen: Teils museale Schätze werden beispielsweise bei Valkó zu einem Preis angeboten, der dem des eher stagnierenden ungarischen Marktes angepasst ist. „Ich halte nichts davon, unsere Preise je nach Anlass und Publikum zu verändern“, bekennt sie.
Neben dem Art Forum, der Berliner Kunstmesse schlechthin, bietet der Berliner Kunstherbst 2010 etliche weitere Veranstaltungen für Kunstliebhaber an, so etwa die Berliner Liste, den Kunstsalon Berlin, die art berlin contemporary und die Preview. Bei Letzterer zeigen Nachwuchskünstler ihre Werke. Für Ungarn war Gábor Roskó mit dabei. Von ihm wurde eine Keramik-Installation der Budapester acb Galerie gezeigt. Seiner Ansicht nach würden aber alle Galerien, die nicht in Berlin ansässig sind, im Hinblick auf das öffentliche Interesse mit einem gewissen Nachteil starten. Umso besser haben es hingegen diejenigen, die das ganze Jahr über in der immer bunter und internationaler werdenden Berliner Kunstszene präsent sind.