Volumen als Passion
Mit den Arbeiten des bildenden Künstlers Fernando Botero hat das Museum der Schönen Künste in Budapest wieder einen Publikumsmagnet nach Ungarn geholt. In vier Räumen kann der Besucher 60 Werke aus Boteros Schaffen erleben. Zu sehen sind vorwiegend junge, zeitgenössische Arbeiten aus dem 21. Jahrhundert, darunter einige wenige Bronzestatuen.
Die Figuren des vielleicht berühmtesten zeitgenössischen Künstlers aus Lateinamerika sind durchgängig mit zwei Attributen zu umschreiben: Fettleibigkeit und Emotionslosigkeit.
Botero spricht eine Sprache, die jeder versteht. So sind auch die Betitelungen immer kurz und bündig. Durch abgedruckte Zitate zwischen den Werken werden die Bilder dem Betrachter zusätzlich erläutert.
BOTERO
Szépm?vészeti Múzeum
Dózsa György út 41
1146 Budapest
www.szepmuveszeti.hu
von 30.09.2010 bis 23.01.2011
Diestag bis Sonntag
09.00 Uhr bis 17.00 Uhr,
Donnerstag bis 21.00 Uhr
Im Gegensatz zu den berühmten Folterdarstellungen zum Thema Abu Ghraib ist Gewalt in keinem einzigen der Budapester Ausstellungsstücke zu finden. Im Zentrum der ausgestellten Werke stehen Menschen, Orte und Gegenstände.
Sie werden durch Alltägliches in Verbindung gebracht, vor allem dem lateinamerikanischen Leben. In der Ausstellung sind aber auch Stillleben, Paraphrasierungen und sakrale Werke zu finden. Schon 1977 schuf Botero eine Variation auf da Vincis „Mona Lisa“. Auf einem der ausgestellten Gemälde in Budapest wiederum interpretiert er Francisco de Goya.
Botero verkörpert die lateinamerikanische Kultur wie kein anderer in der Malerei, vergleichbar mit Gabriel García Márquez in der Literatur. Seine naiv wirkenden, aufgebläht-dicken Charaktere versteht er als Symbole der degenerierten Kolonialbourgeoisie, die trotz Entkolonialisierung noch immer präsent ist.
Angesichts der zeitgleichen Ausstellung „Nuda Veritas. Gustav Klimt und die Wurzeln der Wiener Sezession 1895-1905“ (23. September bis 9. Januar) hat Botero keinen leichten Stand. Durch die universale Sprache und Eingängigkeit der Werke dürfte die Botero-Ausstellung aber dennoch zahlreiche Besucher anziehen.
Auch ist die Ausstellung in einem verhältnismäßig kleinen Rahmen gehalten, die Gefahr der Langeweile ist also eher gering. Und da ist auch noch die Verlockung, die Ausstellung eines großen und weltberühmten Künstlers noch zu dessen Lebzeiten zu erleben. Botero wird im kommenden Frühjahr 79 Jahre alt.