Mit Ungarns Weinen geht es bergauf
Da wäre zum Beispiel die Region Villány im Süden Ungarns. Sie genießt mehr Sonnenschein und höhere Temperaturen als der Rest des Landes; eine Tatsache, die sich in den vollmundigen Rotweinen niederschlägt, für die diese Gegend bekannt ist. Einer der neuen Akteure dort ist Krisztián Sauska, ein ungarischer Auswanderer, der 1980 in den USA eine spezialisierte Glühbirnenfirma gegründet hat und damit ein Vermögen machte.
Vor zwei Jahrzehnten, kurz nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft, begann er, über eine Rückkehr in seine Heimat nachzudenken, um dort einen Weinberg zu betreiben. Nach großen Investitionen in den Weinberg und die technische Ausrüstung ist das Weingut Sauska inzwischen zweifellos eine Marke auf der Weinkarte Ungarns. Von ihm im Angebot ist der Villány Cuvée 7, Jahrgang 2007. Auf Ungarns größter Weinmeisterschaft „Pannon Bormustra“ dieses Jahr als bester Rotwein ausgezeichnet (wie auch der 2006er Jahrgang dieses Weins den höchsten „Champion Prize“ der Meisterschaft gewonnen hat). Es handelt sich bei ihm um eine große und wuchtige, dennoch fruchtige Mischung aus Merlot, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Syrah. Mit 15 Prozent ist der Alkoholanteil beträchtlich. Manche Kritiker bezeichnen Sauskas Weine als „Neue Welt“-Style, denn der Winzer scheut sich nicht, die aktuellsten und neuesten Praktiken in der Weinherstellung anzuwenden. „Technik ist für mich der Schlüssel“, sagt er. Am besten, man vergleicht die Kreationen seines Weinkellers mit anderen namhaften Weinen der Region, beispielsweise den berühmten Bock-, Gere- und Tiffán-Weinen und bildet sich selbst eine Meinung.
Traditionsgemäß lädt das Budapester Weinfestival ein fremdes Land als internationalen Gast, um dessen Weinbaukunst neben den zahlreichen einheimischen Weinen zu präsentieren. Dieses Jahr waren ungarische Winzer aus den benachbarten Ländern Slowakei, Slowenien, Serbien und Rumänien zu Gast. Deshalb geht es nun gen Norden, Richtung Slowakei und der Weine von Frigyes Bott, der bei den ungarischen „Winemakers Winery“-Awards letztes Jahr als „Newcomer des Jahres“ ausgezeichnet wurde. Er bot zunächst einige wunderbar frische Weiße, inklusive einem knackig-klaren Grünveltliner an. Dann kam die Überraschung: Ein eleganter Pinot Noir Jahrgang 2008, der sich auch in Begleitung alltäglicher Weine aus dem Burgund, der geistigen Heimat dieser Traube, nicht verstecken müsste. Botts Weinberge befinden sich am slovakischen Ufer der Donau in der Nähe von Stúrovo, auf Höhe der ungarischen Weinregion Ászár-Neszmély, wo die Anbaubedingungen ähnlich sind. Diese Ecke der Slowakei, und überhaupt alle ungarischen Weinregionen hätten alle Voraussetzungen, um einen Wein herzustellen, der den Vergleich mit internationalen Weinregionen von Rang nicht zu scheuen braucht, glaubt Bott.
Je nachdem, wo er herkommt, kann der Riesling (Olaszrízling) sehr unterschiedlich schmecken. Wurden die Trauben auf den vulkanischen Hängen des Schomlauer Berges in Westungarn oder in der Region Badacsony geerntet, unterscheidet er sich deutlich vom Riesling aus dem nördlichen Ungarn oder von jenem des schwülen südlichen Ufers des Plattensees. An den südlichen Hängen des Schomlau besitzt Imre Györgykovács einen kleinen Weinberg. Durch seine virtuose Interpretation zweier klassisch ungarischer Trauben, Hárslevel? und Juhfark, beweist er, dass die Kombination aus Boden, Klima und Anbauweise genauso wichtig ist wie die Auswahl der Trauben – beziehungsweise was der Winzer aus ihnen macht.
Oft wird beklagt, dass die Jahrhunderte alte Kultur der Weinherstellung in Ungarn in Zeiten der kommunistischen Diktatur nur in Quantität, nicht aber in Qualität geglänzt hat. Doch hat sich das in den letzten 20 Jahren wieder gewandelt. Das Land verfügt über eine Vielzahl an Regionen, Böden und Mikroklimata. In der berühmten Region Tokaj sind die sanften, neblig-feuchten Herbste perfekt, um den „noble rot“ hervorzubringen. Er lässt die Trauben verschrumpeln und intensiviert dabei ihren Geschmack, was die Herstellung der süßen Aszú-Weine ermöglicht. Ungarn kann also feine, vollmundige Rotweine und einzigartige, charaktervolle Weißweine aus einheimischen und internationalen Rebsorten produzieren. „Es wird mehrere Generationen dauern, bis der angerichtete Schaden repariert ist“, meint Frigyes Bott. Doch das, was auf der Budaer Burg Anfang des Monats gezeigt wurde, zeigt doch, dass Ungarn bereits auf einem guten Weg ist.