Neuer Vogel im kulturellen Nest
Zusammenhänge zwischen niederländischen Philosophen, rosafarbenen Vögeln, ungarischer Küche und Künstlerclubs derselben Nationalität sind auf den ersten Blick nur schwer ersichtlich. Sie bleiben es auch bei genauerem Hinsehen, ist man nicht Kenner der Budapester Restaurantszene. Dann nämlich weiß man, dass Tal Lev mit dem Flamingo sein zweites Restaurant neben dem Spinoza eröffnet hat – im Gebäude des berühmten „Fészek-“, zu Deutsch „Nest-Klub“.
Hier, wo sich seit der Gründung 1901, unter anderem durch Architekt Ödön Lechner und Schriftsteller Franz Molnár, Künstler und Intellektuelle zu Ausstellungen, Konzerten und Theateraufführungen treffen, möchte Lev ein ganz besonderes Lokal erschaffen. Eines, das wie der Klub über Budapest hinaus Bekanntheit erlangen soll; zur „besten Adresse Europas“ möchte er es machen. „Aus guten Zutaten und von allem das Beste“ soll es sein, „schlicht und original, ohne Schnickschnack“.
Wenn auch der Name nicht darauf schließen lässt, möchte Lev seine Gäste im Flamingo vor allem mit „echtem ungarischen Essen“ verwöhnen, dazu mit Beliebtem aus der italienischen und israelischen Küche. Dementsprechend gibt es Vorspeisen wie auf der Zunge zergehende Hühnerstopfleber mit Rettich, kleinen Zwiebeln und frischem Baguette (1.150 Ft), wohlschmeckendes Carpaccio mit Rucola und Parmesan (2.150 Ft) und Humus mit stark knoblauchhaltiger Tachina zu warmem Pita-Brot (850 Ft); den kleinen Hunger stillen leckere Quiches, Bagels, Sandwiches, Suppen und Salate zu moderaten Preisen.
Neben italienischen Nudelgerichten und Pizza, die im Sommer im echten Steinofen im Hof gebacken wird (zwischen 1.350 und 2.250 Ft), stehen saftige Kebab-Spieße mit grünem, grob-gewürfeltem Tachina-Salat und frittierten Kartoffelecken zur Auswahl (2.450 Ft). Letztere sind auch Beilage zu den empfehlenswerten deftigen BBQ-Spareribs mit gegrilltem Maiskolben (2.650 Ft). Zum Nachtisch sollte man unbedingt die typisch ungarische Kastanienmousse (690 Ft) probieren, die hier mit Sahne serviert und auch von Einheimischen als extrem gut befunden wird. Diese gehaltvolle Leckerei ist allerdings so groß, dass man sie sich am besten zu zweit teilt – will man nicht den ganzen restlichen Tag unter schlechtem Gewissen leiden.
Die Speisekarte ist zweisprachig (ungarisch-englisch) und kennzeichnet vegetarische und typisch ungarische Gerichte, kleine Piktogramme weisen auf die jeweilige Fleischsorte eines Gerichts hin. Das erleichtert die Menüwahl genauso wie die zuvorkommenden englischsprachigen Kellner. Kein High-End-Restaurant, sondern „gutes Essen zu einem Preis, den die Leute bezahlen können“, das ist Levs Ziel für sein Flamingo. Schließlich will er ja nicht nur Touristen, sondern auch Einheimische ansprechen.
So sind dann auch die Preise der umfangreichen Getränkekarte: Ein großes Aqua de Panna (0,75 l) bekommt man für 790, einen Espresso für 290 Ft. Eine kleine Coca-Cola kostet 290 Ft und ein kleines Soproner Bier 390 Ft. Cocktails sind ab 1.100 Ft zu haben, Weinfreunde werden in der separaten Weinkarte fündig. Weniger aus geschmacklichen als aus optischen Gründen empfiehlt es sich, einen der besonderen Blütentees, „Blooming Teas“, zu trinken; in heißem Wasser entfalten sich trockene, graue Wüstenrosen zu farbiger Blüte. Ob sich dafür der mehr als doppelte Preis (1.250 Ft) im Vergleich zum normalen Blättertee (550 Ft) lohnt, muss jeder Gast für sich entscheiden.
In jedem Fall sehenswert sind der wunderschöne, geradezu fürstliche Restaurantbereich im Inneren und der malerische Außenbereich im Innenhof. Angesichts der Säulengänge und der Schatten spendenden mächtigen Kastanien, fühlt man sich hier wie in einer mediterranen Gartenlaube; eine Galerie im ersten Stock bietet zusätzliche Sitzmöglichkeiten. Mit Folkloreshows soll das Flamingo ein typisch ungarischer Ort werden. Lev plant außerdem regelmäßige Piano-Diner. Auf der Liste seiner Vorhaben steht auch die Überdachung des gesamten Innenhofs, um ihn witterungsunabhängig das ganze Jahr über nutzen zu können.
Dank seiner räumlichen Dimensionen könne das Flamingo also auch Ort für große Feste sein, wirbt Lev. „Wenn das Essen im Flamingo in seiner Qualität der Schönheit des Gartens entspricht, wird es schon sehr gut. Wird es besser, dann wird dies ein Restaurant mit europaweiter Berühmtheit“, resümiert er selbstbewusst. Dabei ist er sich aber auch durchaus bewusst, dass eine solche Institution, wenn überhaupt, nur nach und nach, mit nicht unerheblichen Investitionen und viel harter Arbeit etabliert werden kann.
Flamingo Restaurant
VII. Dob utca 55, Ecke Kertész utca 35
Tel.: +36-1-413-0567
Geöffnet
Täglich von 12 bis 3 Uhr