Strategie: Nischenwachstum
Auch in den jetzigen Zeiten können Banken wachsen, zumindest, wenn sie die richtige Strategie haben. Wie es diesbezüglich bei der Magyarországi Volksbank Zrt. aussieht, erklären László Balázs, CEO Corporate & Treasury, und Zoltán Kiss, Director Retail.
Wie ist Ihre Strategie ausgerichtet?
Balázs: Im Corporate-Bereich sehe ich die Krise als Chance – besonders im Bereich mittelständischer Unternehmen, da sich unsere Mitbewerber nicht so intensiv um diese Kundengruppe kümmern. Das können wir in unseren Vorteil verwandeln. Wir sind als Hausbank mittelständischer Unternehmen jenseits der bloßen Finanzierung gut aufgestellt. Die Kreditierung ist für uns ein Türöffner für Treasury- und Treasures-Sales-Produkte mit Fee-Ertrags-Potenzial. Hier ist besonders Hegding gegen Währungs- und Zinsrisiken interessant. Das ist – noch stärker als vor der Krise – besonders in den MOE-Märkten ein aktuelles Thema. Im Retailbereich haben wir auf Grund unseres bereits vorhandenen guten Standings bei den Mikrounternehmen große Chancen. Nachhaltiges Einkommen können wir in diesen Segmenten aber nur denn sicherstellen, wenn wir uns als Hausbank dieser Unternehmen aufstellen können.
Kiss: Im Privatkundenbereich ist die Situation komplizierter, weil wir mit der größten Bank Ungarns voll im Wettbewerb stehen. Hier müssen wir entsprechende Nischen finden. Statt etwa diesen und andere Wettbewerber frontal zu attackieren, widmen wir uns spezifischen Zielgruppensegmenten, wie beispielsweise jungen Familien. Bei uns muss die Zielgruppensegmentierung zielgenauer sein als anderswo. Dazu nutzen wir die sogenannte Triple-A-Marketing-Methode als Ausgangspunkt für gezieltes Sales und Marketing. Anhand der Analyse von 57 Erfolgsfaktoren haben wir über Triple-A-Analytics den Ist-Zustand und die Potenziale unserer Bank genau aufgedeckt. Durch eine entsprechende Validierung wissen wir jetzt genau, welche Maßnahmen die größten Ertragspotenziale in sich tragen und können dementsprechend handeln.
Balázs: Im Treasury haben wir ein vernünftiges Liquiditätsmanagement, aber das ist nur das Grundgeschäft. Im Eigenhandel sehe ich insgesamt weniger Möglichkeiten. Diese gibt es jedoch beim Treasury mit Hegding-Produkten im Auftrag von Kunden mit niedrigem Risikoprofil. Wichtig ist es, die Bilanzen unserer Corporate-Kunden zu analysieren und zu verstehen. Wir beginnen kein Kundengespräch ohne tiefgehende Analyse von möglichen Zins- und Währungsrisiken. Auf diese Weise können wir ein maßgeschneidertes Produkt-Portfolio anbieten. Unser Service wird gerne angenommen. Immerhin haben mittelständische Unternehmen keinen solchen Analysten- und Beraterhintergrund wie die Großen.
Welche Werte zeichnen die Marke Volksbank in Ungarn aus?
Kiss: Wir sind eine internationale Bank mit beeindruckender Stabilität. Die Marke hat sich auch in der Krise als äußerst werthaltig erhalten. Wir haben auch in den schwersten Zeiten mit der Vergabe von Krediten weitergemacht. Das rechnen uns unsere Kunden hoch an.
Wo wird Ihre Bank in fünf Jahren stehen? Was ist Ihre Mission?
Balázs: Wir wollen und werden sicher nicht unter die Top-3-Banken in Ungarn gelangen. Dies ist weder unser Auftrag noch unser Ziel. Wir sind ein Nischenplayer. Allerdings nicht in Hinsicht auf unsere Produkte, sondern lediglich unsere Kundensegmente. Unser Fokus liegt auf persönlichen Beziehungen und Nähe zum Kunden. Das können Großbanken nicht bieten. Wir werden eine mittelgroße Bank sein, wobei wir aber für den Mittelstand die erste Wahl sein wollen. Bei ganz spezifischen Kundensegmenten streben wir sogar die Marktführerschaft an.
Wie wird sich Ihre Branche in den nächsten fünf Jahren verändern?
Balázs: Die Großen werden noch größer, die guten Nischenplayer mit vernünftigem Geschäftsmodell werden bleiben und der Rest verschwindet. Ich sehe eine Marktkonsolidierung kommen. Es wird mehr Mergers und Kooperationen geben und geben müssen. E-Banking und E-Business werden wachsen, weil Effizienz und Kostenführerschaft immer wichtiger werden. Versicherung, Leasing und Factoring werden ebenfalls stärker werden. Der Trend geht weiter in Richtung One Point of Sales für diverse Produkte. Außerdem werden Banken viel stärker die Rolle von Beratern übernehmen.
Kiss: Der Kampf wird auf der Ebene der Geschäftsmodelle geführt. Es geht um nachhaltigen Cashflow. Hohe Risiken eingehen sichert nämlich keine nachhaltige Entwicklung. Langfristigen Cashflow erreicht man vor allem durch intensive Kundenbeziehungen, und das bedeutet Relationship-Banking statt Produktbanking. Das muss man runterdeklinieren bis auf die operativ-taktische Ebene. Es geht um Faktoren wie Kundenbehaltedauer und eine möglichst niedrige Abwanderungsquote. Um diese Ziele zu erreichen, ist wiederum die Triple-A-Marketing-Methode ein ideales Umsetzungswerkzeug. Auch wenn der Kampf auf der Ebene der Geschäftsmodelle geführt wird, darf man aber nicht nur in Geschäfts-modellen denken, sondern muss diese Überzeugung bis auf die Berater-ebene übertragen.
Werden sich die MOE-Märkte wei-ter an die westeuropäischen Märkte angleichen? Welche Unterschiede oder Gemeinsamkeiten sehen Sie?
Kiss: Die Kapitalausstattung von Privatpersonen und Unternehmen ist ungleich kleiner, aber auch die Bankendichte ist in den MOE-Ländern geringer – das bedeutet für die Banken wiederum Wachstumschancen.
Balázs: Wir stehen als Investitionsstandort im Wettbewerb mit Asien – im Bereich der Massenproduktion haben wir da natürlich keine Chancen, aber wir sind attraktiv als Forschungsstandort. Deutsche und französische Großindustrien lagern immer mehr ihre Forschung zu uns aus. Der Grund dafür ist, dass unser Humankapital ausgezeichnet ist und eine hohe Fachqualifikation besitzt. Hoch ist auch unsere Value-Added-Quote. Unternehmen werden davon profitieren, dass die Produktivität zunimmt. Kein Wunder, dass wir immer mehr Firmen sehen, die ihre Standorte zurück nach Ungarn verlagern. Deshalb ist für uns als Bank die langfristige Kundenbindung so enorm wichtig.