Da es in dieser bemerkenswerten Meinungsverschiedenheit auch um Grundsätzliches geht und sogar mein Name gefallen ist, möchte ich mich selber kurz mit ein paar Anmerkungen zu Wort melden.
• Wir haben noch nie einen Hehl daraus gemacht, dass sich unser Kollege Gergely Kispál für die LMP engagiert. Mehrere Male wurde dieser Fakt sogar offen in der Budapester Zeitung angesprochen.
• Bei der LMP handelt es sich im Gegensatz zu den klassischen Beuteparteien um eine aus Idealisten gebildete Non-Profit-Organisation, die sich für ein besseres Ungarn einsetzt. Ganz wie unsere Redaktion! Es besteht also eine gewisse Seelenverwandtschaft.
• Außerdem ist die LMP ist eine Partei, bei der man sein kritisches Urteilsvermögen und seinen gesunden Menschenverstand bei Erhalt des Mitgliedsausweises nicht abgeben muss. Insofern halte ich die Vereinbarkeit speziell einer LMP-Mitgliedschaft oder gar eines stärkeren Engagements in ihr mit der Ausübung des Berufes als Journalist für durchaus vereinbar.
• Dass es Herr Kispál sogar auf die LMP-Kandidatenliste geschafft hat – wenn auch nur auf einen eher symbolischen hinteren Platz –, und dass er bei einer Ersatzwahl im vergangenen Herbst mit 8 Prozent sogar das bislang zweitbeste Einzelergebnis eines LMP-Kandidaten eingefahren hat, erfüllt mich mit dem stolzen Bewusstsein, einen auch von anderen Menschen geschätzten guten Mann in unserem Team zu wissen.
• Dass Herr Kispál einen Teil seiner Freizeit nicht mit Bienenzüchten oder Briefmarkensammeln verbringt, sondern sich darüber Gedanken macht, wie die ungarischen Zustände verbessert werden können, und dass er sich zu diesem Zweck inhaltlich weiterbildet, kann ich als Herausgeber nur begrüßen. Immerhin erhöht sich dadurch bei vielen LMP-Themen (Anti-Korruptionskampf, Nachhaltigkeit, Umwelt, Romapolitik, Soziales etc.), die auch für unsere Zeitung relevant sind, sein Hintergrund- und Faktenwissen, was sich letztlich in fundierteren Beiträgen zu diesen Themenbereichen äußert.
• Im Leserbrief schwingt die Befürchtung mit, unsere Zeitung könnte mit einer unausgewogenen Berichterstattung den ungarischen Wahlkampf beeinflussen. Diese Vorstellung ehrt uns zwar sehr, allein sie ist leider nur eine große Überschätzung unserer leider doch sehr bescheidenen Einflussmöglichkeiten auf die ungarischen Wähler.
• Herrn Győri empfehle ich schließlich, seinen schätzenswerten Idealismus und seinen kritischen Blick für die wirklichen Missstände in diesem Lande aufzusparen und seine Kräfte nicht in blindem Rigorismus mit der Lösung von Scheinproblemen zu vergeuden.