Der Fall ähnelt einem richtigen Krimi: Nach dem Tod des österreichisch-deutschen Milliardärs Friedrich Karl Flicks wurde im November 2008 sein Sarkophag mitsamt Leichnam aus der Familiengrabstätte in Velden gestohlen. Die Täter forderten Lösegeld in Höhe von 6 Millionen Euro. Die Spuren führten nach Budapest.
Die „Sargentführer“ meldeten sich im Dezember bei der Familie. In einem anonymen Drohbrief forderten sie 6 Millionen Euro. Hollywoodmäßig bestanden die Täter darauf, die Polizei nicht einzuschalten – und wie im Film, blieb diese Forderung auch in der Wirklichkeit unbeachtet. Die österreichische Polizei schaltete sich in den E-Mail- und Telefonkontakt ein und verfogte die Spuren bis nach Budapest.
Die erste tatsächliche Kontaktaufnahme erfolgte dann im Juni dieses Jahres. Um der Familie zu beweisen, dass sich der Sarg wirklich in der Macht der Entführer befindet, hinterlegte der Kontaktmann in einem Schließfach des Wiener Westbahnhofs ein Päckchen. Der Schlüssel des Schließfaches wurde unter einer Bank des Stephansdoms versteckt. Eine hollywoodreife Szene, die sich noch zweimal wiederholte. Auf ähnliche Weise musste die Familie im Juni und Oktober den Erpressern je 100.000 Euro hinterlegen, bis dann im November die Täter mit Hilfe der ungarischen Polizei dingfest gemacht werden konnten. „Es zeigte sich eine Affinität der Täter zu sakralen Stätten“, bemerkte Ernst Geiger, stellvertretender Leiter des österreichischen Bundeskriminalamtes, am vergangenen Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Budapest.
Mysteriöse Ermittler
Anhand von DNA-Analysen und weiterer Untersuchungen nahm die Budapester Polizei schließlich Zoltán N. (31) fest. Beim Verhör bestätigte der Verdächtige, dass er „für eine Gruppe Arbeiten erledigen musste“. Der Budapester Rechtsanwalt Barnabás Sz. (41) soll ihm für eine Arbeit als Chauffeur 200.000 Forint versprochen haben. Zusammen mit dem rumänischen Staatsbürger László Faragó und zwei weiteren, bisher unbekannten rumänischen Staatsbürgern soll er im November 2008 den Sarg gestohlen haben. Auch bei den folgenden Kontaktaufnahmen fungierte Zoltán N. als Bote. Die zweite Geldübergabe sei allerdings gescheitert, weil er gemerkt habe, dass er verfolgt wird. Als er sich zu den Verfolgern umdrehte, entpuppten sich dieses allerdings nicht als Ermittler der Polizei, sondern als ungarische Privatdetektive, die mysteriöserweise von einer österreichischen Privatdetektei über ein ukrainisches Detektivbüro beauftragt worden waren.
Wiederbestattung
Aufgrund der Aussage von Zoltán N. konnte Ende November auch der Drahtzieher Barnabás Sz. festgenommen werden. Teile des Sarges wurden im II. und XII. Budapester Stadtbezirk gefunden. Die Polizei fahndet nun nach László Faragó alias „Grizzly“ und ermittelt gegen die zwei unbekannten Rumänen.
Am vergangenen Donnerstag wurde Friedrich Karl Flicks Leichnam im Kreise seiner Familie neu beigesetzt, diesmal unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen. In Zukunft soll der Sarg bewacht werden.