In der Nacht zum vergangenen Montag wurden in Tatárszentgyörgy (Zentralungarn) der 28-jährige Róbert Csorba und sein vierjähriger Sohn gleichen Namens brutal ermordet.
Auch in der vergangenen Woche erschütterte ein Mordfall die ungarische Öffentlichkeit. In der Gemeinde Tatárszentgyörgy wurde die fünfköpfige Familie Csorba überfallen, zwei Familienmitglieder getötet. Die Ermittlungen haben bisher ergeben, dass die Täter das am Ortsrand stehende Haus zunächst mit Molotow-Cocktails in Brand gesteckt haben, um dann den aus dem Haus flüchtenden Familienvater Róbert Csorba aus fünf Metern Entfernung mit Schüssen aus einem Jagdgewehr zu erschießen. Sein hinter ihm laufender Sohn Róbert wurde ebenfalls erschossen, hinterrücks. Die nach den beiden aus dem Haus laufende Bianka (7) hatte das Glück, in eine andere Richtung zu laufen als ihr Vater und ihr Bruder, so dass sie mit schweren Schussverletzungen überlebte. Die Mutter Renáta (26) und das dritte, dreijährige Kind erlitten Rauchvergiftungen.
Die Motive der Tat liegen bislang im Dunkeln. Manche vermuten eine so genannte „Abrechnung“ wegen nicht bezahlter Wucherzinsen, was aber wegen der bescheidenen, aber geordneten Lebensverhältnisse der Csorbas unwahrscheinlich scheint. Laut Informationen des Nachrichtenportals hirszerzo.hu ging Róbert Csorba einer Arbeit nach. Da die Csorbas der Minderheit der Zigeuner angehören, gehen andere von einer rassistisch motivierten Tat aus, wobei hierfür bislang ebenfalls keine Beweise vorliegen.
Befremdlich ist jedenfalls das Vorgehen der Fachleute. So hatten Brandexperten zunächst einen Kabelbrand als Ursache des Feuers angenommen, was vor dem Hintergrund der Tatsache, dass das Haus der Csorbas erst im vergangenen Jahr saniert worden war, zumindest unwahrscheinlich ist. Ebenso erstaunlich ist die Diagnose des Notarztes, der eine Fremdeinwirkung ausgeschlossen hatte. Bei der Exhumierung wurden dann Schussverletzungen als Todesursache festgestellt. Wie der Arzt die 18 (!) Schrotkugeln im Rücken des kleinen Róbert und die fünf Einschüsse unterhalb des Herzens seines Vaters übersehen konnte, ist selbst für Laien kaum verständlich.
Orbán Kolompár, Vorsitzender der Landesselbstverwaltung der Zigeuner (OCÖ), wies auf Parallelen zum Doppelmord in Nagycsécs (Ostungarn) im November vergangenen Jahres hin. Damals waren zwei Zigeuner auf ähnliche Weise getötet worden. Kolompár sagte gegenüber hirszerzo.hu, dass Tatárszentgyörgyer Anwohner in den Tagen vor dem Mord – wie zuvor in Nagycsécs – mehrfach schwarze Geländewagen im Ort gesehen hätten. Wie das Nachrichtenportal index.hu erfuhr, stimmt auch das Kaliber der Tatwaffen überein. Eine 50-köpfige Sonderkommission der Polizei koordiniert nun die Ermittlungen in den beiden Fällen sowie in Bezug auf eine Reihe weiterer Morde an Zigeunern.
Für Aufruhr sorgte noch die Europaparlamentsabgeordnete Viktória Mohácsi (SZDSZ), die am Montagvormittag am Tatort eintraf und nach eigenen Angaben „bis morgens um drei“ mit den Polizisten sprach. „Dies ist der zehnte Fall, bei dem ich persönlich Material sammele“, erläuterte Frau Mohácsi anschließend. Was sie mit dem „Material“ aus ihren privaten Ermittlungen zu tun gedenke, präzisierte sie nicht. In der Folge erhielt Frau Mohácsi mehrere Morddrohungen. Seit Mittwoch steht die Politikerin unter ständigem Polizeischutz.