NÉPSZABADSÁG
Abrechnung mit den vergangenen sechs Jahren – Péter N. Nagy
,,Mit dem 15.
März hat sich vermutlich etwas verändert. Die Chancen stehen gut, wieder in die
Welt der politischen Zivilisation zurückzukehren. Freilich, wir haben es noch
mit zwei Zivilisationen zu tun, die aneinander vorbeireden. Aber die
Botschaften, die über die trennende Mauer geworfen werden, tragen nicht mehr
die Absicht in sich, den anderen zu vernichten. (…) In seiner Rede ist der
Ministerpräsident seinem bisherigen Selbst entschlüpft. Er hat eingestanden,
dass Reformen, seien sie noch so gut, ohne die Unterstützung der Menschen nicht
verwirklicht werden können. Die Erschütterung, die das Referendum in ihm
verursacht hat, war authentisch.“
MAGYAR NEMZET
Feiertagszerstörer – Miklós Ugró
,,Der
Ministerpräsident gab in seiner Festrede zu verstehen, dass nicht er schnöde
Selbstkritik nötig habe, sondern vielmehr die Nation. So sagte er: "Es
liegt in der Verantwortung der Politiker, nicht ein Tempo zu diktieren, bei dem
die Nation nicht mithalten kann." Sprich: Er hat alles richtig gemacht,
nur dieses blöde Volk ist unfähig Schritt zu halten. Vor diesem Hintergrund
grenzt es fast schon an altruistische Großherzigkeit, der Möchtegern-Opposition
und der idiotischen Nation die Partnerschaft anzubieten, obwohl sie ihm doch
eigentlich ständig im Weg stehen.“
NÉPSZAVA
Gitter? – István Szász
,,Es ist nun mal
leider so: Die normalen und anständigen Bürger müssen beschützt werden. Vor
jenen, die unsere Nationalsymbole und die Freiheit mit Füßen treten und zu
deren Beschäftigung es an Feiertagen gehört, Autos zu demolieren, Lichtmasten
zu zerstören, Molotow-Cocktails zu werfen und, seit neustem, Journalisten zu
kontrollieren, ja diese im schlimmsten Fall sogar zusammenzuschlagen. Diese
Personen, die bestimmten Politikern drohen, sie zu hängen und in die Donau zu
schießen, müssen von der Ungarischen Republik gestoppt und hinter Gitter gebracht
werden.“
MAGYAR HÍRLAP
Feiertagszerstörung
,,Die Regierung
schert sich herzlich wenig darum, was das Volk beim Referendum am 9. März
eigentlich wollte – dies ist der Hauptgrund für die Feiertagszerstörung. Es ist
nur allzu verständlich, dass die Bevölkerung des Landes die Geduld verliert und
es schlicht und einfach als inakzeptabel betrachtet, dass der praktisch
gescheiterte Regierungschef nach wie vor als Protagonist bei den
Gedenkveranstaltungen auftritt.“
Gulasch-Kapitalismus
In die Liste der
reichsten Ungarn hat es András Gulya trotz aller Anstrengungen zwar noch nicht
geschafft, immerhin aber schon einmal auf die Titelseite des Fidesz-nahen
Wochenmagazins Heti Válasz. Hintergrund sind die undurchsichtigen Vorgänge um
eine Provisionszahlung im Zuge des Verkaufs von MÁV Cargo in Höhe von rund 1,9
Mrd. Ft. In Anspielung auf das geflügelte Wort vom Gulaschkommunismus ist der
entsprechende Artikel auf den Innenseiten mit "Gulyás kapitalizmus"
überschrieben. Der Untertitel lautet bezugnehmend auf die Ermittlungen des
Nationalen Fahndungsamtes "Porträt des ,unbekannten Täters‘ der
Cargo-Privatisierung". Ausführlich behandelt der zweiseitige Artikel die
beachtliche Karriere des "Beziehungsbrokers" Gulya.
Erwähnt werden
unter anderem Firmen, für die er in den letzten Jahren tätig war und teils noch
ist, beispielsweise Postabank, Finanzministerium, Andrássy-Universität,
Szerencsejáték Zrt., MÁV Cargo und schließlich die ominöse
Kommanditgesellschaft Geuronet, über die die Mammutprovision fließen soll. Fast
ebenso bunt ist der Strauß der ungarischen Parteien, für die sich das
CDU-Mitglied Gulya in den vergangenen Jahren engagiert hat: Fidesz, MDF und
zuletzt besonders SZDSZ. In dem Artikel wird unter anderem ein nicht namentlich
genannter Bekannter von Gulya mit einer Einschätzung des gleichnamigen
Phänomens zitiert: "Er ist bei allen Empfängen zugegen und lässt sich mit
jedem fotografieren. In Gesprächen sagt er jedem, was der andere gern hören
möchte. Trifft er sich mit
Fidesz-Politikern beginnt er ,Wir vom Fidesz…’, trifft er Leute vom SZDSZ,
bringt er sich mit ,Wir Liberalen …’ ein."