Die Entscheidung über einen totalen Kriegseinsatz in Ungarn wurde von
Hitler bereits im Januar 1945 gefällt, als er befahl, die 6. (SS-) Panzerarmee
nach Ungarn zu verlegen. Durch Funktäuschung wurde die Stationierung der
Panzerarmee im Raum Frankfurt/Oder–Fürstenwalde vorgespielt. Hitlers
Vertrauter, Sepp Dietrich, der zugleich auch der Oberbefehlshaber dieser
Panzerarmee war, zeigte sich demonstrativ bei zahlreichen Dienststellen in und
um Berlin. In Wirklichkeit aber wurden die Umgruppierungszüge über Dresden,
Prag und Brünn nach Wien umgeleitet.
Zuerst traf das I. SS-Panzerkorps (1. und 12. SS-Panzerdivision) im Raum
Győr–Komárom ein. Allerdings wurde der Aufmarsch der Armee wesentlich
verzögert, weil die alliierte Luftwaffe den Bahnverkehr lahm gelegt hatte.
Hitler schwebte schon zu Beginn der Entsatzangriffe auf Budapest eine „kleine“ und
eine „große“ Lösung vor: Unter der ersten verstand er den Entsatz der
Hauptstadt, unter der zweiten die komplette Rückeroberung Transdanubiens.
Schon während des dritten Entsatzversuches erhielt die zwischen dem Balaton
und der Drau operierende 2. Panzerarmee die Weisung, unter dem Decknamen
„Eisbrecher“ einen weit gestreckten Angriff gegen den Raum Kaposvár
vorzubereiten. Von Südosten zwischen Esseg (Osijek) und Donji Mihojlac war ein
Angriff auf die Südflanke der 3. Ukrainischen Front geplant. Die Armeegruppe
Balck sollte aus dem Raum Székesfehérvár eine Offensive nach Süden starten.
Beim Gelingen dieses doppelten Zangenangriffes konnte die Einkesselung von zwei
Sowjetarmeen erwartet werden.
Dieses Unternehmen bekam die Bezeichnung „Frühlingserwachen“. Hitler erließ
mehrere „Führerbefehle“ über die Tarnung und Geheimhaltung der Zuführung der
beiden SS-Panzerkorps: Ärmelbänder und Schulterklappenabzeichen waren
abzulegen, die Nummernschilder der Fahrzeuge bazudecken. Bei geringster Verletzung
der Geheimhaltung war die Todesstrafe angedroht. Die Divisionen des I.
SS-Panzerkorps waren als „Ersatzstaffel“ des IV. SS-Panzerkorps, die Divisionen
der II. SS-Panzerkorps als „Ausbildungsgruppe“ getarnt, das Oberkommando der 6.
Panzerarmee erhielt die Tarnbezeichnung „Höhere Pionierführer Ungarn“.
Als Voraussetzung für weitere Angriffsoperationen wollte Hitler zunächst
die Gefahr einer sowjetischen Offensive aus dem Gran-Brückenkopf ausschalten.
Aus diesem Brückenkopf konnte die sowjetische Gruppe Plijew jederzeit die
Ölraffinerien in Komárom und Preßburg sowie die Wiener Pforte bedrohen. Deshalb
sollte zuerst dieser Brückenkopf durch den Angriff zweier Panzerkorps
zerschlagen werden, über den Gran sollten eigene Brückenköpfe gebildet werden.
Das I. SS-Panzerkorps und das Panzerkorps Feldherrnhalle hatten den Auftrag,
den Brückenkopf von Norden und Nordosten aus anzugreifen.
Die Operation war dadurch begünstigt, dass ausnahmsweise ausreichend
Infanterie zur Verfügung stand. Insgesamt konnte die Heeresgruppe Süd 260
einsatzbereite Panzer zum Angriff bereitstellen. Malinowskij hatte die Gruppe
Plijew und die 6. Garde-Panzerarmee schon vor einigen Wochen zur Auffrischung
aus dem Brückenkopf nach Osten zurückgezogen, so dass die Verteidigung nur aus
dem 24. und 25. Schützenkorps und zwei Panzerbrigaden bestand.
Aus Witterungsgründen konnte der Angriff erst am 17. Februar morgens um 4
Uhr beginnen. Trotz des Tauwetters gelang es, die Front zu durchbrechen, und
innerhalb von 24 Stunden den Brückenkopf um 30% einzudrücken. Die Sowjets
bauten aber schnell eine tief gegliederte Verteidigung auf. Zur Erleichterung
der Offensive startete die 96. Infanteriedivision ein Landungsunternehmen über
die Donau von Süden nach Norden und bildete einen eigenen Brückenkopf im Rücken
der Verteidigung. Die Division war mit der Aufgabe umso mehr vertraut, da sie
vor wenigen Wochen aus der umgekehrten Richtung (!) bereits Erfahrungen machen
konnte.
Trotz Hochwasser – die Donau stieg an einem Tag um 3,3 Meter – war es der
übergesetzten Kampfgruppe bald gelungen, 20 Sturmgeschütze auf die andere
Uferseite zu bringen. Erhebliche Verluste verursachte die sowjetische
Luftüberlegenheit. Nach den ersten drei Tagen versteifte sich die Verteidigung,
obwohl die 7. Gardearmee ihren Südflügel unter erheblichen Verlusten räumte.
Die Soldaten zweier Divisionen mussten auf Eisschollen springend über den Gran
das rettende Ufer erreichen. Im Mittelabschnitt des Brückenkopfes hielten aber
die sowjetischen Schützen noch fest ihre Stellungen. Die letzten verteidigten
Ortschaften konnten erst am 24. Februar voll in Besitz genommen werden.{mospagebreak}
Als Ergebnis der Operation wurden mehrere sowjetische Divisionen
zerschlagen, und beide Schützenkorps verloren fast alle ihre schweren Waffen.
Der Wehrmachtbericht meldete 700 Gefangene, 4.000 gezählte Tote, 90
abgeschossene Panzer und 334 erbeutete Geschütze. Auch die deutschen Verluste
waren hoch: 6.471 Soldaten waren gefallen, verwundet oder wurden vermisst. 156
Panzer und Sturmgeschütze waren für kürzere oder längere Zeit nicht einsatzfähig.
Damit fielen die Divisionen des I. SS-Panzerkorps auf den Ausgangsstand nach
der Ardennenoffensive zurück.
Noch schwerer wog, dass die Tarnung des Aufmarsches der 6. Panzerarmee
weitgehend preisgegeben wurde. Der Erfolg der Operation „Südwind“ war jedoch
eine fast unabdingbare Voraussetzung aller Gegenoffensiven im transdanubischen
Raum: Ein bestehender sowjetischer Brückenkopf konnte jederzeit Komárom,
Preßburg und Wien gefährden und die südlich der Donau tätige Angriffsgruppe in
Schach halten, wie das schon Anfang Januar einmal geschehen war, als die 6.
Garde-Panzerarmee beinahe Komárom und Érsekújvár erobert hatte.
Während sich in Ungarn beide Kriegsparteien auf die letzte Offensive
vorbereiteten, tobte die Schreckensherrschaft der Pfeilkreuzler. Anführer eines
größeren Mordkommandos war der ehemaliger Wasserpolo-Olympionike Márton
Hommonay. Der ungarische Nationsführer Ferenc Szálasi kontrollierte in dieser
Zeit nur noch einige Komitate im nordwestlichen Ungarn. Er zog sich in seinen
Befehlsstand zurück und arbeitete eifrig an den „Bücher des Hungarismus”. Jede
Woche einmal unternahm er mit seinem engeren Stab eine „Staatsinspektion” und
besuchte die Dörfer um Kőszeg, Szombathely und Zalaegerszeg. Die Einwohner
durften bei diesen Anlässen Fragen stellen, die Szálasi sofort beantwortete.
In dieser Zeit hingen überall Plakate, nach denen alle jene sofort
standesrechtlich erschossen werden, die „verzagtes Verhalten” an den Tag legen.
Deshalb wagte bei diesen Anlässen natürlich niemand, an der siegreichen
Beendigung des Krieges zu zweifeln. Die Terrormethoden der Parteimiliz wurden
zwar auch vor Szálasi angesprochen und kritisiert. Es erfolgten daraufhin zwar
einige Ablösungen, aber an der Willkür und dem Terror änderte sich nichts.
Die schlimmste Zustände entstanden beim Bau der so genannten
„Reichschutzstellung” an der Reichsgrenze zu Ungarn: Über 50.000 ungarische
Juden mussten hier unter unbeschreiblichen Verhältnisse Erdarbeiten verrichten.
Viele Tausende fanden dabei den Tod. Im ungarischen Parlament wurden zwar diese
Tatsachen angesprochen – jedoch nur deshalb, weil die Abgeordneten
befürchteten, dass bei der zusehenden Bevölkerung „falsche Gefühle” entstehen
könnten. Mit einer entsetzlichen Gefühlskälte und großem Zynismus sprachen
ungarische Politiker vor aller Öffentlichkeit über die Zwangsarbeit der Juden
und die möglichen Konsequenzen für die übrige Bevölkerung.
Der Abgeordnete Károly Maróthy zum Beispiel sagte in dieser Zeit laut
Protokoll des Parlaments bei einer Plenarsitzung folgendes: „…man darf nicht
zulassen, dass aufgrund einiger Fälle Mitleid mit ihnen aufkommt. (…) Auch muss
mit den Sterbenden etwas getan werden, damit sie nicht den ganzen Tag lang im
Graben röcheln. Man darf nicht zulassen, dass die Bevölkerung das Massensterben
mitbekommt. (…) Die Todesfälle sollten nicht in ungarischen Totenregistern
aufgeführt werden. [Sie] sollten nicht von den Pfeilkreuzlerbehörden, sondern
von den Deutschen registriert werden.”