Energie zu Hause und im Büro sparen
"Der Friedensnobelpreis für den UN-Klimarat (IPCC), ist vollkommen berechtigt“, sagte die ungarische Wissenschaftlerin Diana Ürge-Vorsatz, die an der Erstellung des aktuellen Berichts des IPCC beteiligt war, bei einer Konferenz an der CEU. Er habe bewiesen, dass Untätigkeit angesichts der Bedrohung durch die globale Erwärmung keine Option mehr darstelle.
Die Auszeichnung berücksichtige mögliche gesellschaftliche Konsequenzen des Klimawandels, wie die Verschärfung des Kampfes um Ressourcen und Massenmigration als Folge der Vernichtung von Küstenregionen angesichts des stetigen anstiegs des Meeresspiegel. Gerade der aktuelle Bericht des UN-Klimarates rechtfertige die Vergabe des Preises, so Diana Ürge-Vorsatz weiter.
,,Die wichtigste Aussage des vierten Berichtes ist, dass es in Sachen Klimawandel keine wissenschaftlichen Zweifel mehr gibt. Und aller Wahrscheinlichkeit ist er auf den Menschen zurückzuführen,“ so Ürge-Vorsatz in der Budapester Central European University (CEU).
Als Chefautorin eines Kapitels zum Thema ,,Aufklärung der Öffentlichkeit über den Klimawandel“ trug auch die Forscherin zum jüngsten Bericht des IPCC bei, der zusammen mit dem ehemaligen US-Vizepräsidenten Al Gore den diesjährigen Friedensnobelpreis erhielt.
,,Regierungen nennen vor allem zwei Gründe für die Untätigkeit: Einer ist, dass die Wissenschaft noch unsicher sei. Der andere, dass die Wähler keine den Lebensstandard beschränkenden Maßnahmen akzeptieren würden,“ erklärte Ürge-Vorsatz bei der Konferenz.
Ökonomischer Nutzen
Die Klimaforscherin meint, die Industrienationen könnten durch den ökonomischen Nutzen am Aufhalten des Klimawandels von der Bedeutung des Themas überzeugt werden. ,,Energie-Effizienz erhöht die Energie-Sicherheit. Erneuerbare Energie ist arbeitsintensiv, sie wird also neue Jobs und soziale Wohlfahrt mit sich bringen,“ bekräftigte sie.
Die Vereinigten Staaten, die etwa ein Viertel der weltweiten Treibhausgase produzieren, sind die wohl wichtigste Nation, die das Kyoto-Protokoll zur Eindämmung der Emissionen nicht unterschrieben hat. Ürge-Vorsatz glaubt trotzdem, dass die wirtschaftlichen Argumente einen Einfluss auf Washington ausüben könnten.
,,Diese Botschaft hat die Rhetorik des Weißen Hauses verändert,“ sagte sie, ,,Sogar [Präsident George W.] Bush gab zu, dass Möglichkeiten bestünden.“
Die Wissenschaftlerin, die auch Professorin an der Fakultät für Umweltwissenschaften und Politik ist, sagte, es sei nicht mehr genug, den Menschen Vorträge über den Klimawandel zu halten. Sie forderte eine andere Herangehensweise und bemängelte, dass auch die Ungarn nur dann beim Thema Energiehaushalten aufhorchen, wenn von ,,geringeren Stromrechnungen“ gesprochen wird.
Auch die Entwicklungsländer müssten zu entsprechenden Maßnahmen bewegt werden. ,,Der Klimawandel ist für jede Region aus anderen Gründen bedeutsam. Entwicklungsländer bewegt man nicht, indem man über Klimawandel redet, sondern über soziale Wohlfahrt, den verbesserten Zugang zu Energie und verringerte Mortalität.“
Klinische Depression
Ürge-Vorsatz ist überzeugt davon, das Sparen von Energie zu Hause oder im Büro sei einer der einfachsten und gleichzeitig effektivsten Wege, Emissionen zu verringern: ,,Der Bericht zeigt, Energieeffizienz ist der Königsweg – wir können die CO2-Emissionen um 30% reduzieren.“
Die Klimaforscherin warnte jedoch auch davor, dass sich die globale Erwärmung selbst bei einem sofortigen Stopp der Umweltverschmutzung in den nächsten Jahrzehnten fortsetzen wird. ,,Man kann es nicht verhindern, egal was wir tun – es wird geschehen,“ sagte sie, ,,Doch wir müssen die glogale Erwärmung auf einem akzeptablen Niveau stabilisieren.“
Das ist allerdings leichter gesagt als getan. Das Emissionsvolumen müsse bis zur Mitte des Jahrhunderts auf die Hälfte des Niveaus von 1990 gesenkt werden. Nach derzeitigem Stand werde sich das Niveau allerdings um ein Vielfaches erhöhen, fügte sie hinzu.
Am meisten bedroht ist die Erde durch ,,unkontrollierbare Prozesse“, die nicht rückgängig gemacht werden können. Eine der größten Sorgen ist das Abschmelzen der Eisberge der Antarktis und Grönlands. Dies führe zu einer starken Erhöhung des Meeresspiegels, was viele Küstenregionen unter Wasser setzen kann. Ein Großteil der nördlichen Hemisphäre ist sogar durch eine neue Eiszeit bedroht, falls der atlantische Strom unterbrochen wird.
Dafür muss die Temperatur nur unwesentlich steigen: ,,Alles über zwei bis 2,5 Grad birgt das große Risiko von unkontrollierbaren Prozessen“, meint Diana Ürge-Vorsatz.
Ürge-Vorsatz sagte, die düsteren Prognosen der Klimaforschung führten zu einem allgemeinen Zustand klinischer Depression – dies jedoch, so fügte sie hinzu, sei keine Entschuldigung, nichts zu tun.