Schlammschlacht im Promowald
Alkohol, Schlamm und Musik vom Feinsten – zum 15. Mal wird ab diesem Mittwoch die Óbudaer Werftinsel beim alljährlichen Sziget-Festival mit dröhnender Musik zum Vibrieren gebracht.
Etwas wirklich Neues kann das Sziget-Festival nicht mehr bieten – und trotzdem geht man Jahr für Jahr hin, tobt bei Konzerten, trinkt Bier, Wein und Cocktails aus Plastikbechern und versucht, Toi-Toi-Toiletten ebenso zu meiden wie die verdächtigen Pfützen im Wald. Warum die Organisatoren jedes Jahr von neuen Besucherrekorden sprechen können, ist in einem Satz sicher schwer zu begründen.
Programm als Zugpferd
Manche werden von dem Programm angezogen, das ohne Zweifel auch dieses Jahr niveauvoll gestaltet wurde. Ob ganz jung oder doch schon aus der etwas älteren Generation – jeder kommt schon auf seine Kosten, wenn er nur das Angebot der Hauptbühne durchliest: Am Tag Null eröffnen die ungarischen Altrocker LGT, die inzwischen weltweit beliebte ungarische Festivalwoche. Am Mittwoch, dem eigentlichen ersten Tag, sind Mando Diao und Manu Chao auf der Hauptbühne zu sehen. Am Tag Zwei rocken The Good, The Bad and The Queen und The Chemical Brothers die Bühne. Am Freitag geht es etwas kommerzieller zu, dann gibt sich Pink wieder in Budapest die Ehre. Danach kommen Liebhaber des britischen Ska bei Madness auf ihre Kosten.
Am Wochenende geht es dann etwas härter weiter mit The Hives und den Nine Inch Nails. Am Sonntag kommen Babylon Circus aus Frankreich, Sinéad O’Connor und Faithless auf die Große Bühne. Die letzten beiden Tage des Festivals werden wieder im Zeichen der härteren Töne vergehen: Am Montag treten beispielsweise die Rockband Tankcsapda, Tool aber auch Sportfreunde Stiller auf. Am Dienstag schließt das Sziget-Festival mit der Band der US-Schauspielerin und Sängerin Juliette Lewis, Juliette and the Licks, mit dem früheren Soundgarden-Frontmann Chris Cornell und The Killers.
Wer sich statt auf große Namen eher auf Geheimtipps freut, der sollte sich im Programm der zahlreichen kleinen Bühnen umschauen. Auf der iwiw-Weltmusikbühne treten Bands wie Leningrad, Sergent Garcia, Mau Mau und Ska Cubano auf. Auch das Programm der Wan2-Bühne gestaltet sich ziemlich international: Angemeldet haben sich die britischen UNKLE, die US-amerikanischen Devotchka und Roia aus Österreich. Wer sich ein vollständiges Bild von den Konzerten machen möchte, kann auf der Website www.sziget.hu herumstöbern, auch auf Deutsch, Englisch, Italienisch und sogar Rumänisch.
Alkoholdunst und Kommerz
Ob bei dem einwöchigen Festival wirklich die Konzerte das Wichtigste sind, sei aber dahingestellt. ,,Das Programm reizt mich dieses Jahr ehrlich gesagt gar nicht. Es sind eher die gute Tradition und die vielen Leute, die mich anziehen“, gesteht Erzsébet Fillér. Vor allem wegen der Hippie-Stimmung, des Schlammbadens im Alkoholdunst will die 29-Jährige sich das Sziget auch dieses Jahr nicht entgehen lassen. ,,Aber diesmal gehe ich wohl nur noch für einen Tag auf die Insel“, sagte sie der Budapester Zeitung.
Es gibt auch Besucher, die aus Nostalgie zum Festival gehen. ,,Zum ersten Mal war ich vor 13 Jahren auf der damaligen Studenteninsel – mit noch mehr Schlamm, Alkohol, dreckigen Toiletten, kurz: in memoriam Woodstock. Als ich dann nach einer langen Pause vor drei Jahren das erste Mal wieder zum Festival gegangen bin, habe ich nur gestaunt, wie sich beispielsweise die Infrastruktur verändert hat. Das Festival ist viel kommerzieller geworden, steckt voller Promotion und trotzdem geht man noch hin“, sagt die 30-jährige Kindergärtnerin Eszter Kárpát.
Tatsächlich sind inzwischen fast alle Bühnen nach den jeweiligen Sponsoren benannt und auf den Straßen wird man von Promo-Mädchen für Zigarettenmarken und Banken angesprochen. ,,Wir bekommen diesbezüglich eher positives Feedback. Die Sponsoren geben den einzelnen Bühnen ja nicht nur ihre Namen, sie haben auch eigene Ideen und setzen sie um. Die Besucher lieben beispielsweise das Pöttyös-Zelt und auch die neue Inline-Skate-Diskothek der K&H-Bank wird sicher gut ankommen“, glaubt Lajos Durgó, Marketingdirektor der Sziget Kft.