Restaurant Papageno im fünften Bezirk

Unbekannte Köstlichkeiten

Dienstag, kurz nach 19 Uhr. Das Papageno ist menschenleer. Normalerweise ist das ein schlechtes Zeichen für ein Restaurant – jedenfalls in einer belebten Fußgängerzone. Das Papageno dagegen versteckt sich klein und unscheinbar in der Semmelweis utca. Kennt es vielleicht nur niemand? Denn das Essen kann sicherlich nicht der Grund sein.

Das Restaurant ist kaum größer als ein Wohnzimmer. Hier haben schätzungsweise 25 Menschen Platz, vielleicht auch ein paar mehr, wenn man nur eng genug zusammen rückt. Auf der einen Seite kahle, graue Wände, auf der anderen gemusterte Tapete – das Design ist weder schäbig noch schick, es ist schlicht cool. Und ungewöhnlich. Es hebt sich deutlich ab von anderen Restaurants. Die Lampen an der Decke tauchen das Interieur in zartviolettes Licht.

In dieser farblichen Umgebung versucht Zsolt Szondi, das Papageno endlich zum Erfolg zu führen. Sein Vorgänger hatte weniger Glück. Vor über einem Jahr musste das Restaurant, das als Geheimtipp galt, schließen. Szondi, der dort hin und wieder Gast war, kaufte den Laden und eröffnete ihn Anfang dieses Jahres wieder. Unter dem gleichen Namen, mit der gleichen Adresse und einem ähnlichen Konzept, aber doch in seinem eigenen Stil. Die Inneneinrichtung hat er gestaltet, und auch das wechselnde Menü war seine Idee. Immer freitags kommen komplett neue Gerichte auf die Speisekarte, dafür ist die Auswahl auf ungefähr 15 Gerichte beschränkt. Das macht dem Gast die Entscheidung leichter.

Die Preise sind gehoben, aber nicht übertrieben. Eine kalte Fruchtsuppe gibt es zum Beispiel für 900 Ft. Dafür bekommt man eine große Schale mit einer pinkfarbenen, cremigen Flüssigkeit, in der Johannisbeeren, Himbeeren und Trauben schwimmen – frisch, versteht sich. Für ein Hauptgericht zahlt man schon mehr: 3.300 Ft für ein Schälchen Trüffel-Ravioli. Die Portion ist nicht üppig. Im Papageno soll man auch nach einem Drei-Gänge-Menü nicht platzen, hier dominiert leichte und gesunde Kost. Die Ravioli werden mit frischem Basilikum, Tomaten und Parmesan-Scheibchen angerichtet. Hier kann man jeden Bissen genießen.

Schatzsuche in der Vogelmilch

Zum Dessert kommt für 900 Ft eine typisch ungarische Süßigkeit auf den Tisch – obwohl das Papageno eigentlich internationale Küche anbietet, die man keiner Nation eindeutig zuzuordnen vermag. Madártej (Vogelmilch) ist eine Art Pudding, nur flüssig, mit einer Haube aus steif geschlagenem Eiweiß und Schokoraspeln. Sie wird in einem Cocktailglas serviert, schmeckt ein bisschen nach alkoholfreiem Eierlikör und ist wegen ihrer Konsistenz ziemlich schwierig zu essen – der Versuch lohnt sich aber, wie vermutlich bei allen Gerichten in diesem Lokal. Unten im Glas schwimmt ein Stück Pfirsich. Man fühlt sich wie ein Schatzsucher, wenn man bis dorthin vorgestoßen ist.

Was ist nun das Ungewöhnliche am Papageno? Vielleicht ist es die Optik. Vielleicht ist es die wechselnde Karte mit den fantasievollen Gerichten. Vielleicht ist es die Tatsache, dass alle Gerichte ganz offensichtlich frisch, aber trotzdem schnell zubereitet werden – auch etwas, das das Papageno auszeichnet. 20.30 Uhr, noch immer ist das Restaurant fast leer. Das ist vielleicht das Ungewöhnlichste: Dass niemand kommt. Obwohl es hier absolut köstlich ist. Vermutlich ist es das, was man unter ,,Geheimtipp“ versteht.

Papageno

V. Semmelweis utca 19

Tel.: 485 0161

Ge0ffnet: Montag bis Samstag 18.30 bis 24 Uhr