Keine Postkarten
Schöne und schmuddelige Fotos von Budapest hat jeder schon gesehen, aber die Bilder von Imre Drégely sind anders. Seit Anfang Juli zeigt er in der Nessim Galéria, dass es auch anders geht.
Egal, ob Besucher oder Bewohner in Budapest – jedem sind wohl schon zahlreiche Fotografien begegnet, auf denen der notorische Blick auf das majestätische Parlament am Donauufer verewigt ist oder auf die Brücken im Widerschein der Lichtes, das sich sanft im Wasser des Flusses spiegelt. Dieser werbewirksame Eindruck der Stadt wird gelegentlich unterbrochen durch Schwarz-Weiß-Bilder einer leicht muffigen Straßenecke, an der gerade eine Frau vorbeigeht, deren Gesicht fast in ihrem dunklen Kragen verschwindet.
Schönheit und Rätselhaftigkeit verbinden sich in diesen Fotosammlungen, die Postkarten gleich wenig überzeugend wirken. Der persönliche Charme der Stadt geht verloren und manch einer ist versucht, Budapest mit Prag zu verwechseln. Die Einzigartigkeit der ungarischen Hauptstadt zeigt sich aber meist in den unscheinbaren Ecken, die lediglich Ortsansässige und Langzeitbewohner kennen. Ebenso wie diese Orte mit ihrem Charakter und ihrer subtilen Qualität übersieht man auch leicht die Nessim Galéria, die in einer Seitenstraße des Károly körút liegt.
Persönliche Sammlung
Hier werden in privater Atmosphäre Werke von ungarischen Fotografen ausgestellt, die der Galeriebesitzer einzeln ausgewählt hat und die damit eine einzigartige und sehr persönliche Sammlung bilden. Seit Anfang Juli steht Imre Drégely, der seit 1984 als freier Fotograf und Künstler arbeitet, im Mittelpunkt der Galerie. Gezeigt werden Bilder, die von 2003 bis heute entstanden sind. ,,Imre Drégely ist ein besonders intellektueller Künstler“, meint der Galeriebesitzer Mihály Surányi.
Er beschreibt die Fotos Drégelys als Beziehung zwischen den großen Strukturen des Lebens und dem Spiel eines Kindes: ,,Es gibt die großen Lebensregeln und unter ihnen gibt es Muster, in die wir als Menschen hineinpassen. Aber zwischen diesen Mustern ist Platz für Scherze. Dort liegt die Kreativität. Und wenn wir uns die Werke von Drégely näher ansehen, finden wir zwischen den Rissen wiederum Muster. Das geht wie eine Spirale in die Unendlichkeit.“
Drégely kombiniert eine Neigung zu wissenschaftlichen Strukturen mit einer Vorliebe für Spiele, sei es bei den Themen seiner Fotografien oder beim Experimentieren im Prozess ihrer Entstehung. Surányi hat sich bemüht, die Entwicklung der Arbeit des Fotografen in den vergangenen vier Jahren visuell zu verfolgen. Ältere Bilder scheinen eher auf individuelle Objekte wie Spielzeuge zu fokussieren, seine jüngeren Aufnahmen fügen diese Objekte in einen strukturellen Kontext ein, der das Leben so interpretiert, wie der Künstler es versteht.
Die obere Etage der Galerie ist für Ausstellungen reserviert, die alle sieben Wochen wechseln, während im Erdgeschoss Platz ist für die Werke der ungarischen Lieblingsfotografen von Galeriebesitzer Mihály Surányi. Hier hängen in einer schummrigen Atmosphäre Fotos und Installationen von Künstlern wie Zsolt Barta, Zsuzsanna Kemeresi, Gábor Kerekes und Péter Herendi. Letzterer ist unter anderem mit einer beeindruckenden Pyramideninstallation vertreten: ein Blick hinter die Fenster der Stadt Budapest.
Nessim Galéria
Imre Drégely: ,,Einzahl – Mehrzahl:
Die Welt der Elemente“
Geöffnet: bis 31. August
Montag bis Freitag 14 bis 18.30 Uhr
Der Eintritt ist frei.
VI. Paulay Ede utca 10
Tel.: 0630 / 593 60 91
www.nessim.hu