Deutsche europafreundlich, Ungarn skeptisch
Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft ist zu Ende. Deutschland gab dieses Amt nach sechs Monaten zum 1. Juli an Portugal weiter. Zeit, eine Bilanz zu ziehen.
Die Erfolge der Deutschen seien beachtlich, erklärte der deutsche Botschafter Hans Peter Schiff am vergangenen Mittwoch auf einer Pressekonferenz. Da seien nicht nur die Fortschritte bei einer gemeinsamen Energie- und Klimapolitik und der am Wochenende zuvor gefasste Vertragskompromiss zu nennen. Auch kleinere Schritte wie niedrigere Roaming-Gebühren und ein Luftverkehrsabkommen mit den USA hätten die EU voran gebracht. Enttäuscht zeigte sich der Botschafter allerdings darüber, dass aus dem ursprünglich als Verfassung geplanten Dokument nun ein bloßer Vertrag geworden sei. ,,Aber wir müssen der Realität ins Auge sehen“, sagte er. ,,Und wir müssen akzeptieren, dass die Bezeichnung Verfassung für die Briten befremdlich ist.“
EUphorie schwindet
Interessant ist immer wieder die Wahrnehmung Europas in der Bevölkerung, die sich von Land zu Land stark unterscheidet – so auch in Deutschland und Ungarn. Während die Deutschen zwar die europäische Bürokratie kritisierten und gegen eine fortschreitende Erweiterung seien – die Aufnahme der Türkei befürworten nur 8% der Deutschen –, seien sie doch grundsätzlich europafreundlich eingestellt, erklärte Thomas Petersen vom Institut Allensbach. In Ungarn wiederum haben zwei Drittel der Bevölkerung nichts gegen eine Erweiterung der EU einzuwenden, die allgemeine EU-Skepsis wachse dagegen. ,,Das ist typisch für ein neues Mitgliedsland“, so Petersen. ,,Nach zwei bis drei Jahren der Euphorie stellt sich langsam Normalität ein.“ Als Folge werde die EU auch weniger positiv wahrgenommen.
Medien berichten meist negativ
Der deutsche EU-Optimismus ist laut Petersen beachtlich, da die EU in den deutschen Medien kaum präsent sei. Nur 5% aller Berichte behandeln die EU, fand das Forschungsinstitut Medientenor heraus. ,,Das ist immer noch mehr als beispielsweise in Großbritannien, wo die EU gar kein Thema ist“, so Petersen. ,,Doch auch in Deutschland wird fast ausschließlich negativ berichtet.“ Nur auf Angela Merkel als EU-Präsidentin treffe das nicht zu: Die Berichte der deutschen Medien über sie seien geradezu euphorisch. Während der deutschen Ratspräsidentschaft sei auch europaweit der EU-Optimismus gestiegen, stellte Gergely Hideg vom ungarischen Meinungsforschungsinstitut Gallup fest.